Ein Pakt mit dem Teufel: Roman (German Edition)
marschierte Monk in das Büro des Gerichtsmediziners, der Lambourns Selbstmord untersucht hatte. Da der Befund der Analyse in den Archiven zugänglich war, hatte Monk keine Mühe, die Dokumente zu erhalten.
»Sehr traurig«, sagte der Sekretär, ein junger Mann, der seinen Beruf äußerst ernst nahm. Sein bereits schütteres Haar hatte er sich mit Pomade nach hinten gekämmt, und sein dunkler Anzug war makellos. »Bei jedem Menschen, der sich entscheidet, sein Leben selbst zu beenden, muss man nachdenklich innehalten.«
Da Monk keine passende Antwort dazu einfiel, nickte er nur stumm. Dann wandte er sich dem medizinischen Teil des Befunds zu. Demzufolge hatte Lambourn eine ziemlich große Dosis Opium eingenommen, ehe er sich die Pulsadern aufgeschnitten hatte und verblutet war. Der Polizeiarzt hatte das in seinem Befund kurz und bündig festgestellt, und niemand hatte an seiner Sorgfalt oder Qualifikation gezweifelt. Es gab nichts daran auszusetzen.
Der Gerichtsmediziner hatte nicht gezögert, auf Selbstmord zu erkennen, und seiner Erklärung nur noch die üblichen teilnahmsvollen Worte hinzugefügt, dass der Tote aus dem seelischen Gleichgewicht geraten und daher zu bemitleiden, nicht zu verurteilen sei. Seine Wortwahl drückte einen frommen Wunsch aus, der bis zu beinahe völliger Bedeutungslosigkeit abgegriffen war.
Die Beileidsbekundungen lasen sich höflich, doch steif. Lambourn war ein bei seinen Kollegen angesehener Mann gewesen, und niemand hatte laut darüber spekulieren wollen, welche Gründe ihn zu dieser Tat geführt haben mochten. Dinah Lambourn war gar nicht erst um eine Aussage gebeten worden. Die einzigen persönlichen Worte stammten von seinem Schwager, Barclay Herne, der erklärt hatte, Lambourn sei deprimiert gewesen, und das nicht nur wegen der Ergebnisse seiner letzten Studie, sondern auch, weil die Regierung außerstande gewesen sei, seine Empfehlungen aufzugreifen. Beides hätte ihn über alle Maßen verstört. Am Ende seiner Stellungnahme äußerte Herne sein tiefes Bedauern.
Der Gerichtsmediziner hatte keinen weiteren Kommentar dazu abgegeben. Die Akte war geschlossen worden.
»Danke«, brummte Monk und reichte dem Sekretär die Unterlagen zurück. »Darüber muss doch ein Polizeibericht vorliegen. Wo ist er?«
Der Mann blickte ihn verständnislos an. »Fällt nicht in den Zuständigkeitsbereich der Polizei, Sir. Kein Schuldiger. Niemand war daran beteiligt, außer dem armen Kerl selbst. Wenn jemand dort gewesen wäre, hätte er ihn daran gehindert. Gebot der Vernunft.«
»Wer hat die Leiche gefunden?« Monk erwartete, dass der Sekretär ihm Dinah nennen würde, und versuchte bereits, sich ihr fassungsloses Entsetzen auszumalen.
»Ein Mann, der seinen Hund spazieren führte«, erklärte der Sekretär. »Wäre vielleicht eine Ewigkeit nicht entdeckt worden, wenn der Hund sie nicht gerochen hätte. Das können sie nämlich … ich meine, den Tod riechen.« Er schüttelte den Kopf. Man konnte sehen, dass er leicht zitterte.
»Wo war das überhaupt?« Monk nahm an, es handele sich beim Fundort entweder um Lambourns Haus oder seine Arbeitsstätte.
»Greenwich Park«, antwortete der junge Mann. »Auf dem One Tree Hill. Komischer Name … dort gibt es ja mehr als einen Baum. Er war in einer Mulde, knapp unter dem Gipfel. Hockte mit dem Rücken gegen einen Baumstamm gelehnt da.«
Jäh drängte sich Monk ein völlig neues Bild auf, eines von totaler, verzweifelter Einsamkeit. Was war diesem Mann über alles andere hinaus noch zugestoßen, dass er seine Frau und seine Töchter zurückgelassen hatte und ganz allein in diesen Park, in die Kälte und Dunkelheit hinausgegangen war, wo er sich die Pulsadern aufschnitt und von einem wildfremden Mann entdeckt wurde? Nach allem, was Monk bisher gehört hatte, war Lambourn ein sanfter, besonnener Mensch gewesen. Was hatte ihn zu einer so unerträglich rücksichtslosen Tat getrieben?
»Im Bericht des Gerichtsmediziners steht nichts über seine Gesundheit«, fuhr Monk, an den Sekretär gewandt, fort. »Könnte er an einer tödlichen Krankheit gelitten haben?«
Das schien den Mann zu verwirren. »Keine Ahnung, Sir. Die Todesursache lag doch auf der Hand.«
»Die unmittelbare Ursache, ja, aber nicht der Grund«, hielt ihm Monk entgegen.
Der Sekretär runzelte die Stirn. »Vielleicht geht uns das nichts an, Sir. Dem armen Mann ist offensichtlich etwas derart Schlimmes zugestoßen, dass er glaubte, nicht mehr damit leben zu können. Da gibt es nichts,
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