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Ein Pakt mit dem Teufel: Roman (German Edition)

Ein Pakt mit dem Teufel: Roman (German Edition)

Titel: Ein Pakt mit dem Teufel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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der sich dann als Wahnsinniger herausstellte? Beim bloßen Gedanken daran verkrampfte sich Monks Magen vor Abscheu und auch vor Zorn über die Verzweiflung aller beider, des Mannes wie der Frau, die sie zu so etwas Extremem getrieben hatte.
    Eine Gruppe von Männern, offenbar auf dem Weg zum Hafen, trottete an ihm vorbei. Ein mit Karotten, Blattgemüse und ein paar reifen Äpfeln beladener Gemüsekarren ratterte in die entgegengesetzte Richtung.
    Er klopfte bei Nummer zwölf an, Zenia Gadneys Nachbarhaus. Niemand öffnete die Tür. Als er es nebenan versuchte, wurde er von einer Frau mit langer Schürze verscheucht, die vom Schrubben der Holzböden bereits durchnässt und verschmutzt war. Sie nahm gerade die Treppe zur Tür in Angriff und forderte ihn frech auf, seine großen Füße gefälligst woanders abzustellen, damit sie ihre Arbeit erledigen könne. Nein, sie hatte noch nie von Zenia Gadney gehört und wollte auch gar nichts von ihr wissen.
    So versuchte er sein Glück auf der gegenüberliegenden Straßenseite, wo er mit einer alten Frau ins Gespräch kam, die in einem mit Zierrat und Erinnerungsstücken überladenen Zimmer saß. Sie hatte zum Fenster auf die Straße hinausgeschaut, und ihr neugieriger, wacher Blick war ihm aufgefallen. Ihr Name war Betsy Scalford. Sie war einsam, und sehr, sehr glücklich darüber, einen viel jüngeren Mann im Haus zu haben, der mit ihr sprechen und – besser noch – zuhören wollte, wenn sie in Erinnerungen an die Vergangenheit und an endlose Geschichten über ihre einzigartigen oder lustigen Erlebnisse schwelgte.
    Sie bot ihm eine Tasse Tee an, die er annahm, weil ihm das einen Vorwand lieferte, den Besuch auf über eine halbe Stunde auszudehnen. Außerdem schuf es eine ungezwungene Atmosphäre, da es ihr das Gefühl vermittelte, die Situation im Griff zu haben.
    »Vielen Dank«, sagte Monk in anerkennendem Ton, als sie das Tablett vor ihm abstellte und ihm den dampfenden Tee einschenkte.
    »Gern«, erwiderte sie mit einem lebhaften Nicken. Sie war eine hagere Person mit knochigen Schultern, die sie größer wirken ließen, als sie war. »Ich hab Sie noch nie gesehen.« Sie musterte ihn von oben bis unten, begutachtete sein Gesicht, den sauberen weißen Kragen seines Hemdes, den Schnitt seines Anzugs. Er hatte seit jeher zu viel für seine Kleider ausgegeben. Als er vor zehn Jahren seinen Unfall erlitten hatte und vollständig seines Gedächtnisses beraubt aus dem Koma aufgewacht war, hatte er alles über sich von Grund auf lernen müssen, von seinem Namen bis zu seinem Charakter, wie ihn die anderen gesehen hatten. Er war entsetzt gewesen, als ihm die Rechnungen seines Schneiders den schlagenden Beweis für seine frühere Eitelkeit lieferten. Und zunächst war er gezwungen gewesen, seine Ausgaben dramatisch zu senken. Doch jetzt, da er Kommandant der Thames River Police war, frönte er wieder seinem alten Laster. Lächelnd nahm er die Anerkennung in den Augen der Frau über seine auf Hochglanz polierten Stiefel zur Kenntnis.
    »Ich bin hier zum ersten Mal«, antwortete er auf ihre Frage. »Ich gehöre der Wasserpolizei an, nicht den regulären Behörden.«
    »Der Fluss erreicht uns so weit oben doch gar nich’«, stellte sie mit einem amüsierten Funkeln in den Augen fest.
    »Manchmal aber das, was auf ihm passiert«, entgegnete Monk. »Und die Strömungen des Unglücks, das er mit sich trägt. Sie kommen mir vor wie eine sehr scharfe Beobachterin. Ich brauche Informationen.«
    »Und Sie glauben, ich hab nix zu tun, außer hier am Fenster zu sitzen und rauszuschauen?«, erwiderte sie. Sie nahm ihm gegenüber Platz. »Was soll ich sagen, Sie haben recht. Das war aber nich’ immer so. Es gab eine Zeit, als ich alle möglichen Beschäftigungen hatte. Jetzt nich’ mehr. Schießen Sie los, junger Mann. Aber ich werde trotzdem vorsichtig sein mit dem, was ich Ihnen erzähle. Will doch nich’ als Klatschbase gelten.«
    »Kennen Sie die Frau, die nebenan in Nummer vierzehn lebt?«
    »Ich weiß, wo die Nummer vierzehn is’«, erwiderte sie etwas zu scharf. »Ich hab meinen Verstand noch nich’ eingebüßt. Das müsste Mrs Gadney sein. Nette Frau. Witwe, glaube ich. Was is’ mit ihr?«
    Monk überlegte, ob er es ihr sofort sagen sollte, entschied sich aber dagegen. Die Nachricht konnte einen solchen Schock für sie bedeuten, dass sie womöglich nicht mehr imstande war, ihm weiterzuhelfen.
    »Kennen Sie sie?«, begann er. »Was für ein Mensch ist sie?«
    »Warum fragen Sie

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