Ein Pony mit Herz
Augenblick nicht. Zwar konnte sie nicht ganz einsehen, warum man sie hierher gebracht hatte, aber sie vertraute darauf, daß ihr Freund Zottel ihr bald folgen würde. Denn dieser Stall war groß, hell und luftig, viel schöner, als der kleine, in dem sie seine Box geteilt hatte. Wenn die Zweibeiner sie deshalb
umquartiert hatten, würden sie es mit dem Rotweißgescheckten sicher auch bald tun.
Doch der hatte erst einmal Dienst. Noch am Abend, bald nach ihrer Ankunft ließ sich Lena eine Reitstunde bei Bille geben. Zottel übernachtete wie so oft im Reitclub Wedenbruck, wo Lena ihn nach dem Abendessen noch einmal besuchen konnte. Zum Essen hatten Lenas Eltern auch Bille eingeladen, sie fuhren in eines der Nachbardörfer hinüber, wo es ein gemütliches kleines Lokal gab, in dem man Bille nicht kannte, und wo ihnen niemand begegnen würde, der sie auf Zottels Abenteuer ansprechen konnte.
Am nächsten Morgen nach dem Frühstück holte Bille Lena hoch zu Roß in Wedenbruck ab. Sie hatte sich aus dem Schulstall die Rappstute Darling ausgeliehen, die wegen einer Schulterverletzung nur leicht im Gelände geritten werden durfte und mit dem Schuldienst noch einige Wochen aussetzen mußte. Lena durfte Bille auf Zottel begleiten und bis zum Mittag in Groß-Willmsdorf bleiben. Für den Nachmittag war ein Kinobesuch in Neukirchen geplant, mit Simon, Florian, Nico, Bettina und Tom. Ein Besuch in der Pizzeria sollte den Tag beenden. Dann hatten sie den größten Teil des Wochenendes schon gefahrlos hinter sich gebracht.
Lena genoß es, neben Bille die Allee entlang zu traben. Es war ein klarer Wintertag, der Himmel von einem zarten Hellblau, und auf den Bäumen glitzerte eine feine Reifschicht.
„Ich bin so froh“, sagte Lena leise. „Was glaubst du, wie ich das Reiten vermißt habe! Ich kann es wirklich kaum erwarten, endlich ins Reiter-Internat zu kommen und jeden Tag mit euch zusammenzusein.“
„Kann ich gut verstehen“, gab Bille zur Antwort. „Ich könnte mir ein Leben in der Stadt, ohne Pferde, ohne den täglichen Ritt ins Gelände überhaupt nicht vorstellen. So, da wären wir. Willst du mit Zottel in der Reithalle auf mich warten? Ich sattele nur schnell Black Arrow, dann gebe ich dir die Reitstunde heute vom Pferd aus. Oder willst du dich erst mal ein bißchen ausruhen? Simon und Tom werden dir helfen, sie sind schon in der Halle.“
Bille begleitete das gelähmte Mädchen bis zum Eingang der Groß- Willmsdorfer Reithalle und öffnete ihr die Tür. Sie zwinkerte Simon und Tom mahnend zu, sich nur ja nicht zu verplappern. Doch auf die beiden war Verlaß, das wußte Bille. Bei den Mitgliedern des Zottel-Fanclubs war sie sich da weniger sicher, bei denen mußte man aufpassen. Am besten, sie ließ die Kleinen ganz aus dem Spiel.
Bille brachte Darling in den Schulstall hinüber und beeilte sich, Black Arrow zu satteln. Sie hätte sich keine Sorgen zu machen brauchen. Simon und Tom hatten sich für Lena etwas ganz Besonderes ausgedacht. Nach dem Motto Angriff ist die beste Verteidigung hatte Tom die Idee gehabt, Lena sofort mit einem besonderen Vorschlag in ihren Bann zu ziehen, der ihnen für längere Zeit Gesprächsstoff und Beschäftigung bieten würde. Simon war begeistert.
„Wir müssen etwas mit dir besprechen, Lena“, empfing Tom das Mädchen geheimnisvoll. „Etwas, das eine Überraschung für Bille und für deine Eltern sein soll.“
„Eine Überraschung für Bille? Super! Soll es ein Weihnachtsgeschenk sein?“ fragte Lena aufgeregt.
„Nun ja, nicht direkt. Oder doch ... Komm, laß uns im Schritt durch die Bahn reiten, dann können wir alles besprechen“, schlug Simon vor. „Es war Toms Idee. Los, Tom, erzähl Lena, was du dir ausgedacht hast!“
Simon und Tom nahmen Lena und Zottel in die Mitte und ließen ihre Pferde ruhig am langen Zügel gehen.
„Also, du hast ja sicher gehört“, begann Tom, „daß es im Reiter-Internat jedes Jahr zum Beginn der Weihnachtsferien eine große Vorführung gibt. Manchmal in Form einer Feier in der Aula, mit einem Theaterstück oder so ’ne Art Nummernkabarett mit viel Musik und witzigen Gedichten über Lehrer und Schüler. Aber meistens machen sie eine große Reitershow in der Halle. Wir haben uns überlegt, es wäre doch toll, wenn du in diesem Jahr dort als Überraschung auftreten könntest!“
„Das würde auch deinen Eltern den letzten Zweifel nehmen, ob du im Internat gut aufgehoben bist“, fügte Simon hinzu.
„Gute Idee!“ sagte Lena
Weitere Kostenlose Bücher