Ein Pakt mit dem Teufel: Roman (German Edition)
Stirn.
»Niemand wusste von irgendwem«, erklärte Monk. »Und wir haben die Leute intensiv befragt.«
»Aber ihr versucht es weiter?«, drängte Hester.
»Dinahs oder Rathbones wegen?«, fragte Monk mit einem leisen Lächeln.
Sie zuckte fast unmerklich mit den Schultern. Ihr Blick wurde plötzlich weich. »Teilweise einfach nur der Wahrheit wegen, aber vor allem Oliver zuliebe«, gestand sie.
»Hester … ich kann nicht sehr viel tun. Lambourns Selbstmord fällt nun mal nicht in meine Zuständigkeit. Ich kann ein paar Fragen stellen, darf aber nicht viel Zeit dafür aufwenden. Man wird mir nur sagen, dass die Studie vernichtet wurde, und ich kann das Gegenteil nicht beweisen. Vielleicht bekomme ich sogar zu hören, dass Lambourn sie selbst zerstört hat, weil sie fehlerhaft war. Die Kollegen sind nicht verpflichtet zu überprüfen, was davon wahr ist.«
Hester blickte ihn unverwandt an. »William, es ist lange her, dass du Urlaub hattest. Jetzt könntest du dir doch ein paar Tage freinehmen. Ich werde dir helfen. Ich habe bereits Dr. Winfarthing gebeten, sich in Fachkreisen nach Informationen umzuhören, um seine Ergebnisse mit dem zu vergleichen, was über Joel Lambourn bekannt ist.«
Ein eisiges Angstgefühl überlief Monk. »Hester, falls Lambourn wirklich wegen dieser Studie umgebracht wurde, hast du womöglich auch Winfarthing in Gefahr gebracht!«
»Ich habe ihn vorher gewarnt«, versicherte sie ihm hastig mit leicht geröteten Wangen. »Glaubst du wirklich, dass ihm ernsthafte Gefahr droht?«
Mit ihrer Frage hatte sie ihn in eine Lage manövriert, in der ihm nichts anderes übrig blieb, als ihr und vor allem sich selbst die Wahrheit zu gestehen. Sie überlegte kurz, ob das von Anfang an ihre Absicht gewesen war.
»Möglich ist es …«, murmelte er. »Wenn das, was Dinah Lambourn über die Untersuchung ihres Mannes sagt, zutrifft, stehen große Geldsummen und möglicherweise auch der Ruf einiger Persönlichkeiten auf dem Spiel. Aber das heißt nicht, dass Lambourn ermordet wurde – oder Dinah unschuldig ist.«
»Ich werde dir helfen«, wiederholte Hester.
Monk gab ihr nur zu gerne nach, zumindest fürs Erste, solange ihn seine eigenen Bemühungen der Wahrheit nicht näher brachten. Was Dinah betraf, war seine Haltung zwiespältig. Obwohl ihm sein Verstand sagte, dass sie schuldig war, bewies sie einen Mut, der ihn zutiefst bewegte. Und wie sie hatte er Schwierigkeiten mit der Selbstmordtheorie, wonach die Verzweiflung über die Zurückweisung seiner Ergebnisse Lambourn in den Freitod getrieben haben sollte. Die Laufbahn des Forschers und die Hochachtung, mit der seine Kollegen sich über ihn geäußert hatten, sprachen doch eher dafür, dass er keiner war, der schnell aufgab.
Aber nicht nur um die Lambourns ging es ihm. Eingedenk seines eigenen Glücks wollte er alles tun, um Rathbone von der Verbitterung über das Scheitern seiner Illusion abzulenken.
Als Erstes sah er auf der Polizeiwache von Wapping nach dem Rechten, ehe er sich ins Archiv der Metropolitan Police begab, um dort zu erfahren, wer die Untersuchung von Joel Lambourns Tod geleitet hatte. Weil es sich um einen bedeutenden Mann gehandelt hatte, war ihm schon jetzt klar, dass sich neben der örtlichen Polizei von Greenwich auch höhere Stellen damit befasst hatten.
Zu seiner Verwunderung las er, dass Superintendent Runcorn die Ermittlungen geführt hatte, ausgerechnet der Mann, der zu Beginn seiner Laufbahn Monks Freund und Partner, später sein Rivale und noch später sein Vorgesetzter gewesen war. Es war nicht ganz eindeutig, ob Runcorn damals Monk entlassen oder ob Monk von sich aus den Dienst bei der Metropolitan Police quittiert hatte, jedenfalls hatte es einen hitzigen und höchst unerfreulichen Wortwechsel gegeben. Bei ihrer Trennung waren sie alles andere als Freunde gewesen. Die folgenden Jahre hatte Monk als Privatermittler verbracht. Das hatte ihm die Freiheit verschafft, selbst zu entscheiden, welche Aufträge er übernehmen oder ablehnen wollte – zumindest in der Theorie. In der Praxis hatte es harte Arbeit bedeutet und finanziell ein Leben am Rande der Armut.
In dieser Zeit hatten sich sein und Runcorns Weg mehrmals gekreuzt. Überraschenderweise hatten sie dabei zunehmend Respekt voreinander entwickelt. Später hatte Monk erkannt, dass sein eigenes Verhalten ohne Not aggressiv und oft intolerant gewesen war. Da er nun selbst als Kommandant bei der Wasserpolizei Männer führte, hatte er am eigenen Leib erfahren,
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