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Ein Ort zum sterben

Ein Ort zum sterben

Titel: Ein Ort zum sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carol O'Connell
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der Mann von der Spurensicherung fest, wie viel Blut sich am Tatort befindet. Mit dem ersten Stich wurde jeweils eine Hauptschlagader getroffen, die Opfer bluteten stark. Bei keiner der Leichen wurden Spuren gefunden, die nicht vom Tatort stammten. Damit ist Gaynor aus dem Schneider.«
    »Nicht für mich«, sagte Mallory. »Weder er noch die anderen.«
    Coffey sah sie groß an. »Weißt du etwas, was ich nicht weiß?« Er hatte noch nicht zu Ende gesprochen, da war ihm schon klar, daß sie Katz und Maus mit ihm spielte.
    »Und du, Coffey? Ziemlich dürftig, deine Informationen.« Ihre Augen waren mörderisch, er sah schnell weg und suchte etwas, woran sein Blick sich festhalten konnte. Charles Butler lächelte fast mitfühlend.
    »Na schön, legen wir die Karten auf den Tisch«, sagte er. Doch das nützte ihm wenig, denn sie besaß zwei unschlagbare Trümpfe – ihren scharfen Verstand und ihre Schönheit, der er schon bei der ersten Begegnung rettungslos verfallen war. Nur Mallory selbst war sich ihrer Wirkung offenbar nicht bewußt. Man findet das oft bei Straßenkindern, die von klein auf in Zerrspiegel blicken.
    »Kann sein, daß wir einen neuen Ansatzpunkt haben«, sagte er, »nachdem wir jetzt wissen, daß Redwing Kontakt mit den Opfern hatte. Ihr geht es eindeutig um Geld, Mallory, das dürfte dir liegen. Inzwischen kennen wir sie unter den Decknamen Cassandra, Mai Fong und –«
    »–Mary Grayling.« Mallory betrachtete gedankenvoll ihre Fingernägel. »Im übrigen hat sie den Stützpunkt gewechselt. Euer Mann observiert seit heute Vormittag eine leere Wohnung.«
    Coffey ließ sich schwer in seinen Sessel zurückfallen und sah einen Augenblick zur Decke hoch. Wenn ich sie jetzt umbringe, dachte er, habe ich Zeugen.
    Er senkte den Blick, beging den Fehler, sie anzusehen und verlor sich sekundenlang in ihren schönen Augen. In der ersten Zeit ihrer Zusammenarbeit hatte er bei jeder Begegnung das große Flattern gekriegt. Erst nach Jahren hatte er begriffen, daß sie durch und durch aus Stein war und für einen Mann, der zu ihren Füßen zum sabbernden Schmachtbubi werden konnte, nur Verachtung übrig hatte.
    »Hast du noch so ein paar Bomben parat, Mallory?«
    »Nicht, wenn du dich an die Spielregeln hältst. Wie du mir, so ich dir.«
    »Wenn du nicht augenblicklich alles auspackst, was du weißt, krieg ich dich wegen Verdunkelung ran.«
    Mallory gähnte diskret.
    »Ich kann schon jetzt glaubhaft nachweisen, daß du massiv gegen die Vorschriften verstoßen, dich nicht an die Bedingungen deiner Beurlaubung gehalten, dich in Polizeibelange eingemischt hast …«
    »Es sind meine Belange«, sagte sie, jedes Wort einzeln betonend. Wenn sie wütend war, ließ sie keine Gemütsbewegung erkennen, nur die leicht verengten Augen signalisierten dem Opfer, daß sie es im Visier hatte. »Es war mein Vater und nicht deiner.«
    »Für diesen Fall ist allein die New Yorker Polizei zuständig. Ich kann dich suspendieren und dir Dienstausweis und Revolver abnehmen lassen.«
    »Steckt beides in meiner anderen Jacke. Pech, was?«
    »Wenn du mich in die Pfanne haust, kostet dich das den Kopf, Mallory, da lasse ich nicht mit mir spaßen«, log er.
    Gegen eine Frau aus Stein hatte ein Schmachtbubi schlechte Karten, und das wußten sie alle beide.
    »Glaubst du, Coffey hat für den ersten Mord eine neue Spur?« Mallory stand am geöffneten Schiebefenster und sah auf den Gehsteig der schmuddeligen Sohostraße hinunter, wo der Wind den Unrat vor sich herwehte, auf die zerlumpten Gestalten, die keine besseren Klamotten hatten, und die anderen, für die Lumpen ein Modegag waren. Die Müllwerker streikten mal wieder, und die zu Bergen getürmten Abfallsäcke stanken zum Himmel.
    »Möglich.« Charles schenkte ihr ein Glas Sherry ein, das sie in einem einzigen Zug leerte. Ein guter, zu schlückchenweisem Genuß bestimmter Sherry war an sie verschwendet. Er seufzte. »Wenn wir allein mit den vorhandenen Konstanten arbeiten müssen, weiß Jack Coffey genauso viel oder genauso wenig wie du. Wenn es da aber noch gewisse Variablen gibt …«
    »Wenn er mir blauen Dunst vorgemacht hat, meinst du. Wenn er was unterschlägt. Worauf du dich verlassen kannst. Dir wär’s lieber, wenn die Tatortfrage nicht so eindeutig wäre, stimmt’s?«
    »Nicht unbedingt. Es gibt andere Möglichkeiten. Wer weiß, was sich im Park getan hat … Vielleicht wurden die Leute abgelenkt.«
    »Die Leute vom Morddezernat haben alle Anwohner vernommen, die an dem

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