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Ein perfekter Freund

Ein perfekter Freund

Titel: Ein perfekter Freund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Suter
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Rock. Das Top mit Spaghettiträgern. Wie verändert sie war. Und wie schön.
    Für Marlen waren es die ersten Spaghetti mit kalter Tomatensauce. Sie war begeistert. Aber Fabio wurde das Gefühl nicht los, daß es ihr nicht schmeckte. Sie aßen früh und machten sich an die Rekonstruktion von Fabios jüngster Vergangenheit.
    »Am dreiundzwanzigsten Mai, um zehn Uhr, sahen wir uns zum ersten Mal. Du kamst zum LEMIEUX-Pressefrühstück ins Hotel Au Lac.«
    Vom Ereignis zurückgerechnet, war der 23. Mai der dreißigste Tag seiner Amnesie.
    Fabio schlug das Register dreißig seines Ringhefts auf und machte sich Notizen.
    LEMIEUX veranstaltet ein Pressefrühstück zur Einführung von BIFIB, einem mit Ballaststoffen angereicherten Bifidus-Drink. Ich nehme für den SONNTAG-MORGEN daran teil (?).
    »Wirklich, Einführungen von Konsumgütern fallen nicht in mein Ressort.«
    »Ich war auch überrascht, als du kamst.«
    »Was war deine Rolle bei diesem Anlaß?«
    »Ich schrieb das Pressedossier, verschickte die Einladungen, organisierte den Anlaß, betreute die Journalisten.«
    »Du schreibst diese Pressetexte?«
    »Ich schreibe diese dämlichen Pressetexte, richtig.«
    Marlen organisiert den Anlaß, verschickt die Einladungen und schreibt diese dämlichen Pressetexte.
    »Was braucht man dazu für eine Ausbildung?«
    »Machst du dich lustig?«
    »Nein, im Ernst. Es interessiert mich.«
    »Es ist unterschiedlich. Ich war Journalistin.«
    »Wo?«
    »Beim Oberländer Boten.«
    Marlen war ursprünglich Journalistin. Beim Oberländer Boten.
    Fabio stutzte. »Da war Lucas auch einmal.«
    »Ich weiß. Er ging, kurz nachdem ich dort mein Stage angefangen hatte.«
    »Ich hatte keine Ahnung, daß du Lucas von früher kanntest.« Marlen kannte Lucas aus dieser Zeit (!).
    »Hattet ihr noch Kontakt?«
    »Natürlich, Kontakt mit Journalisten ist mein Beruf. Ihm habe ich auch die Einladung geschickt.«
    »Du hast ihm die Einladung geschickt, und ich bin gekommen?«
    »Ich sage ja, ich war überrascht, als du kamst.«
    Sie hat Lucas die Einladung geschickt, aber ich bin gekommen.
    »Hast du eine Ahnung, weshalb?«
    »Du hattest gesagt, daß du dich für das Produkt interessierst.«
    »Für einen Milchdrink?«
    »Einen mit Weizenfasern angereicherten Bifidus-Drink. Die probiotischen Mikroorganismen im Bifidus sind gut für die Verdauung, stärken die natürlichen Abwehrkräfte, erhöhen die Aufnahmefähigkeit von Kalzium und verbessern die Schilddrüsenfunktionen, weil sie Jod enthalten. Die Weizenfasern sorgen für den Ballaststoff. Functional food nennt sich das.«
    Weil ich mich für einen Bifidus-Drink mit Weizenfasern interessierte?
    »Je mehr du mir erzählst, desto weniger verstehe ich, daß ich deswegen gekommen sein soll.«
    Marlen lächelte. »Vielleicht war es ein Vorwand.«
    »Und der wahre Grund?« Sie lächelte.
    »Du meinst du? Ich kannte dich ja gar nicht.«
    »Aber Lucas.«
    »Du meinst, Lucas hat mir von dir vorgeschwärmt, und ich nichts wie hin ans Bifidus-Pressefrühstück? Ach, Marlen, so läuft das nicht mehr, wenn man einmal die Sechzehn überschritten hat.«
    Oder weil Lucas es so arrangiert hat?
    »Jedenfalls hast du mich für denselben Abend ins République eingeladen.«
    »Und der Vorschlag kam von mir?«
    »Essen zu gehen? Selbstverständlich!«
    »Ich meine, das République?«
    »Klar.«
    Abends mit ihr ins République (!).
    »Und anschließend zu mir.« Und dann zu ihr (!).
    Das Bild, das er vom Fabio jener Tage gewann, fiel erstaunlich aus: Am nächsten Tag hatten sie sich zum Mittagessen verabredet. Im Greenhouse, einem vegetarischen Lokal in der Nähe von Marlens Arbeitsplatz. Am Abend hatte sie gekocht. Das heißt, sie hatte es vorgehabt. Es war nicht dazu gekommen. Sie waren direkt ins Bett gegangen.
    Am nächsten Tag, einem Freitag, hatten sie sich zum Kino verabredet. (Das stimmte mit einem der spärlichen Einträge in Fabios Agenda überein.) Sie mußte an diesem Abend länger arbeiten, deswegen hatten sie sich direkt vor dem Kino verabredet. Er hatte die Karten besorgt. Sie befanden sich in Marlens Agenda - unbenutzt.
    »An diesem Abend fragte ich dich, warum du nie über Nacht bleibst.«
    »Und?«
    »Am nächsten Tag hattest du eine Tasche mit ein paar Sachen dabei.«
    Das Wochenende hatten sie im Bett verbracht. Am Montag ging er früh arbeiten. Am Nachmittag schwänzte er das Fußballtraining. Sie aßen wieder im République und gingen anschließend zu ihr.
    »Und nie ein Wort über Norina?«
    »Nein,

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