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Ein paar Tage Licht

Ein paar Tage Licht

Titel: Ein paar Tage Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Bottini
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Rau.«
    Moussa schüttelte den Kopf. »Der General hat um dreizehn Uhr ein Treffen mit Seiner Exzellenz, unserem Botschafter.«
    Soudani sagte etwas auf Algerisch.
    »Das Treffen mit dem Botschafter wird auf morgen verschoben«, sagte Moussa.
    Es klopfte, die Tür ging auf. Überrascht wandte Wegner sich um. Seine Sekretärin, weiß wie die Wand. Trat zur Seite, hob die Hand und deutete auf ihn.
    Entlassen, dachte er. Noch heute.
    Männer fluteten den Raum. Die einen trugen Kaufhaus-Anzüge oder billige Lederjacken, die anderen Polizeiuniformen. Einer in Zivil kam quer über den Flokati auf ihn zu, ein Schriftstück in der Hand, brummte den eigenen und Wegners Namen, während er graue Spuren auf dem zarten Weiß hinterließ.
    Eher bräunliche.
    »Nein, nicht, bitte nicht«, murmelte Wegner entsetzt.
    Die Reichstagsführung war abgesagt. Das Mittagessen jedoch würde stattfinden. Zwei Stunden bis dahin, genug Zeit.
    Wegner wusste, dass sie nichts finden würden. Es gab keine kompromittierenden Unterlagen. Zumindest nicht hier. Auch im PC war nichts gespeichert. E-Mails hatte er nie von hier geschrieben, nie über die offizielle Adresse.
    Er musste es nur aussitzen.
    Doch das war Qual genug. Die Scham ließ ihn Bäche schwitzen. Tränkte ihm das Unterhemd, an den Oberschenkeln bildeten sich erste Flecken auf der Anzughose. Vor den Augen Soudanis von einem schlecht gekleideten Staatsanwalt mit Schuppen auf den Sakkoschultern gedemütigt zu werden!
    Nicht einmal vor dem General hatte der Kerl Halt gemacht.
    Und wer sind die beiden?
    Gäste aus Algerien.
    Ah, Algérie. Passeporte et visa, s’il vous plaît.
    Mittlerweile saß Wegner mit Soudani und Moussa auf der Couch und verfolgte, wie der Staatsanwalt und seine Truppen den Flokati malträtierten.
    »Sicher kann man ihn reinigen lassen«, sagte Soudani.
    Wegner nickte.
    »Was im Wasser entstanden ist, wird Wasser nicht scheuen.«
    Er überlegte, ob in diesem merkwürdigen Satz eine geheime Botschaft versteckt war. Ein Versprechen. Wir werden diesen Staatsanwalt gefesselt aus dem Hubschrauber in die Bucht von Algier werfen. Wir werden auf Kanzlerin Merkel einwirken, dass er nach Liberia versetzt wird. Etwas in dieser Art.
    »Sie müssen die Sekretärin entlassen«, sagte Soudani.
    Wegner sah durch die geöffnete Tür ins Vorzimmer. Sie lief wie aufgezogen herum, während Polizisten ihren Schreibtisch zerlegten, ein junges Ding aus Stuttgart, das ein baden-württembergischer Unionsabgeordneter in einem respektablen Job, vor allem aber in seiner Nähe wissen wollte.
    »Ja«, wisperte Wegner.
    »Vorher kann sie sich um den Teppich kümmern.«
    »Das mache ich lieber selbst.«
    »Eine gute Entscheidung. Sie können ihr nicht mehr vertrauen. Heute Abend möchte ich Sie einladen. Ich werde kochen, algerisch. Essen Sie Hammel?«
    »Hammel«, sagte Wegner mit einem Nicken.
    »Wir essen zusammen und sprechen über die Demokratie. Ich weiß sehr viel darüber, ich werde sie Ihnen erklären. Hinterher werden Sie sich besser fühlen. Sie werden verstehen.«
    Der Staatsanwalt kam herüber. »So«, brummte er. »Ihr Mobiltelefon, bitte.«
    Welches?, dachte Wegner, bemüht, nicht in hysterisches Gelächter auszubrechen.
    Er reichte ihm das Smartphone. »Wasserdicht«, sagte er.
    »Das hoffe ich für Sie«, erwiderte der Staatsanwalt.

63
    PESSIN
    Ein dunkler Tag wie im kabylischen Winter, tief hingen schwarze Wolken über dem Land, hatten alles Licht hinausgepresst, immer wieder regnete es. Djamel stand an einer Bushaltestelle ein paar Hundert Meter außerhalb von Pessin, wartete. Er dachte an Jenny. Weich und warm, wie er es vermutet hatte. Ohne jede Angst hatte sie ihre Grenzen aufgegeben, sich ihm vollkommen ausgeliefert. Am frühen Morgen hatte er im Schein einer Kerzenflamme zugesehen, wie die Stärke in sie zurückgekehrt war.
    Lächelnd hatte sie sich angezogen. »This evening?«
    Er hatte genickt.
    »Stay, if you want.«
    Aber er war kurz nach ihr gegangen.
    Endlich läutete sein Mobiltelefon.
    »Rote Jacke mit Kapuze?«
    »Ja«, sagte er.
    Wenig später hielt ein Wagen vor ihm. Er stieg ein.
    »Ich mag dieses Wetter«, sagte Aziz. »Es ist so … spektakulär und gewaltig. Allah hat sich aus der Welt zurückgezogen. Nur in einem solchen Wetter zeigt er sich noch.«
    »Allah?«
    Aziz lächelte und fuhr an. »Wer sonst?«
    »Ich wusste nicht, dass du gläubig geworden bist.«
    Vor einer nahen Abzweigung bedeutete er Aziz, die Bundesstraße zu verlassen. Sie kamen auf eine

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