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Ein plötzlicher Todesfall

Ein plötzlicher Todesfall

Titel: Ein plötzlicher Todesfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanne K. Rowling
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Schuljunge, mit hochrotem Kopf. Er fragte sich, ob der eloquente alte Mann wohl der Absender des anonymen Briefes war. Miles’ bequemer Glaube an seine sympathische Erscheinung war erschüttert, und er versuchte immer wieder, sich vorzustellen, wie es sich anfühlen würde, wenn am nächsten Tag niemand für ihn stimmte.
    Als er sich an dem Abend auszog, um ins Bett zu gehen, betrachtete er das Gesicht seiner schweigenden Frau im Spiegel ihrer Frisierkommode. Seit Tagen hatte Samantha nur noch sarkastisch reagiert, wenn er die Wahl erwähnte. Er hätte an diesem Abend Unterstützung gebrauchen können, ein wenig Trost. Außerdem war er scharf. Das letzte Mal war eine Weile her. Rückblickend vermutete er, dass es am Abend vor Barry Fairbrothers Tod gewesen war. Sie hatte einen Schwips gehabt. Neuerdings war oft ein bisschen Alkohol vonnöten.
    Â»Wie lief es im Laden?«, fragte er. Miles sah im Spiegel, wie sie ihren BH öffnete.
    Samantha antwortete ihm nicht sofort. Sie rieb über die roten Rillen unter ihren Armen, die der enge BH hinterlassen hatte, und sagte dann, ohne Miles dabei anzuschauen: »Darüber wollte ich mit dir reden.«
    Es war ihr zuwider, das sagen zu müssen. Seit einigen Wochen versuchte sie schon, es zu umgehen.
    Â»Roy meint, ich solle den Laden dichtmachen. Er läuft nicht mehr gut.«
    Wie schlecht es in Wirklichkeit um ihr Geschäft stand, würde Miles erschüttern. Für sie war es ein Schock gewesen, als ihr Steuerberater ihr die Lage schonungslos dargelegt hatte. Sie hatte es gewusst und nicht wahrhaben wollen. Merkwürdig, wie das Gehirn etwas wissen konnte, was das Herz partout nicht annehmen wollte.
    Â»Oh«, sagte Miles. »Aber ihr behaltet den Online-Verkauf?«
    Â»Die Website bleibt«, erwiderte sie.
    Â»Tja, das ist gut«, sagte Miles aufmunternd. Er wartete fast eine Minute, um dem Ableben ihres Ladens den gebührenden Respekt zu zollen. Dann sagte er: »Ich nehme an, du hast die Gazette heute nicht gesehen?«
    Sie griff nach dem Nachthemd auf ihrem Kissen, und er erhaschte einen guten Blick auf ihre Brüste. Sex würde ihm auf jeden Fall helfen, sich zu entspannen.
    Â»Ist echt eine Schande, Sam«, sagte er. Miles kroch hinter ihr über das Bett und wollte die Arme um sie schlingen, wenn sie sich das Nachthemd überzog. »Das mit dem Laden. Der war wirklich schnuckelig. Und du hast ihn wie lange geführt – zehn Jahre?«
    Â»Zwölf«, sagte Samantha.
    Sie wusste, worauf er aus war. Sie überlegte, ob sie ihn auffordern sollte, sich selbst einen runterzuholen und dann im Gästezimmer zu verschwinden. Das Problem war nur, das hätte einen Streit und schlechte Stimmung zur Folge, und sie wollte doch unbedingt in zwei Tagen mit Libby nach London aufbrechen, die T-Shirts tragen, die sie für sich und ihre Tochter gekauft hatte, und einen ganzen Abend in unmittelbarer Nähe von Jake und seinen Bandmitgliedern verbringen. Dieser Ausflug war für Samantha im Moment das höchste Glück auf Erden. Mehr noch, Sex könnte Miles’ anhaltende Verärgerung darüber mildern, dass sie Howards Geburtstagsfeier verpasste.
    Daher ließ sie sich von ihm umarmen und küssen. Sie schloss die Augen, legte sich auf ihn und stellte sich vor, wie sie als Neunzehnjährige an einem verlassenen weißen Sandstrand rittlings auf dem einundzwanzigjährigen Jake saß. Ihren Orgasmus hatte sie bei der Vorstellung, wie Miles sie aus einem Tretboot wütend durch einen Feldstecher beobachtete.
    X
    Um neun Uhr am Morgen der Wahl für Barrys Sitz im Gemeinderat verließ Parminder das alte Pfarrhaus und ging die Church Row entlang zum Haus der Walls. Sie klopfte an die Tür und wartete, bis Colin schließlich aufmachte.
    Seine geröteten Augen hatten dunkle Ränder, seine Wangen waren eingefallen, seine Haut schien dünner, seine Kleidung zu groß geworden. Er hatte seine Arbeit noch nicht wieder aufgenommen.
    Die Nachricht, dass Parminder vertrauliche medizinische Informationen über Howard lauthals der Öffentlichkeit preisgegeben hatte, war ein Rückschlag für seine zögernde Genesung gewesen, als hätte es den robusteren Colin, der vor ein paar Abenden auf dem Lederpolster gesessen und sich nach außen hin siegessicher gegeben hatte, nie gegeben.
    Â»Ist alles in Ordnung?«, fragte er argwöhnisch, als er die Tür hinter ihr

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