Ein plötzlicher Todesfall
abgegeben?«
»Welche Stimme?«
»Na, die für die Gemeinderatswahl!«
»Nein«, antwortete er. »Ist mir völlig wurscht.«
Er wusste nicht genau, ob sie es gehört hatte. Sie sprach wieder, und erst als sie sich mit Messern und Gabeln zum Tisch umgedreht hatte, konnte er sie deutlich verstehen.
»Total widerlich, dass die Gemeinde mit Aubrey Fawley gemeinsame Sache macht. Ich rechne damit, dass Bellchapel geschlossen wird, wenn Miles gewählt wird.«
Sie goss die Kartoffeln ab, und erneut versank ihre Stimme kurz im Klappern und Scheppern des Topfes.
»Wenn diese dumme Frau bloà nicht ausgerastet wäre, hätten wir vielleicht bessere Chancen. Ich habe ihr Unmengen von Material über die Klinik beschafft, und ich glaube nicht, dass sie etwas davon verwendet hat. Sie hat Howard Mollison nur angeschrien, dass er zu fett ist.«
Gavin hatte Gerüchte über Dr. Jawandas öffentlichen Ausbruch vernommen. Er hatte es amüsant gefunden.
»Diese ganze Ungewissheit ist für alle, die in der Klinik arbeiten, furchtbar, erst recht für die Patienten.«
Doch Gavin brachte weder Mitleid noch Empörung auf. Er war lediglich bestürzt darüber, wie genau Kay die Komplexität und die in dieses abseitige Lokalthema verwickelten Persönlichkeiten offenbar verstand. Ein weiterer Hinweis darauf, dass sie in Pagford immer tiefere Wurzeln schlug. Sie jetzt loszuwerden würde einigen Aufwand bedeuten.
Er wandte den Kopf ab und schaute aus dem Fenster in den überwucherten Garten. Er hatte angeboten, Fergus am Wochenende in Marys Garten zu helfen. Wenn er Glück hatte, dachte er, würde Mary ihn wieder zum Essen einladen, und wenn ja, dann würde er Howard Mollisons Geburtstagsfeier sausenlassen, obwohl Miles anscheinend glaubte, dass Gavin sich unbändig darauf freute.
»Ich wollte die Weedons behalten, aber nein, Gillian hat gesagt, wir können uns nicht die Rosinen herauspicken. Würdest du das als Rosinenpickerei bezeichnen?«
»Entschuldige, wie bitte?«, fragte Gavin.
»Mattie ist wieder da«, sagte sie, und er musste erst mühsam im Gedächtnis kramen, bevor ihm einfiel, dass es eine Kollegin von Kay war, deren Fälle sie vertretungsweise übernommen hatte. »Ich hätte die Weedons gern behalten, weil man manchmal ein besonderes Gefühl für eine Familie entwickelt, aber Gillian hat es nicht zugelassen.«
»Du musst die Einzige auf der Welt sein, die je mit den Weedons weiterarbeiten wollte«, sagte Gavin. »Jedenfalls nach allem, was ich gehört habe.«
Kay musste fast ihre gesamte Willenskraft aufbieten, um ihn nicht anzuschnauzen. Sie zog die Lachsfilets, die sie gebraten hatte, aus dem Ofen. Gaias Musik war so laut, dass Kays Backblech vibrierte, das sie auf das Kochfeld donnerte.
»Gaia!«, brüllte sie, und Gavin zuckte zusammen, als sie an ihm vorbei zum Fuà der Treppe ging. »GAIA! Mach leiser! Das ist mein voller Ernst! MACH LEISER!«
Die Lautstärke nahm vielleicht um ein Dezibel ab. Wutschnaubend kam Kay zurück in die Küche. Der Streit, den sie mit Gaia ausgetragen hatte, bevor Gavin kam, war einer ihrer schlimmsten gewesen. Gaia hatte verkündet, sie werde ihren Vater fragen, ob sie zu ihm ziehen könne.
»Na, dann viel Glück dabei!«, hatte Kay geschrien.
Aber vielleicht wäre Brendan ja einverstanden. Er hatte sie verlassen, als Gaia erst einen Monat alt war. Brendan war inzwischen verheiratet und hatte drei weitere Kinder. Er hatte ein groÃes Haus und einen guten Job. Und wenn er nun ja sagte?
Gavin war froh, dass er beim Essen nicht reden musste. Die hämmernde Musik füllte das Schweigen, und er konnte in Ruhe an Mary denken. Am nächsten Tag würde er ihr sagen, dass die Versicherungsgesellschaft versöhnliche Töne von sich gab, und ihre Dankbarkeit und Bewunderung dafür ernten.
Er hatte seinen Teller fast geleert, als ihm auffiel, dass Kay keinen Bissen zu sich genommen hatte. Sie starrte ihn über den Tisch hinweg an, und ihr Gesichtsausdruck versetzte ihn in Alarmbereitschaft. Vielleicht hatte er irgendwie seine Gedanken preisgegeben.
Gaias Musik über ihnen verstummte abrupt. Gavin empfand die pochende Stille als furchteinflöÃend; er wünschte, Gaia würde noch etwas auflegen, und zwar schnell.
»Du versuchst es nicht einmal«, sagte Kay unglücklich. »Du tust nicht einmal so, als
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