Ein Pakt mit dem Teufel: Roman (German Edition)
ich jetzt den Geschworenen die Augen öffnen und ihnen aufzeigen, dass es eine solche Person gibt. Sie wiederum müssen entscheiden, ob Sie mir den Auftrag dazu erteilen wollen. Es wird qualvoll sein. Und bevor ich Winfarthing in den Zeugenstand rufe, muss ich den Freitagvormittag mit etwas anderem füllen, sonst erklärt der Richter die Beweisaufnahme für beendet, und es ist zu spät. Er wird das Urteil zweifellos noch vor dem Wochenende fällen wollen. Fürs Erste sind Sie mein einziger Trumpf – außer Ihren Töchtern. Aber, glauben Sie mir, Coniston wird Sie lieber in der Luft zerfetzen, als zuzulassen, dass die Wahrheit ans Licht kommt. Er ist wohl wirklich von Ihrer Schuld überzeugt und wird deswegen auch Ihre Kinder nicht schonen.«
»Ich werde aussagen«, erklärte sie in einem Ton, mit dem sie jedes weitere Argument unterband. Freilich hatte er es längst gewusst, wie sie entscheiden würde.
»Und Sie wissen, was Coniston gegen Sie im Schilde führt?«
»Natürlich. Er wird versuchen, mich als hysterische Frau darzustellen, die sich dem Gedenken an einen Mann verschrieben hat, der nicht dazu bereit war, sie zu heiraten, weil er Angst davor hatte, sein Geld zu verlieren und ihre unehelichen Töchter aufziehen zu müssen.« Sie zwang sich zu einem kurzen Lächeln, das Rathbone in der Seele wehtat, denn er merkte ihr das Bemühen um Tapferkeit an. »Schlimmer, als in drei Wochen vor den Henker zu treten, kann das wohl kaum sein.«
Rathbone setzte schon zum Widerspruch an, entschied dann aber, dass leere Versprechungen nur eine Verhöhnung wären. Er senkte den Blick auf die vernarbte Tischplatte und sah schließlich wieder zu Dinah auf. »Ich weiß, dass Sie Zenia Gadney nicht umgebracht und den Verdacht bewusst auf sich selbst gelenkt haben, um vor Gericht gestellt zu werden, damit Sie Joels Ruf und Ehre vor der Öffentlichkeit retten können. Womöglich verlieren wir, aber noch sind wir nicht am Ende!«
»Wirklich nicht?«, flüsterte sie.
»Wirklich nicht. Ich rufe Sie am Freitag als meine erste Zeugin auf und vernehme Sie, bis Winfarthing auftaucht.«
»Wird er das?«
»Ja.« Es war ein kühnes Versprechen. Rathbone hoffte, er würde es halten können. Er erhob sich. »Aber jetzt muss ich heimgehen und mir überlegen, welche Fragen ich Ihnen stellen werde und mit welchem Konzept ich dann an Winfarthings Vernehmung herangehen soll.«
Sie blickte zu ihm auf. »Und Miss Nisbet?«
»Ah, das ist etwas anderes. Bei ihr weiß ich genau, was ich sie fragen werde.«
Vielleicht übertrieb er da ein wenig, aber in Agatha Nisbets Fall beunruhigte ihn nur eines: Würde sie überhaupt kommen? In dieser Hinsicht musste er sich auf Hester verlassen. Von Monk und Runcorn wusste er, dass sie immer noch an dem Mordfall arbeiteten und fieberhaft zu ermitteln suchten, wer Lambourn auf den One Tree Hill begleitet und dort zurückgelassen hatte, damit er verblutete.
Hester und Monk hatten beide ihr Möglichstes getan, um Scuff von dem brisanten Prozess fernzuhalten, doch der Junge war zu aufmerksam, um sich überlisten zu lassen. Nur der Adventszeit und seiner Vorfreude auf sein erstes Weihnachtsfest in einer Gemeinschaft war es zu verdanken, dass er sich hatte ablenken lassen.
Der Morgen des Weihnachtstags war sonnig und kalt – zumindest am Anfang. Später zogen Wolken auf, und es roch nach Schnee.
Hester war lange vor Sonnenaufgang auf den Beinen, um die Gans rechtzeitig ins Backrohr zu schieben und im ganzen Haus Girlanden und Stechpalmenzweige aufzuhängen.
Nach langem Debattieren hatten sie und Monk beschlossen, Scuff eine Taschenuhr zu schenken, und zwar die beste, die sie sich leisten konnten, eine mit seinen auf der Unterseite eingravierten Initialen. Dazu hatten sie noch einige kleinere Aufmerksamkeiten für ihn vorbereitet, Tütchen voller Süßigkeiten, selbst gemachten Karamellen und seinen Lieblingsnüssen. Monk hatte für ihn ein Paar warme Wollsocken besorgt, und Hester hatte vorsichtig eines von Monks Halstüchern auf die passende Größe für Scuffs schmalen Kragen zurechtgeschnitten. Und natürlich hatte sie auch ein Buch für ihn ausgewählt, bei dem sie sicher war, dass er es verschlingen würde.
Gegen acht Uhr, als es endlich heller Tag war, hörte sie die Küchentür aufgehen, und Scuff spähte nervös herein. Als er die Stechpalmen und die Girlanden bemerkte, weiteten sich seine Augen.
»Is’ heute Weihnachten?«, fragte er atemlos.
»Allerdings«, antwortete sie mit einem breiten
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