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Ein plötzlicher Todesfall

Ein plötzlicher Todesfall

Titel: Ein plötzlicher Todesfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanne K. Rowling
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hysterisch, als sie in ihrer Schultasche ein von Barry unterschriebenes Formular fand.
    Die dreiundzwanzigjährige Reporterin von der Yarvil and District Gazette hatte keine Ahnung, dass Barrys einst so reges Gehirn jetzt nur noch eine Handvoll schwammigen Gewebes in einer Nierenschale im Kreiskrankenhaus South West war. Sie las sich durch, was er ihr eine Stunde vor seinem Tod gemailt hatte, und rief dann seine Handynummer an, doch niemand meldete sich. Barrys Handy, das er auf Marys Wunsch hin abgestellt hatte, bevor sie zum Golfclub aufgebrochen waren, lag stumm neben der Mikrowelle in der Küche, zusammen mit seinen anderen persönlichen Dingen, die das Krankenhaus ihr ausgehändigt hatte. Niemand hatte die Sachen angefasst. Diese vertrauten Gegenstände – sein Schlüsselbund, sein Handy, sein abgeschabter alter Geldbeutel – wirkten wie Teile des Toten, sie hätten seine Finger sein können, seine Lungenflügel.
    Die Nachricht von Barrys Tod verbreitete sich immer weiter, ging wie ein Strahlenkranz von jenen aus, die im Krankenhaus gewesen waren. Weiter und weiter, bis sie Yarvil und jene erreichte, die Barry nur vom Sehen, vom Hörensagen oder dem Namen nach gekannt hatten. Allmählich verloren die Fakten Form und Fokus, wurden in manchen Fällen verzerrt. Manchmal ging Barry fast hinter der Art seines Sterbens verloren und wurde zu nicht mehr als einer Eruption aus Kotze und Pisse, eine zuckende Katastrophe, und es schien unpassend, geradezu grotesk komisch, dass ein Mann so schlampig vor dem schmucken kleinen Golfclub sterben konnte.
    Und so kam es, dass Simon Price, der in seinem Haus oben auf dem Hügel mit Blick über ganz Pagford als einer der Ersten von Barrys Tod erfahren hatte, in der Druckerei Harcourt-Walsh, in der er seit seinem Schulabgang arbeitete, eine ganz eigene Version der Geschichte hörte. Er hörte sie von einem jungen, Kaugummi kauenden Gabelstaplerfahrer, den Simon missmutig an seiner Bürotür vorfand, als er am späten Nachmittag von der Toilette kam.
    Der Junge war eigentlich nicht gekommen, um über Barry zu reden.
    Â»Das Ding, das Sie haben wollten«, hatte er genuschelt, als er Simon ins Büro gefolgt war und Simon die Tür geschlossen hatte. »Ich kann’s Ihnen Mittwoch liefern, wenn Sie’s immer noch wollen.«
    Â»Ach?«, sagte Simon und setzte sich an seinen Schreibtisch. »Ich dachte, es sei schon da?«
    Â»Ist es auch, kann’s aber erst Mittwoch abholen.«
    Â»Wie viel wolltest du noch mal?«
    Â»Achtzig, auf die Kralle.«
    Der Junge kaute heftig, Simon hörte das Schmatzen. Kaugummi kauen gehörte zu Simons liebsten Hassobjekten.
    Â»Ist aber ein Echter, oder?«, wollte Simon wissen. »Nicht irgendein billiger Scheißdreck.«
    Â»Kommt direkt vom Lager«, sagte der Junge, seine Füße und Schultern waren ständig in Bewegung. »Original, noch in der Verpackung.«
    Â»Na gut«, sagte Simon. »Bring ihn am Mittwoch mit.«
    Â»Was, hierher?« Der Junge verdrehte die Augen. »Nee, nicht in die Arbeit, Mann. Wo wohnen Sie?«
    Â»Pagford«, sagte Simon.
    Â»Wo da?«
    Simons Abneigung, seine Adresse zu nennen, grenzte an Aberglauben. Er hatte nicht nur etwas gegen Besuch – Eindringlinge in seine Privatsphäre und mögliche Plünderer seines Eigentums –, sondern betrachtete Hilltop House als unversehrt, makellos, es gehörte zu einer völlig anderen Welt als Yarvil und die laute, dröhnende Druckerei.
    Â»Ich hol ihn nach der Arbeit ab«, sagte Simon, ohne auf die Frage einzugehen. »Wo hast du ihn abgestellt?«
    Dem Jungen gefiel das nicht. Simon funkelte ihn an.
    Â»Also, ich brauch das Geld vorab«, hielt der Gabelstaplerfahrer ihn hin.
    Â»Du kriegst das Geld, wenn ich die Ware habe.«
    Â»So läuft das nicht, Mann.«
    Simon hatte das Gefühl, Kopfschmerzen zu bekommen. Er wurde die schreckliche Vorstellung nicht los, ausgelöst von seiner gedankenlosen Frau, dass im Kopf eines Mannes eine winzige Bombe ticken konnte, seit Ewigkeiten unentdeckt. Das ständige Geratter und Rumpeln der Druckmaschinen war bestimmt nicht gut für ihn, das unablässige Hämmern könnte seine Gefäßwände seit Jahren angegriffen haben.
    Â»Na gut«, murrte er und rutschte auf dem Stuhl zur Seite, um an den Geldbeutel in der Gesäßtasche zu kommen. Mit ausgestreckter Hand trat der Junge an

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