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Ein Pakt mit dem Teufel: Roman (German Edition)

Ein Pakt mit dem Teufel: Roman (German Edition)

Titel: Ein Pakt mit dem Teufel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Frage, es war eine Forderung. Jetzt zitterte sie am ganzen Leib.
    »Wenn Sie uns helfen.« Sachte nahm er ihr die Zeichnung ab und steckte sie wieder ein. »Erzählen Sie mir mehr über diesen Mann, der sie besucht hat, bis er vor zwei Monaten ausblieb. Beschreiben Sie ihn mir. Und sagen Sie mir nicht, Sie hätten das vergessen. Natürlich erinnern Sie sich. Ich traue mich zu wetten, dass Sie auch mich beschreiben könnten, wenn jemand anders zu Ihnen käme und Sie darum bäte.«
    Sie lächelte matt, als wäre sie auf eine makabere Weise amüsiert. »Natürlich könnte ich das. Gibt ja nich’ so viele hier in der Gegend, die aussehen wie Sie.« Ihre Stimme drückte Zustimmung aus, und kurz sah Monk einen Schimmer von der Frau aufblitzen, die sie vor einem halben Jahrhundert gewesen sein musste.
    »Dann verraten Sie es mir«, forderte er sie auf.
    Sie stieß einen tiefen, müden Seufzer aus. »Das muss ich wohl. Genau weiß ich es nich’, verstehen Sie, aber ich schätze, sie war eine von den Dirnen, die bloß einen Kunden haben, und dann is’ er entweder ihrer müde geworden, oder er is’ gestorben.« Sie deutete mit dem Kinn auf das Fenster. »Seitdem hab ich sie ein paarmal auf und ab gehen sehen und hab mir gedacht: Du armes Luder, wenn du auf die Art suchst, wirst du nich’ viel finden. Höchstens solche, die verzweifelt sind. Und ’ne Dirne in ihrem Alter nimmt ein Mann doch bloß dann mit, wenn er kein Geld für ’ne jüngere hat.« Sie schüttelte bedächtig den Kopf und verriet dabei eine derart tiefe Trauer, dass Monk keinen Zweifel hatte. In Zenia Gadneys Schicksal sah sie ihr eigenes gespiegelt, wie es hätte sein können.
    »Können Sie mir den Mann beschreiben, denjenigen, der aufgehört hat zu kommen?«, bat er sie erneut.
    Sie richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf die Gegenwart und musterte ihn nachdenklich. »Fast Ihre Größe, würde ich sagen, aber knochiger. Irgendwie ungelenkiger. Graues Haar, das über der Stirn schon sehr schütter is’. Glattrasiert. Gut gekleidet, wie ein Gentleman, aber recht gewöhnlich. Ich würde wetten, dass er seinem Schneider nich’ so viel gezahlt hat wie Sie Ihrem.«
    »Danke«, sagte Monk trocken. »Noch etwas? Mantel? Vielleicht ein Regenschirm?«
    »Nein. Mantel im Winter, aber nich’ im Oktober, als er zuletzt kam. Einen Schirm hat er meines Wissens nie dabeigehabt. Einmal hab ich ihn aus der Nähe gesehen. Hatte ein nettes Gesicht … irgendwie sanft. Er wirkte traurig, aber er lächelte sie an.«
    »Er kam zu ihr ins Haus?«
    »Natürlich. Was haben Sie erwartet? Dass sie das, was immer sie machten, auf der Straße erledigt haben?«
    »Sie hätten ja auch in ein anderes Haus gehen können«, meinte Monk.
    »Nein, sie sin’ in ihr Haus gegangen.«
    »Für wie lange?«
    »Halbe Stunde, vielleicht länger.«
    »Aber Sie haben ihn gesehen?«
    »Natürlich hab ich ihn gesehen! Sonst könnte ich Ihnen doch nix sagen. Sind Sie blöd im Kopf geworden, oder was? Schnappen Sie ihn! Sie hat’s weiß Gott nich’ verdient, so aufgeschlitzt zu werden.« Sie schluckte schwer. Es kostete sie sichtlich Mühe, ihren Zorn zu bezwingen und ihre sorgfältig gepflegte Würde zu wahren.
    »Worauf ich hinauswill, Mrs Scalford: Kam er am helllichten Tage, und konnten Sie genau sehen, wer in ein Haus ein paar Türen weiter auf der anderen Straßenseite trat?«
    »An meinen Augen fehlt nix!« Sie überlegte kurz. »In der Regel war es am Nachmittag. Eigentlich komisch, wenn ich es bedenke. Warum is’ er nich’ gekommen, wenn es dunkel war?«
    »Das weiß ich nicht«, antwortete Monk. »Aber ich werde es herausfinden.«
    Es gab nur noch wenig bei der alten Frau zu erfahren. Monk bedankte sich und begab sich wieder auf die Straße. Fast unmittelbar gegenüber der Nummer vierzehn sprach er mit Mr Clawson, der eine Eisenwarenhandlung führte.
    »Nich’ dass ich wüsste!«, verwahrte sich Clawson empört, als Monk ihn fragte, ob er Zenia Gadney je mit jemand anderem als dem Besucher beobachtet hatte, der bis vor zwei Monaten zu ihr gekommen war. »Wir mögen hier vielleicht ein bisschen ärmlich sein, aber wir sind durch und durch ehrbar«, ereiferte er sich, schniefte laut und wischte sich die Hände an seiner Schürze ab.
    Monk fragte sich, ob er Mr Clawson klarmachen sollte, dass er keineswegs hatte unterstellen wollen, dass Zenia Gadney ihr Gewerbe zu Hause betrieb, erachtete das letztlich aber nicht für der Mühe wert. Hier ging es nur um Stolz und die Wahrung des

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