Ein Pakt mit dem Teufel: Roman (German Edition)
eigennützigen Interesse an Opium hat Lambourn auf eine Weise umgebracht, die dazu angetan ist, ihn persönlich und damit auch seine Untersuchung in Verruf zu bringen. Und als Dinah versuchte, ihn zu verteidigen, hat er auch diesen unvorstellbar abscheulichen Mord an Zenia Gadney begangen und die Schuld auf sie abgewälzt, um auch sie zum Schweigen zu bringen. Das ist ungeheuerlich! Gibt es in der Regierung wirklich jemanden, der so abgrundtief verdorben ist? Bei Gott, hoffentlich nicht!« Ihm fiel der Gerichtssaal wieder ein, die Galerie und Sinden Bawtry, der fast verdeckt vom Schatten einer Säule am Ende der Reihe gesessen hatte. Was hatte er vor? Das Arzneimittelgesetz zu retten oder es zu sabotieren?
»Wer sonst noch?«, drängte Monk. »Das Thema ist immer noch die sehr ernste Frage, ob Dinah Lambourn schuldig ist. Ich persönlich glaube das nicht, auch wenn meine Meinung gewiss nicht das Maß aller Dinge ist.«
»Ich muss noch sehr viel mehr über das Arzneimittelgesetz in Erfahrung bringen«, brummte Rathbone, angestrengt darum bemüht, seine Gedanken zu ordnen. »Und auch über die zu erwartenden Folgen, wenn es verabschiedet wird. Wer wird dabei verlieren? Würde ein vernünftiger Mann, und sei er noch so habgierig, solche Taten begehen, nur um ein Gesetz zu verzögern, das in ein, zwei Jahren so oder so kommen wird?«
»Nein«, räumte Monk mit einem langsamen Kopfschütteln ein. »Dahinter muss mehr als nur das Arzneimittelgesetz stecken. Und Sie können es sich nicht leisen, Zeit zu verlieren.«
Rathbone stand auf. »Ich kann es mir nicht leisten, sie mir nicht zu nehmen. Vielleicht steht etwas anderes im Vordergrund als das Arzneimittelgesetz oder womöglich die Opiumkriege, aber der Zusammenhang mit beidem lässt sich nicht leugnen. Wieso hätte man sonst Lambourn und seine Untersuchung vernichten wollen? Kommen Sie mit.« Das klang wie ein Befehl und war auch so gemeint.
Gehorsam stand Monk auf. »Wohin gehen wir?«
»Zum Premierminister. Zumindest hoffe ich, dass er uns empfängt.« Auf dem Weg zur Tür und weiter durch die Vorhalle schmiedete Rathbone bereits Pläne, wen er alles ansprechen würde. Einen Mann hatte er dabei besonders im Auge, dem er früher einmal einen beträchtlichen Gefallen erwiesen hatte. Dieser konnte ihm sogar an einem Samstagvormittag Zugang zur Downing Street Nummer 10 und zu Gladstones geneigtem Ohr vermitteln, sofern der Premierminister die Angelegenheit für wichtig genug hielt.
In ehrfürchtigem Schweigen folgte Monk seinem Freund.
Es war mitten am Nachmittag, als sämtliche erwiesenen Gefälligkeiten zurückerstattet worden waren und William Ewart Gladstone in seinem Tagesprogramm Platz fand, um Rathbone und Monk zu empfangen. Sie wurden in sein Büro geführt, wo der Premierminister vor dem Kamin stand. Mit seinem Backenbart und dem merkwürdig vertrauten Gesicht war er eine imposante Erscheinung, als wäre sein aus der Zeitung ausgeschnittenes Bild zum Leben erwacht.
»Nun, meine Herren?« Gladstone musterte seine Besucher. »Ihr Kommen muss einen außerordentlich wichtigen Grund haben. Bitte fassen Sie sich kurz. Ich kann Ihnen exakt eine halbe Stunde gewähren.«
»Danke, Sir.« Rathbone hatte das, was er sagen wollte, auf dem Hinweg auf mehrere verschiedene Weisen zusammengefasst und bei jedem Versuch mal das eine, mal das andere Detail ausgelassen, denn es kam ihm darauf an, nicht nur die wesentlichen Punkte darzustellen, sondern auch denjenigen Teil des Falles, der den Kreuzritter in Gladstone am ehesten ansprechen würde, den Moralapostel, der so oft in ihm zum Vorschein kam.
»Ich verteidige Joel Lambourns Witwe, die eines abstoßenden Mordes angeklagt ist, meiner Meinung nach jedoch unschuldig ist«, begann er. Er bemerkte den Abscheu in Gladstones Gesicht und traf blitzschnell seine Entscheidung. Angesichts Gladstones wohlbekannter puritanischer Ader ging er damit ein großes Risiko ein, doch er war es gewohnt, das Mienenspiel der Geschworenen zu beobachten, und erkannte immer schnell, ob er im Begriff war, jemanden für sich zu gewinnen oder abzuschrecken.
»Diese Frau ist von bemerkenswerter Loyalität zu ihrem Mann«, fuhr er fort. »Erst heute Morgen habe ich von Commander Monk« – er deutete auf seinen Begleiter – »erfahren, dass sie gar nicht verheiratet waren, denn er war immer noch der Ehemann des Opfers, Zenia Gadney. Seine Besuche in Limehouse waren also kein sexuelles Abenteuer, sondern dienten dazu, sie finanziell zu
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