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Ein Pakt mit dem Teufel: Roman (German Edition)

Ein Pakt mit dem Teufel: Roman (German Edition)

Titel: Ein Pakt mit dem Teufel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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wie schädlich die Aufsässigkeit eines Einzelnen sich auf die ganze Truppe auswirken konnte. Das hatte sein Bild von Runcorn von Grund auf geändert.
    Seit Monk sich selbstständig gemacht hatte – wobei er gelegentlich mit ihm zusammenarbeitete –, hatte Runcorn nicht nur Monks Scharfsinn zu schätzen gelernt, dank dem er ihm stets einen Schritt voraus war, sondern auch seinen Mut und die Beharrlichkeit, mit der er die Nachteile ausglich, die ihm durch seinen Jahre zuvor erlittenen Gedächtnisverlust entstanden waren.
    Die Erinnerung an den größten Teil seines Lebens vor jenem Unfall hatte Monk nicht mehr wiederherstellen können. Gelegentlich blitzten Bruchstücke auf, jedoch nie Gesamtbilder. Nichts fügte sich je zu einem Ganzen. Inzwischen verfolgte ihn der Verlust der Erinnerung nicht mehr. Er fürchtete sich nicht mehr vor Fremden wie in der ersten Zeit, als ihn stets die Sorge begleitet hatte, sie könnten ihn erkennen, während er nicht beurteilen konnte, ob sie ihm feindlich oder freundlich gesinnt waren oder was sie alles von ihm wussten.
    Jetzt wieder Runcorn gegenüberzutreten fiel ihm schwerer als der Umgang mit völlig Fremden. Aber zumindest waren keine Erklärungen nötig. Die Zeit der jahrelangen Feindseligkeit und der Missverständnisse war überwunden.
    Auf der Wache von Blackheath, wo Runcorn Superintendent war, stellte sich Monk zunächst mit Namen und Rang dem Sergeant am Empfang vor.
    »Die Angelegenheit ist sehr ernst«, erklärte er dem Mann. »Es geht um einen Todesfall, über den ich neue Informationen habe. Demnach könnte es sich um einen Mord handeln. Superintendent Runcorn sollte das umgehend erfahren.«
    Binnen zehn Minuten wurde Monk zu Runcorn geführt. Als er eintrat, wunderte er sich nicht über die peinliche Ordnung in seinem Büro. Anders als Monk hatte Runcorn schon immer streng, fast schon besessen, auf Reinlichkeit geachtet. Jetzt gab es bei ihm noch mehr Bücher als zuvor, aber er hatte auch einige recht hübsche Landschaftsmalereien an den Wänden hängen, die auf Anhieb eine behagliche Atmosphäre schufen. Das war neu und passte so gar nicht zum Charakter des Mannes, wie Monk ihn bisher gekannt hatte. Eines der Regale zierte eine äußerst zarte, blau und weiß bemalte Vase. Sie mochte keinen hohen Geldbetrag gekostet haben, war aber wunderschön und bei aller Schlichtheit höchst anmutig.
    Runcorn stand sofort auf und trat Monk mit ausgestreckter Hand entgegen. Er war ein massiv gebauter Mann, hochgewachsen und mit dem Älterwerden um die Körpermitte etwas rundlich geworden. Er wirkte grauer, als Monk ihn in Erinnerung hatte, doch von dem inneren Zorn, der früher seinen Gesichtsausdruck verfinstert hatte, fehlte heute jede Spur. Er lächelte. Kurz und fest schüttelte er Monks Hand.
    »Setzen Sie sich«, forderte er Monk auf und wies auf den Stuhl gegenüber seinem Schreibtisch. »Culpepper hat etwas von einem Todesfall gesagt, bei dem es sich um Mord handeln könnte.«
    Monk hatte sich auf einen ganz anderen Empfang eingestellt – in einem gewissen Sinne auch auf einen anderen Mann. Fürs Erste war er aus dem Konzept gebracht. Doch wenn er jetzt zögerte, würde ihm das nicht nur zum Nachteil gereichen – was er sich bei Runcorn nicht leisten durfte –, sondern auch Zweifel an seiner Aufrichtigkeit wecken.
    »Ich bin mit einem extrem brutalen Mord an einer Frau befasst, deren Leiche vor elf Tagen auf dem Limehouse Pier entdeckt wurde«, begann er, während er sich auf dem ihm angebotenen Stuhl niederließ.
    Runcorns Miene verwandelte sich schlagartig in einen Ausdruck tiefsten Abscheus und verriet echte Anteilnahme.
    Erneut geriet Monk ins Staunen. Selten hatte er bei Runcorn solche Sensibilität erlebt. Eigentlich konnte er sich nur an ein einziges Mal erinnern, dass er vor einem Grab von tiefem Mitgefühl ergriffen worden war. Vielleicht war das der Moment gewesen, als sich in ihm erstmals wirkliche Wärme und Wertschätzung für den Mann hinter der Fassade von Aggressivität und Berechnung geregt hatten.
    »Haben Sie nicht schon jemanden verhaftet?«, fragte Runcorn leise.
    »Allerdings. Die Zeitungen haben es noch nicht mitbekommen, aber das ist nur eine Frage der Zeit.«
    Runcorn war sichtlich verwirrt. »Was hat das alles mit mir zu tun?«
    Monk holte tief Luft. »Dinah Lambourn.«
    »Was?« Runcorn schüttelte verstört den Kopf, als traute er seinen Ohren nicht.
    »Dinah Lambourn«, wiederholte Monk.
    »Was ist mit ihr?« Runcorn schien es immer noch

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