Ein Prinz wie aus dem Maerchen
der Frau gewidmet ist."
Faye
traute ihren Ohren kaum. "Wirklich?"
"Unsere
Frauen waren nie verschleiert. Berberinnen verhüllen ihr Gesicht
nicht. Der Harem ist eine ausländische Erfindung und wurde in
Jumar erst durch meinen Urgroßvater eingeführt, dessen
Leidenschaft für das schöne Geschlecht legendär ist."
"Oh."
"Mein
Vater kannte keinen anderen Lebensstil, bis er meiner Mutter Rasmira
begegnete." Tariq lehnte sich entspannt zurück. "Sie
war die Tochter eines libanesischen Diplomaten, sehr gebildet und
weltgewandt. Sie weigerte sich, meinen Vater zu heiraten, bevor der
königliche Harem aufgelöst und geschlossen wurde. Es war
eine lange und stürmische Werbung."
"Er
muss sie sehr geliebt haben", meinte sie.
"Sie
war eine außergewöhnliche Frau, und mein Vater hat klug
gewählt, denn sie hatte großen Einfluss auf unsere Kultur.
Sie hat Mädchenschulen eingerichtet, ist Auto gefahren und hatte
einen Pilotenschein. Ihrem Einfluss verdanken wir, dass unsere
Gesellschaft liberaler und gerechter geworden ist."
Faye
war fasziniert. "Wann ist deine Mutter gestorben?"
Ein
Schatten huschte über sein Gesicht. "Vor zehn Jahren. Sie
wurde von einer seltenen Giftschlange gebissen und bekam das falsche
Gegenmittel. Als der Irrtum entdeckt wurde, war es zu spät, um
sie zu retten. Mein Vater hat vor Kummer fast den Verstand verloren."
"Wie
schrecklich", flüsterte sie mitfühlend.
"Komm
her … Du bist zu weit weg." Tariq beugte sich vor und zog
sie in seine Arme.
Gleich
darauf fand sie sich zwischen seinen Schenkeln wieder, den Rücken
an seine Brust gepresst und den Kopf an seine Schulter gelehnt. "Wie
viele Geschwister hast du?" fragte sie, um den Gesprächsfaden
nicht abreißen zu lassen.
"Nur
Rafi."
"Aber
…" Sie biss sich auf die Lippe. Der intime Körperkontakt
brachte sie aus der Fassung. "Dein Vater … und all die
Konkubinen …?"
"Als
Teenager erkrankte mein Vater an Mumps. Er glaubte, er sei
zeugungsunfähig. Meine Geburt wurde als eine Art Wunder
betrachtet, und Rafi kam nur durch künstliche Befruchtung und
den eisernen Willen meiner Stiefmutter zur Welt."
"Trotzdem
ist Rafi dein Bruder. Wenn du ihn anschaust, solltest du an deinen
Vater denken und nicht an deine Stiefmutter, die offenbar keine
besonders nette Person war."
Tariq
stieß ein bitteres Lachen aus. "Leider gilt Rafi in ganz
Jumar als ähnlich grausam."
"Weshalb
denn? Er ist doch noch so jung!"
"Der
schlechte Ruf seiner Mutter haftet ihm an. Sie war ziemlich
unbeliebt." Er seufzte und begann, die festen Knospen zu
liebkosen.
Während
Faye ein prickelnder Schauer durchrann und sie verzückt die
Augen schloss, fuhr er fort: "Sollte mir in der nächsten
Zukunft etwas passieren, wird mein Volk Rafi möglicherweise
nicht als Nachfolger akzeptieren. Aus diesem und anderen Gründen
muss ich bald eine zweite Frau nehmen und einen eigenen Sohn zeugen."
Es
dauerte einen Moment, bis sie die Tragweite seiner Worte begriffen
hatte. Wilder Schmerz durchzuckte sie. Eine zweite Frau? Hieß
dies, dass ihre Hochzeit vor einem Jahr echt gewesen war? Aber was
bedeutete das jetzt, da Tariq die Ehe längst beendet hatte?
"Eine
zweite Frau?" wiederholte sie, nachdem ihre Neugier über
den Stolz gesiegt hatte.
"Ich
habe genug vom Wasser – aber nicht genug von dir",
erklärte er mit verführerisch rauer Stimme, erhob sich aus
dem Becken und nahm sie auf die Arme.
Wie
betäubt von dem Gedanken, Tariq könnte eine andere Frau
heiraten, ließ sie sich in ein flauschiges Badelaken hüllen.
Es irritierte sie maßlos, dass er nach Belieben das Thema und
die Stimmung wechselte, nachdem er ihr beiläufig seine Ehepläne
mitgeteilt hatte.
"Eine
zweite Frau?" begann sie erneut und verstummte, als sie in seine
leuchtenden Augen blickte und er das Handtuch fallen ließ.
"Ich
will dich schon wieder", flüsterte er. "Aber das war
vorauszusehen, nachdem ich so lange mit keiner Frau mehr zusammen
war."
"So
lange?"
Tariq
schien das für eine recht dumme Frage zu halten, denn er zog sie
stirnrunzelnd an sich. "Ich habe das ganze letzte Jahr wegen der
tragischen Todesfälle in meiner Familie getrauert."
Sein
Vater, seine Stiefmutter, dachte sie. Öffentliche Trauer, um die
Verstorbenen zu ehren? Was wusste sie schon davon? Dennoch
respektierte sie seine Selbstbeherrschung. Oder vermittelte ihr nur
das Wissen, dass es seit ihrer ersten Begegnung keine andere Frau für
ihn gegeben hatte, das ersehnte Gefühl, nicht irgendeine Frau in
der langen Reihe seiner
Weitere Kostenlose Bücher