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Ein perfekter Freund

Ein perfekter Freund

Titel: Ein perfekter Freund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Suter
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doch Frau Blatter, die ist jeden Tag hier.«
    Er erklärte ihm, wo der Garten von Frau Blatter lag. Der grenzte an das Gourrama.
    Frau Blatter mußte um die Siebzig sein. Sie war drahtig und gebräunt und trug einen grauen Bubikopf. »Wie geht's?« fragte sie, als sie ihm statt der erdigen Hand den Unterarm hinhielt. Sie war dabei, im Schatten eines Birnbaums Unkraut zu jäten.
    Fabio erzählte ihr seine Geschichte und stellte seine Frage.
    »Letzte oder vorletzte Woche habe ich Sie hier gesehen.«
    »Vorletzte, stimmt. Da war ich kurz hier. Und davor?«
    »Das ist länger her. Aber ob das am einundzwanzigsten Juni war, kann ich beim besten Willen nicht sagen. Warum fragen Sie nicht Lucas? Der war dabei.«
    »Sie meinen nicht letzten Sommer?«
    »Nein, nein, diesen. Ach so. Mit Lucas sind Sie wohl nicht mehr so dick befreundet?«
    »Wie kommen Sie darauf?«
    »Ich sehe ihn jetzt mit dem Mädchen, mit dem Sie früher kamen. Da plaudere ich hoffentlich nichts aus.«
    »Nein. Sind wir lange geblieben?«
    »Als ich ging, waren Sie jedenfalls noch nicht gegangen.«
    »Wann war das?«
    »Donnerstag, sagten Sie? Da gehe ich früh. Da habe ich Therapie.«
    »Was heißt früh?«
    »So gegen drei.«
    »Und da waren wir noch hier?«
    »Bestimmt.« Sie lächelte. »Ich habe Sie gehört. Sie waren im Haus und haben sich gestritten, als ich ging. Ziemlich laut.«
    »Haben Sie mitbekommen, worüber?«
    »Nein. Aber später habe ich mir meinen Reim darauf gemacht. Wenn zwei junge Männer sich streiten und ein paar Wochen später taucht der eine mit der Freundin des anderen auf, muß man nicht Miss Marple heißen, um die richtigen Schlüsse zu ziehen.«
    Als er schon am Gartentor war, rief sie ihm nach: »Wenn Sie ins Gourrama rübergehen, geben Sie doch wenigstens den Tomaten etwas Wasser. Der alte Herr Jäger ist krank, und sonst scheint sich niemand zu kümmern!«
    Der Garten sah wirklich verwahrlost und vertrocknet aus. Zwischen den welken Tomatenstauden lag ein Gartenschlauch. Fabio drehte den Wasserhahn ein wenig auf und schaute zu, wie das Rinnsal in der trockenen Erde versickerte.
    Er mußte das Datum nicht nachprüfen. Er war sicher, daß es sich um den einundzwanzigsten Juni handelte. Er war mit Lucas hier. Um drei hatten sie sich gestritten. Kurz nach vier wurde er verwirrt und mit einer Kopfverletzung von einer Streife aufgelesen. Auch da mußte man nicht Miss Marple heißen, um die richtigen Schlüsse zu ziehen!
    An einem der Holzpfeiler, auf die das Häuschen gebaut war, hing an einem rostigen Nagel der Hausschlüssel. Lucas' alter Onkel hatte sich nicht einmal die Mühe gemacht, den Nagel auf der abgewandten Seite einzuschlagen, so wenig gab es bei ihm zu holen.
    Der Raum war glühend heiß. Die Kajütenbetten waren nicht bezogen, unter den karierten Federbetten sah man die nackten Matratzen.
    Im kleinen Spülbecken befanden sich ein Glas, ein Teller, eine Gabel und ein Messer. Auf dem Holztisch stand ein Kerzenständer, daneben lag ein Streichholzbriefchen, mitten hindurch führte eine Ameisenstraße. Auf der Eckbank stapelten sich alte Zeitschriften.
    Hier mußte es passiert sein. Aber was?
    Ein Streit. Aber bestimmt nicht um Norina. Damals war er schon mit Marlen zusammen.
    Um die große Sache?
    Was hatte sie an einem Donnerstagnachmittag hierher geführt? Wollten sie in Ruhe arbeiten? Das war schon vorgekommen. Allerdings nur ein einziges Mal. Norina hatte frei und brauchte die Wohnung. Und die von Lucas war Fabio zu laut.
    Sie hatten sich also hierher zum Arbeiten zurückgezogen und, weshalb auch immer, Streit bekommen.
    Und in dessen Verlauf hatte ihm Lucas eins übergezogen. Und dann?
    Wie war er zur Endstation Wiesenhalde gekommen? War er weggerannt? Hatte ihn Lucas bewußtlos liegenlassen, und er war zu sich gekommen und umhergeirrt?
    Wie immer es sich im Detail abgespielt hatte, immer wieder lief es darauf hinaus, daß ihn Lucas niedergeschlagen und seine Geschichte geklaut haben mußte.
    Fabio schloß das Häuschen ab und hängte den Schlüssel wieder an den Nagel.
    Sobald er die Stelle hinter der Wegbiegung erreicht hatte, wo sein Handy wieder ein Signal empfing, bestellte er ein Taxi zur Endstation Wiesenhalde. Er hatte es eilig, in die Redaktion zu kommen.
    Am Empfang war eine Neue. Sie ließ ihn nicht hinauf. »Zu wem möchten Sie?« wollte sie wissen, und als er »Lucas Jäger« sagte, erwiderte sie: »Herr Jäger ist außer Haus.«
    »Wann kommt er zurück?«
    »Er hat nichts gesagt.«
    »Wohin ist er

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