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Ein Profi. Stories vom verschütteten Leben

Ein Profi. Stories vom verschütteten Leben

Titel: Ein Profi. Stories vom verschütteten Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Bukowski
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abgestandener Luft drin. Ich nahm mich zusammen und saugte an der Brustwarze, während sie den Bolzen in die Hand nahm und sich weit zurückbeugte. So fielen wir zusammen auf das billige Bett, mit unseren Bademänteln an, und so nahm ich sie.
3
    Er hieß Lou. Er war ein ehemaliger Sträfling und hatte früher mal im Bergbau gearbeitet. Er wohnte unten im Erdgeschoß. In seinem letzten Job hatte er in einer Süßwarenfabrik die Kessel ausgeschabt. Den Job hatte er wie alle vorherigen wegen seiner Trinkerei verloren. Die Arbeitslosenunterstützung läuft aus, und da sitzen wir dann wie Ratten – Ratten, die kein Loch mehr finden, in das sie sich verkriechen können; Ratten mit einer letzten Mahnung vom Vermieter, mit knurrenden Mägen, mit harten Schwänzen, mit abgeschlafften Lebensgeistern, und keinen Schulabschluß gemacht, und keinen Beruf gelernt. Tough shit, wie man so schön sagt, das ist Amerika. Wir wollten nicht viel, und nicht mal das konnten wir kriegen. Tough shit.
    Ich lernte Lou auf einer Party kennen. Leute kamen und gingen. Die Parties fanden immer in meinem Zimmer statt. Alle kamen sie zu mir. Es gab einen Indianer namens Dick, der klaute Viertelliterflaschen im Laden und hortete sie in seiner Kommode. Sagte, das gebe ihm ein Gefühl von Sicherheit. Wenn wir nirgends mehr einen Drink kriegen konnten, war der Indianer immer unsere letzte Rettung.
    Ladendiebstahl war nicht meine Stärke, aber ich lernte einen Trick von Alabam, einem dürren schnurrbärtigen Dieb, der einmal als Krankenträger in einem Hospital gearbeitet hatte. Man schmeißt sein Fleisch und die anderen teuren Sachen in eine große Papiertüte und deckt das ganze mit Kartoffeln ab – der Kaufmann wiegt das, und man bezahlt für eine Tüte voll Kartoffeln. Doch am besten war ich, wenn es darum ging, bei Dick anschreiben zu lassen. Es gab eine Menge Dicks in dieser Gegend, und auch der Mann im Schnapsladen hieß Dick. Wenn wir dasaßen und das letzte Glas leer war, eröffnete ich die Partie immer damit, daß ich zunächst mal einen losschickte. »Ich heiße Hank«, sagte ich zu dem Betreffenden. »Sag Dick, er soll dir für Hank einen halben Liter geben und anschreiben, und wenn etwas unklar ist, soll er mich anrufen.«
    »Okay, okay«, und der Typ zog also los. Wir warteten, schmeckten im Geist schon den Sprit auf der Zunge, rauchten, liefen auf und ab, wurden langsam kirre. Dann kam der Typ zurück. »Dick hat gesagt ›nein!‹. Dick hat gesagt, du hast keinen Kredit mehr!«
    »SHIT!« brüllte ich dann jedesmal.
    Ich erhob mich zu voller Größe, mit roten Augen, Stoppeln im Gesicht und einer Wut im Bauch: »GOTTVERDAMMTE SCHEISSE! DIESES AAS!«
    Ich war wirklich wütend, es war eine aufrichtige Wut, ich weiß nicht, woher sie kam. Ich knallte die Tür hinter mir zu, fuhr mit dem Fahrstuhl nach unten und lief diesen Hügel runter … das dreckige Aas, dieses dreckige Aas! … und dann bog ich in den Schnapsladen ein.
    »All right, Dick.«
    »Hallo, Hank.«
    »Ich will ZWEI FLASCHEN!« (Und ich nannte ihm eine sehr teure Marke.) »Zwei Schachteln Zigaretten, ein paar von diesen Zigarren da, und, warte mal … ah ja: so eine Dose Erdnüsse da.«
    Dick stellte das Zeug vor mich hin, und dann stand er da und sah mich an.
    »Na, was ist: zahlst du?«
    »Dick, ich möchte, daß du mir das mit auf die Rechnung setzt.«
    »Du schuldest mir bereits $ 23.50. Du hast sonst immer bezahlt, du hast mir jede Woche ein bißchen was bezahlt, ich weiß noch, es war immer Freitag abends. Jetzt hast du mir schon seit drei Wochen nichts mehr bezahlt. Du bist nicht so wie diese anderen Penner. Du hast Klasse. Ich hab Vertrauen zu dir. Kannst du mir nicht ab und zu wenigstens einen Dollar bezahlen?«
    »Schau her, Dick, ich hab keine Lust, mit dir rumzustreiten. Tust du mir jetzt dieses Zeug da in eine Tüte oder willst du es WIEDERHABEN?«
    Ich schob ihm die Flaschen und den anderen Kram hin und wartete und paffte an meiner Zigarette, als gehörte mir die ganze Welt. Ich hatte nicht mehr Klasse als ein Grashüpfer. Ich hatte nichts als nackte Angst, daß er das einzig Vernünftige tun würde: das Zeug zurück aufs Regal stellen und mir sagen, ich solle mich zum Teufel scheren. Doch er machte immer nur ein langes Gesicht und packte mir alles in eine Tüte, und dann wartete ich, bis er meine Rechnung auf den neuesten Stand gebracht hatte. Er sagte mir, wieviel; ich nickte und ging raus. Die Drinks schmeckten danach immer besonders gut. Und wenn ich mit dem

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