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Ein plötzlicher Todesfall

Ein plötzlicher Todesfall

Titel: Ein plötzlicher Todesfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanne K. Rowling
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klingelte, fuhr sie derart zusammen, dass sie ihre Tasche fallen ließ.
    Â»Ja?«, schrie sie, beinahe verängstigt. Tessa am anderen Ende der Leitung war verblüfft.
    Â»Minda, ich bin’s. Alles in Ordnung mit dir?«
    Â»Ja – ja. Ich hab mich nur erschrocken, als es klingelte«, sagte Parminder und schaute auf den Küchenboden, der nun mit Schlüsseln, Papieren, Kleingeld und Tampons übersät war. »Was gibt’s?«
    Â»Eigentlich nichts«, sagte Tessa. »Wollte nur ein bisschen mit dir plaudern. Hören, wie es dir geht.«
    Die anonyme Nachricht hing wie ein Ungeheuer zwischen ihnen, das an der Telefonleitung baumelte. Während des Anrufs am Tag zuvor hatte sie Tessa kaum zu Wort kommen lassen. Parminder hatte geschrien: »Das ist eine Lüge, eine dreckige Lüge, und du kannst mir nicht weismachen, dass es nicht Howard Mollison war!«
    Tessa hatte nicht gewagt, das Thema weiterzuverfolgen.
    Â»Ich kann jetzt nicht telefonieren«, sagte Parminder. »Ich habe eine Besprechung in Yarvil. Eine Fallprüfung wegen eines kleinen Jungen, der auf der Liste der Risikofälle steht.«
    Â»Oh, klar. Tut mir leid. Später vielleicht?«
    Â»Ja«, erwiderte Parminder. »Prima. Bis dann.«
    Sie sammelte den Inhalt ihrer Tasche vom Boden auf, eilte aus dem Haus und lief vom Gartentor zurück, um nachzusehen, ob sie die Haustür richtig abgeschlossen hatte.
    Immer wieder wurde ihr unterwegs klar, dass sie sich nicht an die letzte zurückgelegte Meile erinnern konnte, und sie ermahnte sich streng, sich auf die Straße zu konzentrieren. Doch die boshaften Formulierungen des anonymen Postings kamen ihr ständig in den Sinn. Sie kannte sie bereits auswendig.
Gemeinderätin Dr. Parminder Jawanda, die vorgibt, sich so eifrig um das Wohl der Armen und Bedürftigen zu kümmern, hatte schon immer ein heimliches Motiv. Bis zu meinem Tod war sie in mich verliebt, was sie kaum zu verbergen vermochte, sobald sie mich sah, und sie stimmte auf Gemeinderatssitzungen so ab, wie ich es ihr sagte. Jetzt, da ich verstorben bin, wird sie als Gemeinderätin nutzlos sein, denn sie hat ihr Hirn verloren.
    Am Morgen zuvor hatte sie es zum ersten Mal gesehen, als sie die Website des Gemeinderats öffnete, um das Protokoll der letzten Sitzung zu lesen. Der Schock war ihr in sämtliche Glieder gefahren, und sie hatte begonnen, sehr schnell und flach zu atmen, wie in den unerträglichsten Phasen der Niederkunft, wenn sie versucht hatte, sich über den Schmerz zu erheben, sich von der quälenden Gegenwart zu lösen.
    Inzwischen würde es alle Welt wissen. Nirgendwo konnte sie sich verstecken.
    Die eigentümlichsten Gedanken kamen ihr. Zum Beispiel, was ihre Großmutter wohl gesagt hätte, wenn sie gewusst hätte, dass Parminder in einem öffentlichen Forum beschuldigt worden war, den Mann einer anderen Frau zu lieben, noch dazu einen gora . Sie sah bebe förmlich vor sich, wie sie das Gesicht mit einer Falte ihres Saris bedeckte, den Kopf schüttelte, vor und zurück wiegte, wie immer, wenn ein harter Schlag die Familie getroffen hatte.
    Â»Manche Ehemänner«, hatte Vikram am späten Abend zu ihr gesagt, wobei sein mokantes Lächeln einen eigenartigen, neuen Zug angenommen hatte, »würden vielleicht gern erfahren, ob es stimmt.«
    Â»Natürlich stimmt es nicht!«, hatte Parminder erwidert und sich die zitternde Hand vor den Mund gehalten. »Wie kannst du mich so etwas fragen? Natürlich stimmt es nicht! Du hast ihn doch gekannt! Er war mein Freund – einfach nur ein Freund!«
    Sie war bereits an der Drogenklinik Bellchapel vorbei. Wie hatte sie vorbeifahren können, ohne es zu bemerken? Sie wurde allmählich zu einer Gefahr am Steuer. Sie passte nicht auf.
    Ihr fiel der Abend vor fast zwanzig Jahren ein, an dem sie mit Vikram in ein Restaurant gegangen war, der Abend, an dem sie beschlossen hatten, zu heiraten. Sie hatte ihm von dem Wirbel berichtet, den die Familie veranstaltet hatte, weil Stephen Hoyle sie nach Hause gebracht hatte, und Vikram hatte ihr zugestimmt, dass es albern sei. Damals hatte er es verstanden. Aber wenn Howard Mollison sie beschuldigte statt ihrer engstirnigen Verwandtschaft hatte er kein Verständnis. Anscheinend war ihm nicht klar, dass goras beschränkt sein konnten, unaufrichtig und voller Bosheit.
    Sie hatte die Abzweigung verpasst. Sie musste sich

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