Ein Pakt mit dem Teufel: Roman (German Edition)
brauche ich den Standpunkt eines informierten, aber trotzdem weitgehend unparteiischen Zeugen, insbesondere, was den Wert seiner Arbeit und davon ausgehend, soweit möglich, seinen Geisteszustand in der letzten Phase seines Lebens betrifft.«
»Die Opiumuntersuchung«, sagte Bawtry mit einem knappen verstehenden Nicken. »Das dürfte auch wirklich das Einzige sein, worüber ich Ihnen kompetent Auskunft geben kann. Ich kannte Lambourn nicht persönlich. Aber vielleicht benötigen Sie eine Stellungnahme von gerade so jemandem. Ich glaube, er war ein außergewöhnlich liebenswerter Mensch, aber Zuneigung kann ein Urteil verzerren, egal, wie gerecht man auch sein möchte.«
»Ganz richtig«, bestätigte Monk, dessen Anspannung nun nachließ. Er empfand es als viel leichter, mit jemandem umzugehen, dessen Urteil nicht von Emotionen getrübt war.
Bawtry deutete mit einem winzigen Achselzucken eine Entschuldigung an. »Ein brillanter Mann, wenn auch vielleicht ein bisschen weltfremd. Hatte etwas von einem Kreuzfahrer, und in diesem Fall ließ er zu, dass sein tiefes Mitgefühl für die Opfer von Unwissenheit und Verzweiflung seinen Blick auf das große Ganze beeinflusste.« Er senkte die Stimme. »Um ehrlich zu sein: Wir brauchen eine bessere Kontrolle darüber, was alles in die Medikamente gemischt wird, die jeder kaufen kann, und vor allem bessere Informationen über den Opiumgehalt in den Mitteln, die Säuglingen verabreicht werden.« Sein Gesicht nahm einen unglücklichen, düsteren Ausdruck an. »Aber gerade das ist einer der Hauptgründe, warum wir Lambourns Studie nicht annehmen konnten: Einige seiner Beispiele waren zu extrem und beruhten eher auf Hörensagen als auf realen medizinischen Fällen. Der Bericht hätte mehr Schaden angerichtet als Gutes bewirkt, weil er so leicht in Verruf hätte gebracht werden können.«
Er sah Monk mit festem Blick in die Augen. »Sie stoßen sicher auf dasselbe Problem, wenn Sie einen Fall für einen Prozess vorbereiten. Sie dürfen nur das vorlegen, was einem Kreuzverhör standhalten wird, die physischen Indizien, Zeugen, denen die Leute glauben werden. Jeder Einzelne, den die Verteidigung zu Fall bringen kann, könnte die Geschworenen gegen Sie einnehmen.« Er lächelte, was eigentlich eine Frage ausdrückte. »Wie auch immer, er war ein Risiko für uns. Ich wünschte, es hätte sich anders verhalten. Er war ein anständiger Mann.«
Wieder verschwand mit einem Schlag alles Licht aus seinem Gesicht. »Sein Selbstmord war ein Schock für mich. Ich hatte keine Ahnung, dass er der Verzweiflung so nahe war, aber ich muss annehmen, dass, völlig unabhängig von der Untersuchung, noch etwas anderes dahintersteckte. Etwas, das mit der schrecklichen Sache mit der Frau in Limehouse zu tun hatte, wenn Sie tatsächlich recht haben. Ich hoffe, Sie täuschen sich, denn das wäre zu schmutzig. Aber ich weiß es nicht. Mein Urteil ist rein beruflicher und nicht persönlicher Natur.«
»Wissen Sie, was aus seiner Studie geworden ist?«, fragte Monk. »Ich würde gerne einen Blick in eine Abschrift werfen.«
Bawtry musterte ihn überrascht. »Halten Sie es für möglich, dass das irgendwie mit dem Tod dieser Frau zu tun hat? Es fällt mir schwer zu glauben, dass die Verbindung zwischen ihr und Lambourns wissenschaftlicher Arbeit über einen bloßen Zufall hinausging.«
»Wahrscheinlich haben Sie recht«, stimmte Monk ihm zu. »Aber es wäre nachlässig von mir, nicht jeder Spur zu folgen. Wusste sie vielleicht etwas? Er könnte mit ihr darüber gesprochen und ihr vielleicht etwas über die Sache anvertraut haben.«
Bawtry runzelte die Stirn. »Woran dachten Sie dabei? Meinen Sie den Namen eines bestimmten Menschen, der mit Opium, Heilmitteln oder unehrlichen Machenschaften zu schaffen hatte?«
»Das ist möglich.«
»Ich werde die Studie auftreiben, sofern noch eine Kopie vorhanden ist. Und wenn es eine gibt, werde ich dafür sorgen, dass Sie Einblick nehmen können.«
»Danke.« Monk fielen keine weiteren Fragen mehr ein. Er hatte ohnehin alle Zeit in Anspruch genommen, die Bawtry ihm gewähren konnte. Nur war er sich nicht sicher, ob das, was ihm dieser gesagt hatte, wirklich das war, was er hatte hören wollen. Aber es ließ sich nicht bestreiten: Sein Urteil war sorgfältig abgewogen, mitfühlend und absolut vernünftig.
»Vielen Dank, Sir«, sagte er leise.
Bawtrys Lächeln kehrte zurück. »Hoffentlich hat unser Gespräch Ihnen irgendwie genützt.«
6
Am nächsten Morgen
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