Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein plötzlicher Todesfall

Ein plötzlicher Todesfall

Titel: Ein plötzlicher Todesfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanne K. Rowling
Vom Netzwerk:
seiner Frau verabredet hatte, damit sie gemeinsam zum Gemeindesaal gehen konnten.
    Samantha hatte den Morgen zu Hause verbracht und ihrer Verkäuferin die Verantwortung für den Laden überlassen. Sie wusste, dass sie es nicht mehr länger hinausschieben konnte, Carly über die Pleite in Kenntnis zu setzen und ihr zu sagen, dass sie keinen Job mehr hatte, brachte es aber vor dem Wochenende und dem Konzert in London nicht über sich. Als Miles auftauchte und sie sein aufgeregtes Lächeln sah, überkam sie rasende Wut.
    Â»Kommt Dad nicht mit?« waren seine ersten Worte.
    Â»Die gehen erst nach Ladenschluss«, antwortete Samantha.
    Zwei alte Damen waren in den Wahlkabinen, als sie mit Miles dort eintraf. Samantha wartete, betrachtete die stahlgrauen Dauerwellen an den Hinterköpfen, die dicken Mäntel und die noch dickeren Fußgelenke. So würde auch sie eines Tages aussehen. Die gebeugtere der beiden alten Frauen bemerkte Miles, als sie gingen. Sie strahlte und sagte: »Ich habe Ihnen gerade meine Stimme gegeben!«
    Â»Gut, vielen Dank!«, erwiderte Miles begeistert.
    Samantha betrat die Wahlkabine und starrte auf die beiden Namen – Miles Mollison und Colin Wall –, den Bleistift, der am Ende einer Schnur hing, in der Hand. Dann kritzelte sie »Ich hasse das verdammte Pagford« quer über das Papier, faltete es zusammen, ging zur Wahlurne und warf es in den Schlitz, ohne eine Miene zu verziehen.
    Â»Danke, Liebes«, sagte Miles leise und tätschelte ihr den Rücken.
    Tessa Wall, die noch nie im Leben eine Wahl ausgelassen hatte, fuhr auf dem Heimweg von der Schule am Gemeindesaal vorbei, ohne anzuhalten. Ruth und Simon Price verbrachten den Tag damit, sich ernster denn je über die Möglichkeit zu unterhalten, nach Reading zu ziehen. Ruth warf ihre Wahlbenachrichtigungen fort, als sie den Küchentisch für das Abendessen abräumte.
    Gavin hatte nie die Absicht gehabt zu wählen. Wäre es um Barry gegangen, hätte er es getan, aber er hatte nicht den Wunsch, Miles dabei zu helfen, ein weiteres Lebensziel zu erreichen. Um halb sechs packte er seine Aktentasche, gereizt und deprimiert, denn schließlich waren ihm keine Ausreden mehr eingefallen, um nicht bei Kay zu Abend essen zu müssen. Das war besonders lästig, weil es hoffnungsvolle Anzeichen gab, dass die Versicherungsgesellschaft sich zu Marys Gunsten entscheiden würde, und er hätte nichts lieber getan, als bei ihr vorbeizugehen, um es ihr zu sagen. Er musste die Neuigkeit bis zum nächsten Tag aufsparen; er wollte sie nicht am Telefon verschwenden.
    Als Kay ihm die Tür öffnete, begann sie sofort wie ein Schnellfeuer auf ihn einzureden, was für gewöhnlich hieß, dass sie schlecht gelaunt war.
    Â»Entschuldige bitte, hab einen scheußlichen Tag hinter mir«, sagte sie, obwohl er sich nicht beklagt hatte. Sie hatten sich kaum begrüßt. »Ich war spät hier und wollte mit dem Essen schon weiter sein. Komm mit durch.«
    Von oben ertönte das beständige Dröhnen von Trommeln und lauten Bässen. Gavin wunderte sich, dass die Nachbarn sich nicht beschwerten. Kay sah, wie er zur Decke hinaufschaute, und sagte: »Gaia ist wütend, weil so ein Junge in Hackney, den sie mochte, inzwischen etwas mit einem anderen Mädchen angefangen hat.«
    Sie griff nach dem Weinglas, aus dem sie bereits getrunken hatte, und nahm einen tiefen Schluck. Ihr Gewissen plagte sie, weil sie Marco de Luca »so ein Junge« genannt hatte. In den Wochen bevor sie London verlassen hatten, war er praktisch bei ihnen eingezogen. Kay hatte ihn charmant gefunden, aufmerksam und hilfreich. Sie hätte gern einen Sohn wie Marco gehabt.
    Â»Sie wird es überleben«, sagte Kay, verdrängte die Erinnerungen und wandte sich wieder den kochenden Kartoffeln zu. »Sie ist sechzehn. In dem Alter ist man flexibel. Nimm dir Wein.«
    Gavin setzte sich an den Tisch und wünschte, Kay würde dafür sorgen, dass Gaia die Musik leiser stellte. Sie musste ihn förmlich anschreien, um den vibrierenden Bass, die klappernden Deckel der Kochtöpfe und die lärmende Dunstabzugshaube zu übertönen. Erneut sehnte er sich nach der melancholischen Ruhe in Marys großer Küche, nach Marys Dank, ihrer Bedürftigkeit.
    Â»Was?«, fragte er laut, denn er sah Kay an, dass sie ihn gerade etwas gefragt hatte.
    Â»Hast du deine Stimme

Weitere Kostenlose Bücher