Ein Pakt mit dem Teufel: Roman (German Edition)
Rathbone spitz. »Und bei Überdosierung ist es tödlich.«
Coniston drehte sich zu ihm um. »Zenia Gadney war nicht süchtig, und sie starb auch nicht an einer Überdosis Opium, Sir Oliver! Sie wurde mit einem schweren Metallstück totgeschlagen und dann grässlich verstümmelt. Ihre Eingeweide wurden herausgerissen und …«
Pendock schlug wütend mit dem Hammer auf sein Pult. »Wir wissen, wie sie gestorben ist, Mr Coniston!«, donnerte er. »Sir Oliver! Wollen Sie unterstellen, dass Mrs Lambourn Opium einnahm und dieses entsetzliche Verbrechen damit auf irgendeine Weise entschuldigt werden kann?«
»Nein, Mylord, ich …«
»Gut!«, blaffte Pendock. »Dann fahren Sie bitte mit Ihren Fragen an Mr Monk fort, wenn Sie noch welche haben. Ansonsten unterbrechen wir den Prozess für das Mittagessen.«
»Nur noch ein paar, Mylord.« Ohne Pendocks Einverständnis abzuwarten, wandte sich Rathbone wieder an Monk. »Glauben Sie, dass Mrs Lambourns plötzliche Entscheidung, Zenia Gadney aufzusuchen, mit dem Tod ihres Mannes zu tun hatte?«
»Nicht so sehr mit seinem Tod an sich wie mit der Zerstörung seines Rufs«, erklärte Monk. »Sie konnte nicht glauben, dass er sich das Leben genommen haben soll.«
Erneut stand Coniston auf. »Mylord, Joel Lambourns tragischer Selbstmord …«
Pendock hob müde die Hand. »Ich bin mir dessen bewusst, Mr Coniston.« In scharfem Ton wandte er sich an Rathbone. »Sir Oliver, Dr. Lambourn war bereits zwei Monate tot, als Mrs Lambourn mit der Suche nach Zenia Gadney begann. Wenn sie aber schon seit fünfzehn Jahren von ihrer Existenz wusste, ergibt es doch keinen Sinn, ausgerechnet jetzt nach ihr zu suchen. Wenn sie glaubte, Mrs Gadney sei auf die eine oder andere Weise an Dr. Lambourns Selbstmord schuld gewesen, dann müssen Sie auch Beweise dafür vorlegen. Haben Sie welche?«
»Nein, Mylord, ich …«
»Dann fahren Sie bitte fort.« Das war ein Befehl.
Rathbone holte frustriert Luft. Es ging ihm gegen den Strich, gerade jetzt nachzugeben, sah das doch nach einer Kapitulation aus. So kam es sogar ihm selbst vor. Doch er wusste nichts, was er Monk jetzt noch fragen konnte. Alles, was Joel Lambourns Tod oder das Thema Opium berührte, würde garantiert zurückgewiesen werden, es sei denn, er konnte dessen Relevanz als so offensichtlich darstellen, dass seine Nichtzulassung eine Berufung begründen würde.
»Keine weiteren Fragen, danke, Mylord«, erklärte er so würdevoll, wie ihm das möglich war, und kehrte an sein Pult zurück.
Nach der Mittagspause kündigte Coniston an, sich auf die Umstände von Joel Lambourns Tod und dessen Auswirkungen auf die Witwe konzentrieren zu wollen. Rathbone wurde hellhörig. Vielleicht eröffnete ihm das ja eine Möglichkeit, das Thema wieder auf die Tagesordnung zu setzen, und zwar auf eine Weise, die es ihm erlaubte, die Selbstmordthese doch noch infrage zu stellen. Monk hatte ihm jedenfalls genügend Anhaltspunkte geliefert, die eine Debatte rechtfertigten – wenn er nur einen Fuß in den Türspalt zwängen konnte. Erforderlich wäre nichts anderes als eine wenn auch noch so geringe Fehleinschätzung seitens Conistons oder ein Irrtum eines seiner Zeugen.
Rathbone blickte sich um und überschlug rasch, wie viele Journalisten schon mit gezückter Feder dasaßen. Selbst wenn die Geschworenen vielleicht das eine oder andere überhörten, ihnen würde nicht die geringste Nuance entgehen.
Als Rathbone sich wieder zum Richter und zum Zeugenstand umdrehte, stach ihm plötzlich ein bekanntes Gesicht ins Auge. Es gehörte einem gewissen Sinden Bawtry, einem aufstrebenden Angehörigen der Regierung, der einen guten Ruf als Philanthrop hatte. Sein Vermögen hatte er sich mit der Herstellung von frei verkäuflichen Medikamenten erworben, dem im ganzen Land bekannten »Hausmittel gegen Schmerzen aller Art«.
Ohne selbst genau zu wissen, warum, vermied Rathbone den Blickkontakt. Bawtry sollte nicht merken, dass er ihn gesehen hatte, zumindest jetzt noch nicht. Dass er ein stattlicher Mann war und der Presse bestimmt auffallen würde, stand auf einem anderen Blatt. Morgen würde jede Zeitung brühwarm melden, dass er den Prozess verfolgt hatte.
Rathbone saß wie auf Kohlen. Der Fall zog weitere Kreise, als er gedacht hatte. Dass Bawtry sich für den Zusammenhang mit Lambourn interessierte, lag auf der Hand. Die Frage war nur: War er als Privatperson hier oder als Vertreter seiner Regierung?
Aufmerksam beobachtete Rathbone, wie ein ihm unbekannter
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