Ein plötzlicher Todesfall
würde es dich interessieren, Gavin.«
Er probierte es mit dem Weg des geringsten Widerstands.
»Ich hab einen langen Tag hinter mir, Kay«, sagte er. »Tut mir leid, wenn ich in der Lokalpolitik nicht auf dem Laufenden bin, sobald ich â¦Â«
»Mir geht es nicht um Lokalpolitik«, erwiderte sie. »Du sitzt da und machst den Eindruck, als wärst du lieber woanders, und das ist â beleidigend. Was willst du, Gavin?«
Er sah Marys Küche und ihr reizendes Gesicht vor sich.
»Ich muss betteln, um dich zu sehen«, sagte Kay. »Und wenn du dann hier vorbeikommst, könntest du kaum deutlicher zeigen, dass du nicht hier sein willst.«
Sie wollte, dass er ihr widersprach. Der letzte Augenblick, an dem ein Abstreiten gezählt hätte, verstrich. Sie glitten rasant auf die Krise zu, die Gavin herbeisehnte und zugleich fürchtete.
»Sag mir, was du willst«, forderte sie ihn schwach auf. »Sag es einfach.«
Beide spürten, wie ihre Beziehung unter dem Gewicht all dessen, was Gavin nicht sagen wollte, zermalmt wurde. In dem Gefühl, sie beide aus ihrem Unglück herauszuholen, griff er nach Worten, die er nicht laut hatte aussprechen wollen, vielleicht niemals, mit denen sie beide jedoch in gewisser Weise entschuldigt waren.
»Ich wollte nicht, dass es so kommt«, sagte Gavin ernst. »Wirklich nicht. Tut mir leid, Kay, aber ich glaube, ich habe mich in Mary Fairbrother verliebt.«
Er sah ihr an, dass sie darauf nicht vorbereitet war.
»Mary Fairbrother?«, wiederholte sie.
»Ich glaube«, sagte er (obwohl er wusste, dass er Kay verletzte, bereitete es ihm bittersüÃe Freude, darüber zu sprechen, denn er hatte es sonst niemandem sagen können), »dass es schon seit langer Zeit so ist. Ich habe es nie zur Kenntnis genommen. Ich meine, als Barry noch lebte, habe ich nie â¦Â«
»War er nicht dein bester Freund?«, flüsterte Kay.
»Das war er.«
»Er ist doch erst seit ein paar Wochen tot!«
Das hörte Gavin nicht gern.
»Verstehst du«, sagte er, »ich versuche, ehrlich zu sein. Fair dir gegenüber.«
»Du versuchst, fair zu sein?«
Er hatte sich immer vorgestellt, dass es in einem Wutausbruch enden würde, aber sie sah ihm einfach mit Tränen in den Augen zu, wie er den Mantel anzog.
»Tut mir leid«, sagte er und ging zum letzten Mal aus ihrem Haus.
DrauÃen auf dem Bürgersteig machte sich Euphorie in ihm breit, und er eilte zu seinem Wagen. Immerhin würde er Mary das mit der Versicherungsgesellschaft schon heute Abend sagen können.
TEIL FÃNF
Billigkeit
7.32     Jemand, der eine verleumderische ÃuÃerung getan hat, kann besondere Umstände dafür geltend machen, wenn er nachweisen kann, dass es ohne Vorsatz und in Ausübung seines Amtes geschehen ist.
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Charles Arnold-Baker Gemeindeordnung
Siebte Auflage
I
Terri Weedon war es gewohnt, von Menschen verlassen zu werden. Der erste war ihre Mutter gewesen, die sich nie verabschiedet hatte, sondern eines Tages einfach nur mit einem Koffer aus dem Haus ging, während Terri in der Schule war.
Nachdem sie mit vierzehn weggelaufen war, hatte es jede Menge Sozialarbeiter und Jugendhelfer gegeben, und einige waren durchaus nett gewesen, aber alle waren nach getaner Arbeit gegangen. Jedes Mal hatte sich eine neue, dünne Schicht auf die Kruste gelegt, die sich um ihr Innerstes gebildet hatte.
Als Pflegekind hatte sie Freunde gehabt, aber mit sechzehn waren sie alle auf sich gestellt, und das Leben hatte sie in alle Winde zerstreut. Sie lernte Ritchie Adams kennen und bekam zwei Kinder von ihm. Winzig kleine Dinger, rein und schön wie sonst nichts auf der Welt. Sie waren aus ihr herausgekommen, und zwei Mal war es ihr in den strahlenden Stunden im Krankenhaus vorgekommen wie ihre eigene Wiedergeburt.
Dann nahm man ihr die Kinder weg, und sie sah sie nie wieder.
Banger hatte sie verlassen. Nana Cath hatte sie verlassen. Fast alle gingen, kaum jemand blieb. Es sollte ihr inzwischen nichts mehr ausmachen.
Als Mattie, ihre reguläre Sozialarbeiterin, wiederauftauchte, wollte Terri von ihr wissen: »Wo ist denn die andere?«
»Kay? Die hat mich nur vertreten, während ich krank war«, sagte Mattie. »Und, wo ist Liam? Ãh, Robbie, meine ich.«
Terri mochte Mattie nicht. Sie hatte keine Kinder, und wie konnten Menschen, die selbst keine Kinder hatten, einem sagen,
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