Ein Prinz wie aus 1001 Nacht
wundern Sie sich darüber, dass ich Sie hierher bestellt habe.“
„Ja“, sagte sie schlicht, dabei war es ihr momentan völlig egal, warum Shahir sie sehen wollte.
Er wollte sie sehen. Punkt.
Und dieses Gefühl war so wundervoll, dass es keinen Raum für etwas anderes ließ. Durfte sie denn nicht wenigstens für ein paar Sekunden träumen und einfach seine berauschende Gegenwart genießen?
„Ich weiß, dass Sie mit Bruno Judd gesprochen haben.“ Der raue Ton in seiner Stimme ließ Kirsten überrascht aufhorchen. „Und wie ich erfahren habe, war es nicht das erste Mal, dass er Sie belästigt hat. Deshalb bin ich etwas besorgt.“
Er sorgte sich um sie? Das war es also! Rasch schlug Kirsten die Augen nieder, damit er nicht ihre Enttäuschung in ihnen lesen konnte. So viel zu ihrem vorübergehenden Wahn, sich für unwiderstehlich zu halten.
„Er will unbedingt Fotos von mir machen“, platzte Kirsten heraus, um von ihrer Niedergeschlagenheit abzulenken. „Er denkt, ich hätte das Potenzial zum Model.“
„Hmm. Ich werde jedenfalls dafür sorgen, dass Mr. Judd Sie nicht noch einmal belästigt“, informierte Shahir sie sachlich.
Kirsten fühlte sich schon durch ihre falschen Hoffnungen und Mutmaßungen ernüchtert, sodass diese etwas selbstherrliche Eröffnung sie völlig auf dem falschen Fuß erwischte. Was für ein Recht hatte Shahir anzunehmen, dass sie keinerlei Interesse an Bruno Judds Angebot hatte? Sie mochte vielleicht gezwungen sein, die Tyrannei ihres Vaters zu ertragen, aber Kirsten sah keinen Grund, sich auch noch von anderer Seite vorschreiben zu lassen, was sie tun oder nicht tun sollte.
„Aber Mr. Judd belästigt mich nicht“, sagte sie steif. „Außerdem könnte ich ihn absolut selbst in die Schranken weisen, wenn ich es wollte.“
„Selbstverständlich wollen Sie das.“ Shahirs Überzeugung, dass er den größeren Weitblick besaß und besser als sie selbst wusste, was sie wollte, schien ihm ebenso natürlich vorzukommen wie das Atmen. „Sie sind einfach nicht erfahren genug, um sich in der Modewelt zurechtzufinden. Es ist ein hartes, korruptes Metier, in dem sehr junge Mädchen bevorzugt werden. Sollten Sie nicht den erwarteten Erfolg haben, wäre Judd der Erste, der Sie einfach fallen ließe. Er mag ein guter Fotograf sein, aber menschliche Qualitäten sucht man bei ihm vergebens.“
Kirsten warf den Kopf in den Nacken und schoss Shahir einen flammenden Blick zu. Ihre Augen glitzerten wie kostbare Smaragde. „Ich kann sehr gut auf mich selbst aufpassen!“
Shahirs Blick war plötzlich ausgesprochen frostig. „Erheben Sie bitte nicht Ihre Stimme in meiner Gegenwart. Ich dulde keine Impertinenz.“
Kirsten senkte die Wimpern über die Augen und fühlte sich wie ein dummes, gescholtenes Kind. Ihr ansonsten ausgeglichenes Temperament ließ sie völlig im Stich. Sie war verärgert, frustriert, fühlte sich hilflos und haderte mit der ganzen Welt. Die Erkenntnis, dass sie ihre Meinung nicht frei heraus sagen konnte, schnürte ihr die Kehle zu und machte sie nur noch wütender.
„Ich will Sie doch nur davor beschützen, ausgenutzt zu werden“, erklärte Shahir kühl. Der teilnahmslose Ton in seiner Stimme verletzte Kirsten nur noch mehr.
„Vielleicht bin ich viel stärker und klüger, als Sie annehmen“, murmelte sie heiser. „Und vielleicht will ich einfach meine Chance wahrnehmen, ein Model zu werden.“
„Das ist natürlich ganz allein Ihre Entscheidung“, kam es noch kälter zurück. Ohne noch einmal den Blick zu heben, ging Kirsten zur Tür hinüber, die Shahir ihr aufhielt, und verließ den Raum.
Was ein Sieg hatte sein sollen, fühlte sich für Kirsten an wie die schmerzlichste Niederlage ihres Lebens. Trotzdem hielt sie ihren Kopf hoch und beschloss zum wiederholten Mal, Prinz Shahir endgültig aus ihren Gedanken zu verbannen.
Beim Verlassen des Schlosses schaute sie noch einmal schnell in ihr Brieffach und fand darin eine Illustrierte. Es war eine brandneue Ausgabe des Magazins, das sie auf dem Hügel durchgeblättert hatte, als Shahir plötzlich auftauchte. Kirsten wusste nicht warum, aber plötzlich war sie davon überzeugt, dass dieses anonyme Geschenk von ihm kam. Und augenblicklich sah sie ihre gerade stattgefundene Auseinandersetzung in einem völlig anderen Licht.
Shahir machte sich wohl tatsächlich Sorgen um sie. Sicher, die Art und Weise, wie er ihre Entscheidungen ziemlich selbstherrlich vorwegnahm, mochte ihr nicht passen, aber seine Absichten
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