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Ein Ort zum sterben

Ein Ort zum sterben

Titel: Ein Ort zum sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carol O'Connell
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bewußten Tag im Park waren, und die Berichte haben nichts Auffälliges ergeben.«
    »Mein Onkel Max konnte einen ganzen Saal voller Zuschauer mit einer Handbewegung ablenken. Der entscheidende Trick des Zauberkünstlers ist die Irreführung, das heißt die Kunst, den Blick des Zuschauers in eine andere Richtung zu lenken, während du deine Schau abziehst. In unserem Fall könnte es eine Kleinigkeit gewesen sein, etwas ganz Alltägliches, ein Geräusch, ein Streit …«
    »Gut, ich überprüfe das mal. Was noch?«
    »War der Mord im Park geplant? Ist es nicht denkbar, daß er sich zufällig, aus einer günstigen Situation heraus, ergab?«
    »Nein, dazu ist der Täter zu gezielt vorgegangen. Die Tatwaffe war ein gewöhnliches Küchenmesser, das speziell für die Tat in den Park mitgenommen wurde. Was hältst du von Henry Cathery? Ist ihm so was zuzutrauen?«
    Jetzt goß auch Charles gedankenlos seinen Sherry hinunter.
    »Er ist zweifellos ein genialer Kopf. Aber ich glaube nicht, daß er, um an Geld zu kommen, auch nur einen Finger krumm machen würde.«
    »Ich auch nicht. Wenn er nun aber Grund gehabt hätte, seine Großmutter zu hassen?«
    »Zu hassen? Und warum?«
    Sie reichte ihm einen Aktendeckel, der unter anderem die Empfehlung eines Psychiaters zur kurzfristigen Einweisung von Henry Cathery in eine Heilanstalt enthielt. Der Junge war damals zwölf gewesen.
    Charles las, weil Mallory dabei war, die Unterlagen in normaler Geschwindigkeit, obwohl er es ohne weiteres in einem Bruchteil der Zeit geschafft hätte. Er bemühte sich immer, so zu tun, als sei er ein ganz gewöhnlicher Durchschnittsbürger. Henry Catherys Fehler war es gewesen, daß er sich darum nicht genug bemüht hatte oder daß es ihm nicht wichtig genug gewesen war.
    Der Name des Psychiaters kam ihm bekannt vor. Er projizierte den entsprechenden Artikel aus einer psychiatrischen Fachzeitschrift, in dem es um hochbegabte Kinder ging, auf die Wand vor sich.
    Der kritische Artikel, den er jetzt vor Augen hatte, warf Dr. Glencome unzulässige Vereinfachungen vor. Er hatte mehrere Bücher über die Sozialisationsphasen von Kindern geschrieben, ohne auch nur ein Wort darüber zu verlieren, daß jedes Kind ein Sonderfall, ein Individuum ist. Offenbar hatte er den ebenso hochbegabten wie zurückhaltenden Henry Cathery als sozial unangepaßt diagnostiziert und in eine Klinik eingewiesen.
    Die Zeit des Gewahrsams in der Privatklinik war Monat für Monat genau dokumentiert. Henry hatte sich immer mehr in sich selbst zurückgezogen, bis sein Geist nahezu gebrochen, seine Gesundheit gefährdet war. Bei ständiger Zwangsernährung war er immer hinfälliger geworden, und schließlich hatte Glencome nur die Wahl gehabt, Henry die Freiheit zurückzugeben oder ihn langsam, aber sicher sterben zu lassen und damit seinen Ruf als Fachmann für Kinderseelen zu ruinieren. Nach der Haft hatte das Schachwunderkind an keinem Turnier mehr teilgenommen.
    Charles schloß die Akte. Mallorys Raubzüge wurden immer dreister. Dieses Eindringen in ein Kinderleben ging entschieden zu weit. Aber vergessen konnte er das Gelesene auch nicht. Demnach hatte Anne Cathery den kleinen Henry nach dem Tod seiner Mutter »geerbt«. Das sensible, hochbegabte Kind hatte erst Trauerarbeit leisten und sich dann mit einer Großmutter auseinandersetzen müssen, die eigene Vorstellungen von Normalität hatte und sich von einem Esel mit Doktortitel beeinflussen ließ.
    »Das ist keine stichhaltige Diagnose. Sie besagt nicht, daß Henry Cathery seelisch gestört war, daß er sich oder andere gefährden würde.«
    »Ich weiß«, sagte Mallory. »Aber die Großmutter und der Seelenheini haben ihn trotzdem fertiggemacht. Mal angenommen, er hegt und pflegt seinen Groll über all die Jahre, bis er sich eines Tages zum Mord an seiner Großmutter hinreißen läßt? Mal angenommen, er findet nach dieser Tat Geschmack am Töten und kann nicht mehr aufhören?«
    Wie hatte wohl der kleine Cathery die Zeit erlebt, in der man ihm sein Schachbrett genommen und ihn wie einen Gefangenen gehalten hatte, gewaltsam umgemodelt, in seiner Entwicklung beschnitten wie ein Bonsaibäumchen? »Ich denke, dir sind Geldmotive lieber als pathologische Täter«, sagte er.
    »Ich versuche, für alles offen zu bleiben. Hier, sieh dir das an.«
    Er nahm ihr die Zettel aus der Hand. Belege der Telefongesellschaft über Gespräche zwischen Anne Cathery und der Privatklinik, der Henry neun Jahre zuvor entkommen war.
    »Vielleicht wollte

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