Ein Pakt mit dem Teufel: Roman (German Edition)
blickte wieder zu Dinah auf. »Sprach Dr. Lambourn mit Ihnen über seine Arbeit, insbesondere die Studie, die er über den Verkauf und die Etikettierung von opiathaltigen Medikamenten durchführen sollte?«
»Ja. Gerade sie lag ihm sehr am Herzen. Er wollte, dass man sämtliche frei verkäuflichen Medikamente lesbar beschriftete, mit gut sichtbaren Zahlen, damit jeder erkennen konnte, welche Dosis sicher war.«
»Ist das ein heftig umstrittenes Gesetz, soweit Sie das beurteilen können?«
Coniston erhob sich erneut. »Mylord, wie meinem gelehrten Freund sehr wohl bewusst ist, hat die Angeklagte auf diesem Gebiet keinerlei Fachwissen.«
Pendock seufzte. »Ihrem Einwand wird stattgegeben. Sir Oliver, bitte stellen Sie der Angeklagten keine Fragen, von denen Sie genau wissen, dass sie nicht die nötigen Fachkenntnisse hat, um sie beantworten zu können. Ich werde nicht dulden, dass Sie diesen Prozess mit nutzlosen Manövern in die Länge ziehen, die nur unsere Zeit verschwenden!«
Rathbone schluckte seine Wut hinunter. Erneut wandte er sich an Dinah.
»Hat Ihnen Dr. Lambourn je erzählt, dass ihn die Regierung oder irgendwelche Gesundheitsbehörden kritisiert oder behindert hätten, während er Informationen über nicht zum Krankheitsbild gehörende Todesfälle nach der Einnahme von Opium sammelte?«
»Nein. Es war ja die Regierung, die ihn mit dieser Untersuchung beauftragt hatte.«
»Welcher Regierungsbeamte konkret?«
»Mein … Mr Barclay Herne.« Nachdem sie fast damit herausgeplatzt wäre, vermied sie sorgfältig jeden Hinweis auf die verwandtschaftliche Nähe.
»Dr. Lambourns Schwager?«, hakte Rathbone nach.
»Ja.«
Erneut wurde Pendock ungeduldig. Er zog eine finstere Miene und trommelte mit seinen Fingern auf der polierten Holzplatte seines Pults herum.
»Ist Mr Herne verantwortlich für dieses Projekt?«, erkundigte sich Rathbone.
»Ich glaube, ja«, antwortete Dinah. »Es war immer Barclay, dem Joel Bericht erstattete.«
Angesichts von Pendocks Verärgerung stellte Rathbone gleich die nächste Frage. »Es war also Barclay Herne, der ihm mitteilte, dass seine Studie indiskutabel war?«
»Ja.«
»War Dr. Lambourn davon sehr erschüttert?«
»Er war wütend und fassungslos. Die Fakten waren sorgfältig protokolliert worden, und er konnte sie alle belegen. Er konnte nicht verstehen, wo Barclay das Problem sah. Aber er war entschlossen, die Studie gründlich zu überarbeiten, damit man sie doch noch annahm.«
Rathbone gab sich überrascht. »Er empfand das weder als persönlichen Affront noch als das Ende seiner Laufbahn?«
»Überhaupt nicht«, antwortete Dinah. »Es war eine Studie. Ihre Ablehnung machte ihm zu schaffen, aber das trieb ihn mit Sicherheit nicht in die Verzweiflung.«
»Hat er Ihnen erzählt, dass er bei seinen Recherchen auf irgendetwas Schlimmes gestoßen war?«, fragte Rathbone.
Wieder erhob sich Coniston. »Mylord, einzelne Aspekte von Dr. Lambourns Untersuchung oder Dinge, die ihn betrübt haben mögen oder nicht, sind wohl kaum von Belang. Wir beschuldigen die Angeklagte des Mordes an Dr. Lambourns erster Frau und nicht der Inkompetenz oder mangelnden Sentimentalität bei seiner …«
»Ich teile Ihre Auffassung, Mr Coniston.« Pendock beugte sich zu Rathbone hinab.
Bevor der Richter ihn zurechtweisen konnte, wirbelte Rathbone zu seinem Gegner herum, als hätte er Pendock gar nicht wahrgenommen. »Und ob es darum geht!«, rief er. »Sie behaupten, Dr. Lambourn hätte sich aus Verzweiflung über irgendetwas, das in dieser Zeit geschehen sei, das Leben genommen. Am Anfang haben Sie gesagt, der Auslöser sei eine Art sexuelle Abartigkeit, wegen der er sich einer Prostituierten in Limehouse bedient habe, und die Furcht, dass seine Frau dahinterkommen würde. Jetzt, da Sie wissen, dass die ›Prostituierte‹, als die Sie sie bezeichnet haben, eine ehrbare Frau war, die einmal mit Dr. Lambourn verheiratet gewesen war und es zum Zeitpunkt ihres Todes vor dem Gesetz immer noch war, mussten Sie diese Strategie aufgeben!«
Coniston starrte ihn verwirrt, ja aufgeschreckt an.
»Als Nächstes haben Sie ins Feld geführt, die Angeklagte hätte ihr Opfer aus Eifersucht ermordet, weil sie soeben das Geheimnis um Dr. Lambourns Besuche bei ihr entdeckt hatte«, fuhr Rathbone fort. »Doch kaum hatten Sie das verkündet, erkannten Sie, dass sie die ganzen letzten fünfzehn Jahre darüber im Bilde gewesen war; also war auch diese Argumentationskette eindeutig absurd. Und jetzt
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