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Ein plötzlicher Todesfall

Ein plötzlicher Todesfall

Titel: Ein plötzlicher Todesfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanne K. Rowling
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man die Nadel so flach wie möglich einführen musste. Sie wusste, weil sie es viele Male gehört hatte, dass Anfänger nicht so viel aushielten wie Abhängige, und das war gut so, denn sie wollte sich nicht daran halten.
    Robbie war tot, und es war ihre Schuld. In dem Versuch, ihn zu retten, hatte sie ihn umgebracht. Bilder flackerten ihr durch den Kopf, während ihre Finger daran arbeiteten, das auszuführen, was getan werden musste. Mr Fairbrother, der in seinem Trainingsanzug am Ufer des Kanals entlanglief, während die Mannschaft ruderte. Nana Caths Gesicht, aus dem Schmerz und Liebe sprach. Robbie, der am Fenster seines Pflegeheims auf sie wartete, unnatürlich sauber, und vor Aufregung auf und ab hüpfte, als sie näher kam.
    Sie hörte, wie der Polizist durch den Briefkastenschlitz rief, sie solle doch keine Dummheiten machen, und wie die Polizistin versuchte, Terri und Cheryl zu besänftigen.
    Die Nadel glitt leicht in Krystals Vene. Sie drückte fest auf den Kolben, voller Hoffnung und ohne Reue.
    Als Kay und Gaia eintrafen und die Polizei beschloss, gewaltsam ins Haus einzudringen, hatte Krystal Weedon ihr letztes Ziel erreicht: Sie hatte sich mit ihrem Bruder vereint, und niemand konnte sie mehr trennen.

TEIL SIEBEN
    Armenhilfe
    13.5     Spenden für die Armen … sind gemeinnützig, und eine Spende für die Armen ist auch dann gemeinnützig, wenn sie zufällig den Reichen zugutekommt …
    Â 
    Charles Arnold-Baker Gemeindeordnung
Siebte Auflage

 
    Fast drei Wochen nachdem das verschlafene Pagford durch Sirenengeheul aufgeschreckt worden war, stand Shirley Mollison an einem sonnigen Aprilmorgen allein in ihrem Schlafzimmer und schaute mit zusammengekniffenen Augen in den Spiegel am Kleiderschrank. Sie legte noch letzte Hand an ihr Kleid, bevor sie ihre inzwischen tägliche Fahrt ins Kreiskrankenhaus South West antrat. Den Gürtel konnte sie um ein Loch enger schnallen als vor vierzehn Tagen, ihr silbergraues Haar brauchte einen neuen Schnitt, und ihre Grimasse im blendenden Sonnenlicht hätte auch ein Ausdruck ihrer Stimmung sein können.
    Shirley war ein Jahr lang durch die Stationen des Krankenhauses gewandert, hatte den Bücherwagen auf und ab geschoben, Klemmbretter und Blumen getragen, und nicht ein Mal war ihr in den Sinn gekommen, dass sie eines Tages eine dieser armen, zusammengesunkenen Frauen sein könnte, die neben einem Bett saßen, deren Leben gescheitert war, deren Männer geschlagen und schwach waren. Howard hatte sich nicht so schnell erholt wie sieben Jahre zuvor. Er hing noch immer an piepsenden Maschinen, war in sich gekehrt und matt, hatte eine scheußliche Hautfarbe und nörgelte über seine Abhängigkeit. Manchmal gab sie vor, die Toilette benutzen zu müssen, um seinem elenden Blick zu entkommen.
    Wenn Miles sie ins Krankenhaus begleitete, konnte sie es ihm überlassen, mit Howard zu sprechen, und das machte er auch, wobei er unverändert über Neuigkeiten aus Pagford monologisierte. Ihr ging es so viel besser – sie fühlte sich sichtbarer und beschützter –, wenn sie mit dem hochgewachsenen Miles neben sich durch die Korridore ging. Er plauderte freundlich mit den Schwestern, reichte ihr beim Ein- und Aussteigen hilfreich die Hand und erneuerte in ihr das Gefühl, ein kostbares Geschöpf zu sein, das es wert war, umsorgt und beschützt zu werden. Doch Miles konnte nicht jeden Tag kommen, und Shirley ärgerte sich gründlich darüber, dass er nach wie vor Samantha darum bat, sie zu begleiten. Das war ganz und gar nicht dasselbe, obwohl Samantha zu den Wenigen gehörte, die ein Lächeln auf Howards purpurrotes, geistesabwesendes Gesicht zaubern konnten.
    Auch schien niemandem aufzufallen, wie grauenvoll die Stille zu Hause war. Als die Ärzte der Familie mitgeteilt hatten, die Erholung werde Monate in Anspruch nehmen, hatte Shirley gehofft, Miles würde sie bitten, ins Gästezimmer des großen Hauses in der Church Row zu ziehen, oder er würde hin und wieder im Bungalow übernachten. Aber nein: Sie war allein gelassen worden, ganz allein, bis auf schmerzhafte drei Tage, an denen sie für Pat und Melly die Gastgeberin gespielt hatte.
    Ich hätte es niemals getan , versicherte sie sich automatisch in den stillen Nächten, in denen sie nicht schlafen konnte. Ich hatte es eigentlich nie vor. Ich war nur außer mir. Ich hätte es

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