Ein plötzlicher Todesfall
ständig wegen des Zustands von Terris Garten in den Ohren. Scheià auf alle, Scheià auf diese verfickten â¦
Im Laufschritt versuchte sie, die Erinnerungen abzuhängen.
Du weiÃt nicht mal, wer der Vater ist, oder, du Nutte? Ich will nix mehr mit dir zu tun haben, Terri, ich hab die Nase voll .
Das war das letzte Mal, dass sie miteinander gesprochen hatten. Nana Cath hatte sie dabei genauso genannt, wie alle anderen sie nannten, und Terri hatte dementsprechend reagiert.
Dann scheià auf dich, du blöde alte Kuh, scheià auf dich .
Sie hatte nie gesagt: »Du lässt mich im Stich, Nana Cath.« Hatte nie gefragt: »Warum behältst du mich nicht?« Nie gesagt: »Ich hab dich über alles geliebt, Nana Cath.«
Sie hoffte inständig, dass Obbo wieder da war. Er sollte heute zurück sein, heute oder morgen. Sie brauchte etwas. Unbedingt.
»Was geht, Terri?«
»Hast du Obbo gesehen?«, fragte sie den Jungen, der auf der Mauer vor dem Spirituosengeschäft rauchte und trank. Die Narben auf ihrem Rücken fühlten sich an, als stünde sie wieder in Flammen.
Er schüttelte den Kopf, kaute, sah sie anzüglich an. Sie eilte weiter. Nagende Gedanken an die Sozialarbeiterin, an Krystal, an Robbie: Noch mehr summende Fliegen, aber sie waren wie die gaffenden Nachbarinnen. Allesamt Richter, und sie begriffen nicht, wie dringend sie was brauchte.
(Nana Cath hatte sie vom Krankenhaus abgeholt und mit zu sich nach Hause genommen. Sie hatte ein ungenutztes Zimmer. Es war der sauberste, hübscheste Raum, in dem Terri jemals geschlafen hatte. An jedem der drei Abende, die sie dort verbrachte, hatte sie sich im Bett, nachdem Nana Cath ihr einen Gutenachtkuss gegeben hatte, aufgerichtet und die Nippsachen hinter sich auf dem Fensterbrett neu geordnet. Den klimpernden Strauà Glasblumen in einer Glasvase, den Briefbeschwerer aus rosa Plastik mit einer Muschel darin und Terris Lieblingsstück, ein sich aufbäumendes Keramikpferd mit einem dümmlichen Lächeln im Gesicht.
»Ich mag Pferde«, hatte sie Nana Cath erzählt.
In der Zeit, bevor Terris Mutter fortgegangen war, hatte Terris Klasse bei einem Schulausflug zur Landwirtschaftsmesse einen gigantischen schwarzen Kaltblüter gesehen. Terri brachte als Einzige den Mut auf, ihn anzufassen. Der Geruch hatte sie berauscht. Sie hatte den säulenhaften, zotteligen Lauf gestreichelt, der in dem massigen weiÃen Huf endete, hatte das lebendige Fleisch unter dem Fell gespürt, während die Lehrerin sagte: »Vorsicht, Terri, Vorsicht!« Der alte Mann mit dem Pferd hatte sie angelächelt und zu ihr gesagt, es sei ziemlich ungefährlich, Samson würde ein nettes kleines Mädchen wie sie nicht verletzen.
Das Keramikpferd hatte eine andere Farbe, gelb mit schwarzer Mähne und Schwanz.
»Kannst es haben«, sagte Nana Cath. Und Terri war in Verzückung geraten.
Am vierten Morgen aber war ihr Vater aufgetaucht.
»Du kommst mit nach Hause«, hatte er gesagt, und der Ausdruck auf seinem Gesicht hatte ihr Angst eingejagt. »Du bleibst nicht bei dieser blöden alten Petze. Nein, nein und nochmals nein, du kleine Schlampe.«
Nana Cath hatte genauso viel Angst wie Terri.
»Mikey, nein«, jammerte sie fortwährend. Ein paar Nachbarn spähten durch die Fenster. Nana Cath hielt Terri am einen Arm fest, ihr Vater am anderen.
»Du kommst mit mir nach Hause!«
Er schlug Nana Cath ein blaues Auge. Er zerrte Terri in seinen Wagen. Als er sie wieder im Haus hatte, schlug und trat er sie grün und blau.)
»Obbo gesehen?«, rief Terri aus zwanzig Metern Entfernung einer Nachbarin von Obbo zu. »Ist er wieder da?«
»Keine Ahnung«, erwiderte die Frau und wandte sich ab.
(Wenn Michael seine Tochter nicht schlug, tat er ihr das andere an, Dinge, über die sie nicht reden konnte. Nana Cath kam nicht mehr. Mit dreizehn lief Terri fort, aber nicht zu Nana Cath, denn sie wollte nicht, dass ihr Vater sie fand. Sie wurde wieder eingefangen und kam in Pflege.)
Terri hämmerte gegen Obbos Tür und wartete. Sie versuchte es noch einmal, aber niemand öffnete. Zitternd sank sie auf die Treppenstufe und fing an zu weinen.
Zwei Schulschwänzerinnen aus der Winterdown beäugten sie im Vorbeigehen.
»Das ist Krystal Weedons Mum«, sagte die eine laut.
»Die Nutte?«, kreischte die andere.
Terri brachte die Kraft nicht auf, sie zu beschimpfen, denn
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