Ein Pirat zum Verlieben
ihn, nicht wahr?«
Sie erwiderte sein Lächeln. »Er ist ein … ein … schwer zu sagen.«
»Hat er Ihr Herz erobert?« Duncan verharrte.
»Lieber Gott, nein!«, rief sie, und der ältere Mann schmunzelte.
»Ich wusste, Sie würden sofort merken, was für ein unverbesserlicher Charmeur er ist, M’lady.«
Charmeur, hm, dachte Tess. Im zwanzigsten Jahrhundert hätte man wohl eher von einem Playboy gesprochen.
»Er ist ziemlich leicht zu durchschauen.«
»Ja. Captain Ramsey liebt die Damen.«
Sie verdrehte die Augen. »Erzählen Sie mir etwas Neues, McPete.«
Duncan packte die Logbücher und Seekarten zusammen und verstaute sie im Schreibtisch, bevor er nach den Eimern griff und im Bad verschwand. Gleich darauf hörte sie Wasser plätschern; dann kam Duncan mit den leeren Eimern wieder heraus und fragte, ob er noch etwas für sie tun könne.
»Nein, danke. Ich weiß Ihre Aufmerksamkeit sehr zu schätzen, Duncan.«
Er lächelte warm. »Das weiß ich doch, Kind.«
Er ging zur Tür und griff gerade nach der Klinke, als sie unvermittelt sagte: »Er hat mir von Desirée erzählt und warum er hier ist.«
Duncan fuhr herum und starrte sie aus großen Augen an. »Tatsächlich?«
Sie nickte. »Haben Sie sie gekannt?«
Seine hellen Augen wurden traurig. »Ja, von klein auf an.«
»Dann gilt mein Mitgefühl auch Ihnen.«
Duncan, der immer noch nicht fassen konnte, dass Dane mit jemandem über seine Mission gesprochen hatte, nickte ernst. Er sah sie an. »Sie hätten ihr gefallen, M’lady.«
»Meinen Sie?« Tess musterte ihren Rock. »Nachdem ich ihre Kleider ruiniert habe, vielleicht auch nicht«, fügte sie hinzu, weil ihr nichts Besseres einfiel.
»Die Sachen waren nicht für Miss Blackwell bestimmt, Kind.« Tess’ Augen weiteten sich. »Der Kapitän gab sehr viel Geld aus und machte sich sehr beliebt bei der Schneiderin, denke ich, denn er kaufte ihr den halben Laden ab. Ja, es war merkwürdig, M’lady, denn er wusste genauso gut wie ich, dass die Sachen für seine Schwester zu groß gewesen wären. Sie war nicht eine Frau, wie Sie es sind, sondern in mehr als einer Hinsicht noch ein Kind, nicht nur ihrer schmächtigen Gestalt nach.« Tief in Gedanken verlagerte er das Gewicht der Eimer. Damals hatte Duncan geglaubt, der Kapitän wolle sein Gewissen beschwichtigen, weil er sich so lange nicht um Desirée gekümmert hatte, aber jetzt neigte er zu der Annahme, dass der Mann Lady Renfrews Kommen irgendwie vorausgesehen hatte.
»Aber warum hat O’Keefe das gesagt?«
»Um Öl ins Feuer zu gießen, Kind. Das tut er gern.«
»Nicht sehr nett von ihm.«
»Mag sein.« Duncan zuckte die Achseln. »Aber hat nicht aus diesem Grund der Kapitän preisgegeben, was Sie wissen wollten?«
»Ja, aber er will sich nicht von mir helfen lassen, Duncan.«
»Haben Sie Geduld, M’lady. Wenn Ihnen etwas an ihm liegt.« Er hielt den Atem an.
Tess seufzte und stand auf. »Hab’ sowieso nichts Besseres zu tun«, murmelte sie, während sie an ihren Röcken zupfte.
Er grinste und wünschte ihr eine gute Nacht. Das war eine Art Geständnis, dass Captain Blackwell ihr etwas bedeutete, dachte er glücklich, selbst wenn es ihren Worten ein wenig an Herz mangelte.
Tess wachte auf und wusste in dem Moment, als sie die Augen öffnete, dass sie nicht wieder einschlafen würde. Draußen war es noch dunkel. Sie schlang die Bettdecke um sich, glitt aus dem Bett und zündete eine Lampe an. Dann setzte sie sich auf die Fensterbank und beobachtete den Mond, der sich in der wogenden See spiegelte. Nachdenklich an ihrer Unterlippe kauend, warf sie einen Blick über die Schulter zum Schreibtisch. Nein, das kann ich nicht machen, dachte sie und sah wieder auf das Meer hinaus. Eine ganze Weile verging, ehe sie aufstand, die Decke abwarf und in ein Nachthemd aus goldenem Satin schlüpfte. Sie musste lachen, als sie feststellte, dass es sich bei den Sachen, die sie hektisch in ihre Tasche gestopft hatte, um einen Badeanzug, einen Body, ein paar T-Shirts, abgeschnittene Jeans und Spitzenunterwäsche der verwegensten Art handelte. Unter Druck bin ich lausig beim Packen, dachte sie, während sie sich streckte und ihr Bein hob, bis es parallel zu ihrem Körper war. Ich muss jeden Morgen Gymnastik machen, entschied sie und ließ sich dann in den Sessel hinter dem Schreibtisch fallen. Unschlüssig starrte sie die Schublade an und versuchte zu rechtfertigen, dass sie – wieder einmal – herumschnüffelte. Es waren die verdammten Logbücher, die
Weitere Kostenlose Bücher