Ein Regenschirm furr diesen Tag
wird sie mich nicht verstehen, weil sie weinen muß und alle Kräfte sie verlassen haben. Ein Psychiater wird von starken desintegrativen Ich-Störungen reden, von einer depressiven Irritation mit psychotischer Symptomatik, von einem wahnhaften paranoiden Verfolgungserleben. Sätze dieser Art stehen immer in den Zeitungen, wenn jemand nach gewissen Vorfällen nicht mehr weiter weiß und eingeliefert wird. Lisa wird sich diese Sätze anhören und noch mehr weinen. Margot läßt von mir ab und kniet sich vornüber auf die Couch. Mit den Händen taste ich nach ihrem Geschlecht und fühle, daß es trocken ist. Ich befeuchte Zeigefinger und Mittelfinger mit Spucke und verreibe sie zärtlich auf den Schamlippen. Dasselbe noch einmal mit Ringfinger und kleinem Finger. Vorsichtig und langsam schiebe ich Margot den Schlot in den Unterleib. Mit beiden Händen packe ich ihren kleinen Kinderhintern und ziehe ihn fest an mich heran. Margot stößt ein paar Tierlaute aus, die ich gerne höre. Zum Glück gelingt es mir, den Verkehr zu dehnen, indem ich meine Bewegungen so gleichmäßig wie möglich mache. Zum ersten Mal überlege ich flüchtig, ob ich mich mit Margot nicht auch außerhalb des Friseur-Salons verabreden könnte. Plötzlich ängstige ich mich davor, ich werde mich bald dafür schämen, einmal gesund gewesen zu sein. Kurz darauf geht mir ein Teil dieser Gesundheit schon verloren. Ein paar Sekunden später zeichnet sich ab, daß ich vermutlich keinen Orgasmus haben werde. Offenbar verhält es sich mit Margot ähnlich. Ruhelos stützt sie sich mal auf die Hände, dann wieder auf die Ellenbogen. Sie ist noch immer nach vorne gebeugt, aber plötzlich dreht sie ihr Gesicht nach hinten und schaut mich an. Ich nehme den Blick als Erlaubnis zum Abbruch des Beischlafs. Ich löse mich von Margot, sie erhebt sich und bringt ein paar Augenblicke schöner Hilflosigkeit zustande. Durch den Abbruch des Beischlafs ist mir Margot noch näher als zuvor. Sie macht keinerlei Aufhebens von unserem Mißgeschick. Ich kann nicht ausdrücken, daß ich ihr dankbar bin. Wie seltsam ist das Menschliche! Wenn wir normal sein könnten, wäre das Fremde oft das Menschliche, aber wir können nur selten normal sein. Diesen Satz möchte ich Margot gerne sagen, aber leider fühle ich mich schuldig und schweige. Der Abbruch des Beischlafs ist jetzt so etwas wie eine von Margot ermöglichte Ersparnis von Trauer. Mit der Freude, die durch diese Ersparnis frei wird, schauen wir uns an. Es ist, als hätten wir schon viele schwierige Vereinbarungen erfunden und durchgehalten. Margot ist mit Anziehen schneller fertig als ich. Ich wage nicht, in halbbekleidetem Zustand in den Salon hinauszugehen und nach meiner Brille zu suchen. Margot richtet das Zimmer wieder so her, wie es zuvor ausgesehen hat. Bisher habe ich Margot nie Geld gegeben. Aber heute drängt es mich, etwas Geld hierzulassen. Es soll nicht so aussehen, als wollte ich sie bezahlen. Es ist so, daß mir Margots Leben plötzlich leid tut. Auch sie ist nicht gerechtfertigt, ich fühle es. Ich habe das Bedürfnis, mit ihr über das nicht genehmigte Leben zu sprechen. In ihren hastigen Bewegungen erkenne ich die Blamage, zu oft zum Leben nur gezwungen zu sein. Zugleich fürchte ich, daß ich einem Gespräch über das nicht genehmigte Leben im Augenblick nicht gewachsen wäre. Ich hätte wie als Kind wieder das Gefühl, daß ich von fast allem, was sich ereignet, immer nur den Anfang verstehe. Nach dem verstandenen Anfang würde ich vielleicht fliehen, weil ich mich zu sehr daran erinnern würde, wie sehr mich die Kompliziertheit allen Lebens immer geängstigt hat. Ich merke, daß Margot den Laden wieder öffnen möchte. Die Katze kommt in den hinteren Raum und schaut mir dabei zu, wie ich mir die Schuhe anziehe. Jetzt springt sie auf die Couch, auf der Margot aufgekniet war. Meine Brille liegt noch immer auf dem Rand des mittleren Waschbeckens. Im Becken nebenan entdecke ich ein einzelnes dunkles Haar. Es schlängelt sich über das Porzellan bis an den oberen Rand des Beckens. Aus dem Aufsetzen der Brille und dem Herausziehen der Brieftasche wird eine zusammenhängende Bewegung. Ich lege hundertfünfzig Mark auf die Theke und halte Margot mit einer Geste davon ab, mir Wechselgeld zurückzugeben. Margot leistet keinen Widerstand. Wenig später öffnet sie die Tür. Mit den Lippen streife ich Margots Gesicht und verschwinde.
Draußen, auf der Straße, fällt mir ein Mann mit zu weitem Hemdkragen auf. Ich
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