Ein Pakt mit dem Teufel: Roman (German Edition)
Auftraggebern geschickt hat, bevor er den vollständigen Bericht einreichte.«
»Ganz schön viel«, bemerkte Gladstone trocken. »Glauben Sie wirklich, dass diese Frau unschuldig ist?«
»Ganz sicher bin ich mir nicht, aber ich glaube es in der Tat.« Der Schweiß brach Monk aus allen Poren, denn er wusste genau, was auf dem Spiel stand. Wie würde sich das auf seine Laufbahn auswirken, falls Dinah sich am Ende doch als schuldig erwies?
Gladstone überlegte. »Ein solches Handeln erscheint mir bemerkenswert und zugleich äußerst töricht. Das Gesetz kommt auf jeden Fall. Das ist für das Wohlergehen des Volkes unabdingbar. Ich kann eine Zusammenfassung für Sie erstellen lassen. Informationen über Lambourns Untersuchung könnten schwer zu erhalten sein, aber ich werde tun, was ich kann.«
»Danke, Sir!«, rief Rathbone erleichtert, doch schon im nächsten Augenblick kehrten die Sorgen zurück. Er biss sich nervös auf die Lippe. »Wahrscheinlich benötigt die Anklage nur noch einen Tag, um die Beweisführung abzuschließen. Dann muss ich mit der Verteidigung beginnen. Das kann ich bestenfalls auf drei, vier Tage ausdehnen. Sobald das Urteil verkündet ist – und gegenwärtig besteht so gut wie kein Zweifel an einem Schuldspruch –, wird die Todesstrafe verhängt, und die zu kippen ist praktisch ausgeschlossen.«
Er warf Monk einen Blick zu, dann sah er wieder den Premierminister an. »Nicht nur das Leben einer Unschuldigen steht auf dem Spiel, die dafür bestraft werden soll, dass sie zu ihrem Mann gehalten hat, sondern auch das Arzneimittelgesetz, wenn es verschoben oder verwässert wird. Wie viele Menschen, der Großteil davon vermutlich Kinder, das völlig unnötigerweise das Leben kosten wird, kann niemand ermessen.«
Gladstones Züge spannten sich an. Er war sichtlich aufgewühlt. Erst nach einer Weile antwortete er. Dabei war sein Blick nicht auf seine Besucher gerichtet, sondern verlor sich irgendwo in der Tiefe seiner Erinnerung.
»Zu unserer großen Schande haben wir viele Flecken in unserer Geschichte, aber zu den dunkelsten Episoden im langen Leben unserer Nation zählen die Opiumkriege. Es hat glorreiche Zeiten der Tapferkeit, Ehre, der genialen geistigen Errungenschaften und christlicher Nächstenliebe gegeben. Die Kriege verkörpern das Gegenteil: Gier, Unehre, barbarische Grausamkeit. Großbritannien ist nach Tee süchtig, den wir in der Zeit dieser Konflikte nur in China kaufen konnten. Wir lieben auch Porzellan und Seide, alles Produkte, die wir gleichfalls größtenteils aus China beziehen. Die einzige Münze, die man dort als Tauschmittel akzeptiert, ist Barrensilber, von dem wir nur sehr wenig haben.«
Rathbone wechselte einen Blick mit Monk, doch keiner unterbrach den Premierminister.
Gladstones Stimme nahm einen rauen Ton an. »Wir brachten Argumente und Bitten vor, und als die Chinesen sich davon nicht beeindrucken ließen, begannen wir, ihnen von Indien aus Opium zu verkaufen. Am Anfang mögen sie es vielleicht für die Linderung von Schmerzen verwendet haben, aber das änderte sich schnell, und sie rauchten es zu ihrem Vergnügen. Ich habe weder Zeit – noch Lust –, Ihnen das Fortschreiten dieses Gräuels zu schildern, aber binnen weniger Jahre wurden Zigtausende so süchtig, dass sie nicht mehr in der Lage waren, zu arbeiten, geschweige denn sich oder ihre Familie zu erhalten.
Wir überschwemmten das Land mit Opium, obwohl die chinesische Regierung alles unternahm, um den Handel zu unterbinden. Am Ende haben wir eine ganze Nation vergiftet und einen großen Teil ihrer Bevölkerung zu Apathie, Hilflosigkeit, ja sogar zu schleichendem Tod degradiert. Natürlich ziehen es viele von uns vor, das zu leugnen. Niemand bekennt sich gern zu schändlichen Taten. Im Gegenteil, viele von uns halten es für patriotisch, sie zu leugnen und zu verbergen, am Ende sogar zu lügen und die Schuld anderen zuzuweisen. Menschen sind ermordet worden, um eigene Verbrechen zu verschleiern, und die Täter sahen sich im Recht.« Er sprach mit leiser, heiserer Stimme. »Und dann führen sie Begriffe wie ›mein Land‹, ›meine Familie‹, ›gut‹ oder ›böse‹ im Mund. Das ist der Gipfel des Verrats an Gott.«
Monk und Rathbone schwiegen. Sie hätten auch nicht gewusst, was sie darauf antworten sollten. Angesichts der Tiefe von Gladstones Emotionen hätten Worte nicht nur unnötig, sondern störend gewirkt.
Als erinnerte sich Gladstone jäh ihrer Anwesenheit, nahm er seine Ansprache wieder
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