Ein Prinz wie aus dem Maerchen
Sein
bewundernder Blick trieb Faye die Röte in die Wangen. "Ich
habe die halbe Nacht damit verbracht, mit anzuhören, wie zwei
alte Männer über Weiderechte stritten, die keiner von ihnen
wirklich braucht. Aber wie es scheint, hat es sich gelohnt, denn nun
bin ich früher bei dir, als ich gehofft hatte."
"Meine
Schuhe …" Sie konnte den Blick kaum von ihm wenden.
Obwohl sie sich geschworen hatte, eiskalt zu bleiben, wurde sie den
Eindruck nicht los, dass Tariq der hinreißendste Mann auf Erden
war.
"Vergiss
die Schuhe – auch wenn du ohne sie ziemlich klein bist."
Er hob sie hoch und legte sich ihre Arme um die Schultern. "Halt
dich fest."
"Nein",
entgegnete sie trotzig.
"Bitte
…"
"Du
verschwendest nur deine Zeit."
Er
zog sie fester an sich und presste den Mund auf ihren Hals.
Seufzend
warf sie den Kopf zurück, während prickelnde Schauer sie
durchrannen.
"Wirklich?"
Tariq ging zu einer Steinbank unter einem Baum und setzte sich.
Lächelnd sah er Faye an. "Ich will meine Zeit mit dir
verbringen."
"Ich
schätze, dafür wurde ich engagiert", meinte sie
scheinbar mürrisch und bemühte sich, nicht an seine
verführerische Nähe zu denken.
"Was
heißt das?"
"Ich
bin deine Geliebte. Da lässt es sich nicht vermeiden, dass man
Zeit miteinander verbringt."
Er
atmete tief durch. "Ich habe über das nachgedacht, was du
neulich Nacht gesagt hast. Es wäre möglich, dass ich dich
in gewissen Dingen falsch beurteilt habe."
"Dass
Percy mit deiner halben Million durchgebrannt ist, geschieht dir
recht. Du hast den Scheck offenbar auf ihn ausgestellt."
"Natürlich.
Ich glaubte, du würdest noch bei ihm wohnen und er sich um
deinen Lebensunterhalt kümmern."
"Percy
hat sich in seinem ganzen Leben nicht um mich gekümmert und auch
fast nie bei uns gewohnt, abgesehen von wenigen Wochenenden. Er hat
sich nicht einmal um meine Mutter gesorgt, sondern Leute dafür
bezahlt."
"Das
entspricht nicht dem Bild von einer glücklichen Familie, das du
mir damals beschrieben hast."
"Richtig",
bestätigte sie reumütig. "Wer zerrt schon gern die
schmutzige Familienwäsche in die Öffentlichkeit? Du musst
zugeben, dass Percy ein beachtlicher Schandfleck ist. Meinst du, ich
hätte nicht gemerkt, dass du ihm aus dem Weg gegangen bist?
Meinst du, mir wäre nicht aufgefallen, wie mein Stiefvater die
Menschen beleidigt?"
"Warum
hat deine Mutter diesen unangenehmen Zeitgenossen überhaupt
geheiratet?"
"Falls
sie es je bedauert hat, hat sie es nicht gezeigt." Faye seufzte.
"Ich muss fairerweise zugeben, dass er in meiner Gegenwart nie
ein unfreundliches Wort zu ihr gesagt hat, aber irgendwie wurden wir
während dieser Ehe immer ärmer, obwohl meine Mutter eine
recht wohlhabende Witwe war."
"Adrian
erwähnte einmal, dass euer Vater einige unglückliche
Investitionen getätigt hatte. Vielleicht ist euer Stiefvater gar
nicht verantwortlich für den Verlust des Familienvermögens."
"Warum
hat Adrian mir nie etwas davon erzählt?" fragte sie
gekränkt.
"Auch
ich habe meine Pflichten dir gegenüber vernachlässigt."
"Unsinn.
Was mich betrifft, so war ich nie deine Frau. Eigentlich will ich
darüber auch nicht mehr nachdenken." Sie löste sich
aus seinen Armen und stand auf. Leider hatte sie vergessen, dass sie
keine Schuhe anhatte, und prompt bohrten sich ihr die spitzen Kiesel
in die Fußsohlen. Sie sank auf die Bank zurück. "Das
tut weh!"
"Eine
Prinzessin muss mehr Würde zeigen", erklärte er und
lächelte viel sagend.
"Hoffentlich
findest du eine. Bist du ein Gentleman und holst meine Schuhe?"
Zu
ihrem Erstaunen nahm er ihre Hände und küsste sie
leidenschaftlich. Dann erst stand er auf, sammelte ihre Schuhe ein
und kam zurück. "Wie Aschenputtel." Sein schwarzes
Haar glänzte im Sonnenlicht, als er vor ihr niederkniete und ihr
die Sandaletten über die Füße streifte.
"Nein,
sie bekam den Märchenprinzen, während ich den Froschkönig
habe."
Lachend
führte Tariq sie den Hang hinunter zum Palast.
"Du
bist nur in den Garten gekommen, um mich reinzuholen, oder?"
"So
ungefähr. Und jetzt bringe ich dich in mein Schlafzimmer, wo ich
dich so schnell wie möglich ausziehen werde, um dich dann
stürmisch zu lieben", räumte er ungerührt ein.
"Die
Pflicht ruft", stichelte Faye und konnte sich dennoch nicht des
wachsenden Verlangens nach ihm erwehren. Eigentlich war es pure
Heuchelei, dass sie sich über ihr Dasein als Mätresse
beklagte, zumal sie selbst völlig verrückt nach ihm war.
Er
sah sie verwundert an. "Du hast
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