Ein Pirat zum Verlieben
gewesen wäre, wäre das alles nicht passiert! Lieber Gott, sie war noch ein Kind, ein unschuldiges Mädchen, das ein Leben lang behütet und umsorgt worden war! Ja« – er ließ seine Hand durch die Luft sausen – »während der große Captain Blackwell den Freibeuter spielte« – seine Lippen verzogen sich vor Ekel – »fand seine Schwester nichts als Schande und Tod.«
Er starrte Tess eine Moment lang an. Sein Körper war steif, seine Hände waren zu Fäusten geballt, als er mit seinen quälenden Erinnerungen kämpfte. Dann drehte er sich abrupt um und ging zur Tür. Dort blieb er mit einer Hand auf dem Türgriff stehen, um über die Schulter zurückzublicken, und sah eine einzelne Träne über ihr Gesicht laufen.
»Lass mich nicht so zurück, Dane. Lass dir von mir helfen.« Die leisen Worte drangen über das Ächzen des Schiffs und das Rauschen der Wellen zu ihm.
»Nein, Mädchen. Dieses Mal ist es mein Kampf.«
18
Dane stand wie versteinert vor der Tür, der Körper starr, die Zähne fest zusammengebissen. Er schloss die Augen und legte den Kopf zurück. Ein Sturm tobte in seinem Inneren, ein Orkan, der alles mit sich riss. Er drehte sich zur Tür um, um in die Kajüte zurückzugehen, aber seine Hand sackte nach unten. Er lehnte die Stirn an das polierte Holz der Füllung. Jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt, ihre Nähe zu suchen. Er begehrte sie, wie er sie immer begehrte. Aber er hatte Angst, ihr Mitgefühl zu missbrauchen, seinen Zorn an einer Unschuldigen auszulassen. Im Geist sah er ihre Tränen vor sich, die stumme Bitte in ihren Augen, seine Last mit ihr zu teilen.
Tess würde bereitwillig an seiner Seite kämpfen. Nein, korrigierte er sich mit einem schwachen Lächeln, sie würde sich geradezu darum reißen. Er drehte sich um, rieb sich den Nacken und stieß einen schweren Seufzer aus. In diesem Moment wünschte er sich nichts mehr, als sie in die Arme zu nehmen und ihren anschmiegsamen Körper an sich zu ziehen, den Duft ihres Haars einzuatmen, die Wärme zu spüren, die sie ausstrahlte. Ach Gott, dachte er, welcher Versuchung hast du mich ausgesetzt. Dane gestand sich ein, dass ihm noch nie eine Frau so viel Kopfzerbrechen bereitet hatte. Er regte sich über ihr empörendes Benehmen, ihre scharfe Zunge und ihre absurden Behauptungen auf, aber nur ein Moment in ihren Armen, ein leichtes Berühren ihrer Haut, ihrer Lippen, und alles andere war wie ausgelöscht. Er fuhr sich mit Daumen und Zeigefinger über den Nasenrücken.
»Sir?«
Danes Kopf fuhr hoch.
»Benötigt die junge Dame noch etwas?«, fragte Duncan, sein ohnehin schon faltiges Gesicht in sorgenvolle Runzeln gezogen.
Dane warf einen kurzen Blick auf die Eimer mit dampfendem Wasser, die der Mann trug. »Fragen Sie sie lieber selbst, Duncan. Ich habe gelernt, bei der Dame nichts als selbstverständlich vorauszusetzen.«
Duncan grinste. »Aye, aye, Sir. Sie ist eine erstaunliche Person.«
»Allerdings«, pflichtete Dane ihm ohne zu zögern bei.
»Auch Captain Ramsey schien sehr beeindruckt von der jungen Dame«, bemerkte Duncan unnötigerweise.
Danes Miene verfinsterte sich. »Das war nicht zu übersehen, McPete«, knurrte er und richtete sich auf.
»Wird der Captain morgen Abend bei uns speisen, Sir?«, erkundigte sich Duncan.
»Nein, wird er nicht«, brummte Dane missmutig und stieß sich von der Tür ab. Der Kapitän der Triton hatte ihre Freundschaft heute Abend ohnehin bis an den Rand des Erträglichen strapaziert.
Duncan beobachtete grinsend, wie Dane durch den Niedergang verschwand, bevor er sich umdrehte und an die Tür klopfte. Als er von drinnen ihre Stimme hörte, stieß er die Tür auf und stellte die schweren Eimer auf den Boden. Tess saß mit dem Rücken zu ihm auf der Fensterbank.
»Kind!«, rief er leise.
»Hallo, Duncan. Was gibt’s?« Tess wischte sich die Wangen, bevor sie sich zu ihm umdrehte. »Ach, schauen Sie mich nicht so an. Er hat mir nichts getan.« Duncan atmete erleichtert auf. »Meine Güte, McPete, Sie sind ja ein richtiger Wachhund.«
Er lächelte innig. »Sie sind mir wirklich ans Herz gewachsen, Kind.«
»Ach ja, und wo waren Sie dann, als O’Keefe um mich herumscharwenzelte?«
»Ich hatte nicht den Eindruck, dass Sie in diesem Fall meine Hilfe benötigten.« Seine Lippen zuckten, als er die Stühle zurechtrückte und dann zum Bett ging.
»In der Nähe dieses Mannes braucht eine Frau eine Ritterrüstung.«
Duncan, der gerade die Bettdecke zurückschlug, blickte auf. »Sie mögen
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