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Ein Ort zum sterben

Ein Ort zum sterben

Titel: Ein Ort zum sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carol O'Connell
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dagegen kann ich überhaupt nichts machen.«
    »Und was ist, wenn ich mir auch ’ne Kanone zulege?«
    »Moment! Habe ich das richtig verstanden? Falls Henrietta mal versehentlich abdrückt, wollen Sie ihre Kugel abschießen, wenn sie durch die Dielenbretter kommt, ja?«
    »Ich mach’s. Ich kauf mir ’nen Ballermann.«
    Mallory tippte ihm auf die Schulter. Als er zusammenzuckte, stemmte sie lächelnd eine Hand in die Hüfte, so daß der Blazer aufschlug und das Holster mit dem Revolver zum Vorschein kam. Herbert kriegte kugelrunde Augen.
    »Das würde ich Ihnen nicht empfehlen, Freundchen«, sagte sie mit seidenweicher Stimme und ging Schritt für Schritt auf den zurückweichenden Herbert zu. »Wenn ich Sie mit einer Kanone sehe, wenn ich auch nur läuten höre, daß Sie eine Kanone haben, komme ich nachsehen, ob es mit dem Waffenschein seine Richtigkeit hat. Alles klar?« Sie legte ihm einen langen roten Fingernagel auf die Brust.
    Herbert erbleichte und machte auf dem Absatz kehrt. Voller Hochachtung registrierte Charles, daß er von selbst wieder ging, und zwar so rasch, daß er sich nicht mal die Zeit nahm, die Tür hinter sich zu schließen.
    Charles sah sich erleichtert in der leeren Diele um.
    »Ein bewaffneter Herbert wäre ein Albtraum für mich!«
    »Den Waffenschein kriegt er nie, wenn er im Computer einen Vermerk als psychisch instabil hat.«
    »Du willst doch nicht sagen –«
    »Durch eine kodierte Hintertür habe ich jederzeit Zugang zu den Rechnern der Polizei.«
    »Es wäre mir lieber, wenn du mir solche Sachen nicht erzählen würdest, Kathleen.«
    »Du redest wie Markowitz.« Sie ging zu dem an die hundert Jahre alten Schreibtisch hinüber, fuhr mit der Hand über die blankpolierte Platte und rückte sich wie zum Probesitzen auf dem Schreibtischsessel zurecht.
    »Die Mieterunterlagen hab ich nebenan gestapelt und den ganzen wissenschaftlichen Kram auch. Es sind Berge, Charles. Wenn ich es mit einem Scanner auf Disketten rüberbringe, bleiben nur noch ein paar Zentimeter.«
    Damit waren sie also wieder beim Thema. »Ich arbeite aber lieber mit einem Stück Papier, da habe ich ein besseres Gefühl für die Realitäten.«
    »Das kannst du nicht mehr, Charles. Eines Tages finde ich dich noch lebendig begraben unter einer Papierlawine.«
    »Einmal im Monat kommt mein Steuerberater und nimmt mir eine große Plastiktüte von dem Zeugs ab.«
    Mallory verzog keine Miene. »Im nächsten Monat schickst du ihm eine Diskette über Modem, da spart er sich eine Fahrt und einen Leistenbruch.«
    »Das ist ja gerade mein Einwand gegen Computer, Kathleen: Irgendwann wird es keine zwischenmenschlichen Beziehungen mehr geben, dann gehen unsere Sozialkontakte nur noch über elektronische Netze.«
    Natürlich wußte er, daß sie im Grunde recht hatte. Er konnte nicht wie Louis Markowitz eine Ordnung schaffen, die auf Außenstehende wie Chaos wirkte. Je mehr Details und Daten sich auf Louis’ Schreibtisch gehäuft hatten, desto besser konnte er denken. Charles’ Unordnung war Konfusion in Reinkultur. Er sah sich in dem makellos aufgeräumten Büro um und überlegte, wann die Papierfluten ihn wieder überrollen würden.
    Sie merkte, daß er die weiße Fahne schon gehißt hatte, und schenkte ihm ein strahlendes Lächeln. »Du brauchst mich. Morgen fange ich an. Ich nehme eins der Hinterzimmer.«
    »Zum Arbeiten? Wie kämst du dazu, für mich zu arbeiten?«
    »Mit dir. Als Teilhaberin.« Sie stand auf und legte einen Scheck auf den kleinen Beistelltisch aus Kirschbaumholz.
    Auf dem Scheck stand der Name einer großen Versicherungsgesellschaft. Die Abwicklung von Lebensversicherungen dauerte normalerweise zwei Monate und nicht zwei Wochen. Sie hatte den Vorgang offenbar beschleunigt. Mit ihren Hackertalenten? Oder mit der Waffe in der Hand?
    »Damit kann man eine Menge Computerelektronik kaufen«, sagte sie. »Abgemacht?«
    Man konnte sich Kathleen Mallory schwer auch nur vorübergehend im Team vorstellen – von einer Teilhaberschaft ganz zu schweigen. Es war ihr schwer beizubringen gewesen, daß die Polizei außer ihr noch ein paar andere Mitarbeiter beschäftigte.
    Sie ist ihren Weg immer allein gegangen, stand in dem Brief von Louis, den Charles an dem Tag geöffnet hatte, als Markowitz tot aufgefunden worden war. Sie hat nie mit Kollegen in Kneipen herumgesessen, hat nie erfahren, wie es ist, ausgebrannt und ganz am Ende zu sein. Sie hält sich lieber an ihre Maschinen.
    Louis Markowitz’ Brief hatte ihn geehrt,

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