Ein Pakt mit dem Teufel: Roman (German Edition)
getötet wurde, war doch Abschaum!«, blaffte sie verächtlich. »Schlimmer als Ungeziefer! Du weißt, was er getan hatte.«
»Und das Mädchen?«, fragte Rathbone leise.
Sie starrte ihn perplex an. »Welches Mädchen?«
»Das Mädchen, das er ebenfalls ermordet hat?«
»Die Prostituierte!«
»Ja, die Prostituierte«, sagte er kalt. »Oder war sie auch Ungeziefer?«
»Sie hätte ihn an den Galgen gebracht!«, rief Margaret.
»Es war also in Ordnung, dass er sie getötet hat? Ist das dein Mut, deine tapfere Moral? Du entscheidest, wer lebt und wer stirbt, nicht das Gesetz?«
»Er hatte seine Gründe und musste schreckliche Entscheidungen treffen.« Nun rannen ihr die Tränen ungehemmt über die Wangen. »Er war mein Vater! Ich habe ihn geliebt!« Das rief sie in einem Ton, als wäre damit alles erklärt, und jetzt, endlich, dämmerte Rathbone, dass sie tatsächlich so empfand.
»Demnach sollte ich ihm vergeben, egal, was er getan hat?«, hakte Rathbone nach.
»Ja! Ist das so schwer?« Das war eine Herausforderung, die sie ihm voller Wut und Verzweiflung entgegenschrie.
»Wie schade, dass du nicht auch mich geliebt hast«, erwiderte er mit kaum mehr als einem Flüstern.
Sie schnappte nach Luft. »Das ist nicht fair!«
»Und ob es fair ist«, konterte er. »Aber da ich deine Familie nicht über das, was richtig und gerecht oder vielleicht auch möglich ist, stellen kann, habe ich wahrscheinlich auch dich nie wirklich geliebt. Zumindest scheint das deine Schlussfolgerung zu sein, und wenn es nach deinen Maßstäben geht, hast du natürlich recht. Das tut mir leid. Ich habe aufrichtig etwas anderes geglaubt.« Er wartete. Als von ihr keine Reaktion kam, wandte er sich zum Gehen. Er hatte schon die Tür erreicht, als sie schließlich den Mund aufmachte.
»Oliver …«
Er drehte sich zu ihr um. »Ja?«
Sie beschrieb mit den Händen eine hilflose kleine Geste. »Ich dachte, ich hätte etwas zu sagen, aber das ist nicht der Fall.« Es war ein Eingeständnis von Scheitern, mit dem eine Tür zugeschlagen wurde.
Der Schmerz überwältigte ihn, nicht so sehr um etwas Verlorenes, sondern um das Verlöschen eines Traumes, der einst vollkommen real gewirkt hatte. Er wandte sich wieder zur Tür um, ging hinaus und schloss sie lautlos hinter sich.
Die Zofe wartete im Flur, als hätte sie gewusst, dass er nicht bleiben würde. Sie reichte ihm seinen Mantel und dann den Hut. Von Mrs Ballinger war nichts zu sehen, und irgendwie erschien es ihm lächerlich, sie noch einmal aufzusuchen, nur um ihr mitzuteilen, dass er wieder ging. Das wäre nur peinlich für sie beide gewesen. Es gab nichts zu sagen, egal, wie krampfhaft sie sich bemühten, künstlich irgendein Thema zu finden. Da war es besser, sich einfach zurückzuziehen.
Er dankte der Zofe und schritt in die Dunkelheit hinaus. Die Luft war kalt geworden, aber das spürte er nicht. Zügig lief er zur nächsten Hauptstraße, wo er einen Hansom nach Hause nehmen konnte.
Als Rathbone in die großzügige Vorhalle seines Hauses trat, unterbreitete ihm Ardmore, dass jemand im Gesellschaftszimmer auf ihn wartete.
»Wer ist es?«, fragte Rathbone ziemlich gereizt. Was immer es sein mochte, er war heute nicht in der Stimmung, sich mit Besuchern zu befassen. Selbst wenn ein Mandant verhaftet und ins Gefängnis gesperrt worden war, gab es nichts, was er auf die Schnelle für ihn tun konnte.
»Mr Brundish«, antwortete Ardmore. »Er sagt, er habe eine Nachricht von äußerster Bedeutung für Sie und könne wegen anderer Verpflichtungen morgen nicht noch einmal kommen. Ich habe ihm erklärt, dass Sie außer Haus sind und ich nicht weiß, wann Sie zurückkommen, aber er blieb hartnäckig, Sir.«
»Schon gut, Sie haben das Richtige getan«, erwiderte Rathbone müde. »Dann gehe ich wohl besser hinein und kümmere mich darum, was immer es sein mag. Wissen Sie zufällig, worum es geht? Vermutlich ein Brief.«
»Nein, Sir Oliver. Es war ein ziemlich großes Paket, und so, wie er es trug, scheint es von beträchtlichem Gewicht zu sein.«
Rathbone war überrascht. »Ein Paket?«
»Ja, Sir. Möchten Sie, dass ich Ihnen Whisky bringe, Sir? Oder Brandy? Ich habe ihm bereits welchen angeboten, aber er wollte nur Kaffee.«
»Nein, danke. Das bewegt ihn bloß dazu, noch länger zu bleiben.« Rathbone war sich bewusst, dass er undankbar wirkte, aber er wollte nur das Paket annehmen und den Mann hinauskomplimentieren. Sehr wahrscheinlich wollte auch er nichts lieber, als nach Hause zu
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