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Ein Ort zum sterben

Ein Ort zum sterben

Titel: Ein Ort zum sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carol O'Connell
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machte ihr der Anblick Angst. Ein unbedachter Stoß, und sie war für den Rest ihres Lebens zu einem Dasein im Streckverband oder im Rollstuhl verurteilt. Das Gehen fiel ihr – auch mit Spazierstock – ohnehin immer schwerer.
    Die Zeit verging, und allmählich verloren sich diese Gedanken. Als der Apparat in der Telefonzelle läutete, war sie bereit.
    Sie führte ihr Gespräch zunächst im Flüsterton, obgleich es unwahrscheinlich war, daß sich in der vorüberhastenden Menge jemand Zeit zum Lauschen nehmen würde. Ein Bus fuhr vorbei, ihm folgte mit jaulender Sirene ein Einsatzfahrzeug der Polizei, und in dem Lärm gingen ihre Worte unter. Zuletzt mußte sie schreien, um sich inmitten all dieser Menschen verständlich zu machen, die durch sie hindurch und über sie hinwegsahen und sie wohl auch als Frau mit zwei Köpfen nicht zur Kenntnis genommen hätten.
    Sie verließ die Telefonzelle und setzte ihren Weg in schnellerem Tempo fort. Das kleine Ränkespiel hatte sie verjüngt, auch wenn die spiegelnde Scheibe der Bank unverändert das Bild einer hinkenden alten Frau mit krummem Rücken und weißem Haar zurückwarf.
     
    Mallory traf kurz nach Gaynor vor dem Theater ein. Auf der obersten Stufe blieb sie stehen, studierte das Programm hinter der Glasscheibe, das sie inzwischen auswendig kannte, und ließ ihm drei Minuten Vorsprung.
    Sie kannte die Räumlichkeiten noch aus ihrer Studienzeit. Aus einem anderen Leben. Wenn sie jetzt daran zurückdachte, war ihr, als habe eine fremde Frau inmitten all der Menschen gesessen, die von anderer Art waren als sie und in einer anderen Sprache miteinander redeten. Menschen mit plappernden Mäulern und dem Unschuldsblick von Opfern.
    Als Mallory das winzige Foyer betrat, verschwand Gaynor gerade durch die kleine Tür, die in den Zuschauerraum führte.
    Vor dieser Tür hatte sich eine junge Frau mit langem, rotem Krisselhaar aufgebaut.
    »Da kannst du nicht rein«, sagte sie aggressiv.
    Sie war nicht älter als zwanzig, unübersehbar kleiner und leichter als Mallory und unbewaffnet. Mallory ging an ihr vorbei.
    »Noch ein Schritt, und ich rufe die Campuspolizei.«
    Mallory blieb stehen und sah die junge Frau mit der Pudelmähne so befremdet an, daß die schnell wegsah. »Komm, komm! Wir wissen doch beide, daß die Campuspolizei frühestens nach vierzig Minuten hier sein kann. Wenn man Glück hat.«
    Von der Seite kam belustigtes Prusten. An der Kasse lehnte ein junger Mann mit Babyface in Denimhemd und Jeans. Er zündete sich eine Zigarette an und ließ sie zwischen den Lippen wippen, während er grüßend an seinen alten breitrandigen Filzhut tippte und ihn dann mit verwegenem Ruck nach unten zog. Mallory, die Gefallen an Hut und Träger gefunden hatte, nickte ihm kurz zu.
    »Wir haben Generalprobe«, sagte die Pudeldame böse. »Zutritt nur fürs Ensemble!« Dann schnüffelte sie, fuhr herum und wütete den Jungen an. »Und du machst schleunigst die Zigarette aus. Rauchen ist hier verboten.«
    »Aber ich mache doch so gern Sachen, die verboten sind, Fiffi.« Der Junge lächelte ein unwiderstehliches Kinderlächeln.
    »Du machst die Fluppe aus! Augenblicklich!«
    Der Junge drückte sorgfältig die Zigarette an einer abgetretenen Schuhsohle aus, behielt sie aber in der Hand. Kein Wohlstandsjüngling, stellte Mallory fest, sondern einer, der aufgrund seiner Leistungen zu einem Stipendium und ins College gekommen war.
    Mallory wandte sich an Fiffi, die Pudeldame. »Ich bin zum Platzanweisen eingeteilt.«
    »Konntest du doch auch gleich sagen! Hier, fang schon mal an, die Programme zu falten.« Sie drückte Mallory einen Karton in die Hand und stakste davon.
    »Wie kann man bloß Fiffi heißen«, sagte Mallory zu dem Jungen mit dem Babyface.
    »So nennen wir sie nur, um sie zu ärgern, das ist ein beliebter Sport hier. Du hast das aber auch nicht schlecht hingekriegt.« Er zündete sich die Zigarette wieder an.
    »Seit wann kommt man als Platzanweiserin zur Generalprobe?«
    »Stark ausgeprägtes Pflichtbewußtsein.«
    »Eher eine masochistische Veranlagung. Freiwillig würde ich mir das Stück bestimmt nicht antun.« Er setzte sich auf die Holzbank und deutete einladend auf den Platz neben sich. »Liegt das nur an mir, oder findest du es auch so bescheuert, Hörspieltexte auf die Bühne zu bringen?«
    »Bei den Shadow-Drehbüchern klappt es jedenfalls nicht, der Shadow wird nur im Radio so richtig lebendig.« Sie setzte sich, nahm den Karton auf den Schoß und sah auf die Uhr. »Mir

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