Ein reines Gewissen
den Rest des Satzes und brachte stattdessen einen lang gezogenen, knurrenden Laut heraus.
»Melde ich mich freiwillig zur Vernehmung?«, fragte Fox seinen Chef ganz ruhig.
»Torphichen hat bereits um das Vergnügen Ihrer Gesellschaft nachgesucht.« »Wann wollen sie mich sehen?« »Sobald wir hier fertig sind«, antwortete McEwan. Fox starrte ihn an. »Also?«
»Also, Sie sind Idioten, alle beide. Niemand greift ohne guten Grund auf den NPC zu.«
»Wir hatten einen guten Grund«, beharrte Kaye.
»Sie hatten einen guten persönlichen Grund, Tony, das ist etwas völlig anderes.«
»Er war in einen Fall von häuslicher Gewalt verwickelt«, fuhr Kaye unverdrossen fort. »Wir wollten wissen, ob es vielleicht nicht das erste Mal war.«
»Reden Sie sich das nur weiter ein«, äußerte McEwan müde lächelnd.
»Sir?«, unterbrach Fox mit fragendem Blick. »Nur zu«, lautete Bob McEwans Antwort.
»Geht es meiner Schwester gut?«
»Wollen Sie sie sehen?«, fragte Giles. Er hatte dasselbe an wie am Abend zuvor, allerdings mit Krawatte. Sein Hals war für den Hemdkragen zu dick und der oberste Knopf offen, wie man unter dem lockeren Krawattenknoten sehen konnte.
»Wo ist sie?«
»Sie ist nicht weit weg.« Sie befanden sich in einem der Vernehmungszimmer am Torphichen Place. Das Gebäude hatte etwas von dem Polizeirevier in Precinct 13 an sich: Es war leicht heruntergekommen und umgeben von Verfall und aufgerissenen Straßen. Westlich von Princes Street und Lothian Road gab es für Touristen nicht mehr viel zu sehen. Das Einbahnstraßensystem lenkte Busse,Taxis und Lastwagen um das Gebäude herum, aber für Fußgänger war es hier denkbar unangenehm. Im Inneren hing der übliche Geruch von Moder und Verzweiflung. Der Vernehmungsraum wies Kampfspuren auf: zerkratzte Wände, einen angeschlagenen Tisch, Graffiti auf der Innenseite der Tür. Sie hatten Fox ziemlich lang im Empfangsbereich warten lassen, sodass Uniformierte wie Beamte in Zivil Gelegenheit gehabt hatten, ihm im Vorbeigehen böse Blicke zuzuwerfen. Als er Giles schließlich den Flur hinunter zum Vernehmungszimmer gefolgt war, hatte man ihn durch offene Bürotüren ausgezischt und mit Flüchen belegt. »Geht es ihr gut?«, bohrte Fox weiter.
Giles blickte ihm zum ersten Mal, seit sie den Vernehmungsraum betreten hatten, in die Augen. »Wir haben noch nicht mit dem Waterboarding begonnen, wenn es das ist, was Sie wissen wollen. Tee, Kekse und eine Beamtin zur Gesellschaft, das war der Stand, als ich zuletzt reingeschaut habe.« Die Ellbogen auf den Tisch gestützt, beugte Giles sich vor. »Es ist ein übles Geschäft«, konstatierte er. Fox nickte nur. »Wann haben Sie Faulkner zuletzt gesehen?«
»Vor Weihnachten, im November vielleicht.«
»Sie hatten nicht viel Zeit für ihn?«
»Nein.«
»Kann ich Ihnen nicht verdenken. Sie wussten aber, dass er regelmäßig Ihre Schwester verdrosch?« Fox starrte ihn an, ohne zu antworten. »Wenn das jemand aus meiner Sippe gewesen wäre, ich hätte dem Scheißkerl ganz gehörig die Meinung gegeigt.«
»Ich hatte mit ihr darüber gesprochen. Sie sagte mir, das mit ihrem Arm sei ein Unfall gewesen.«
»Das haben Sie ihr doch nie im Leben geglaubt.« Giles lehnte sich zurück und vergrub die Hände in den Taschen seines Jacketts. »Wie kommt es dann, dass Sie ihn nicht zur Rede gestellt haben?«
»Ich hatte keine Gelegenheit dazu.«
»Oder Sie waren einfach feige ...« Giles ließ die Anschuldigung zwischen ihnen in der Luft hängen. Als Fox sich ihr nicht stellte, bleckte er die Zähne. »Sie hat sich am Samstag den Arm gebrochen, stimmt's?«
»Sagt sie jedenfalls.«
»Wann haben Sie davon erfahren?«
Aus dem Flur drang Lärm herein. Ein junger Mann, der sich auf dem Weg zu oder von seiner Zelle nicht eben kooperativ zeigte, wie es schien.
»Das wird Mollison sein«, erklärte Giles. »Der kleine Wichser ist eine Verbrechensserie mit zwei Beinen dran. Sobald ich hier fertig bin, werde ich ihn mir vorknöpfen.«
»Hat er etwas zu tun mit... ?«
Giles schüttelte den Kopf. »Mollison bricht vielleicht in Häuser oder Autos ein, aber dass er einen zu Tode prügelt, ist unwahrscheinlich. Zu einem solchen Angriff braucht es Wut. Die Art von Wut, die aus Frust entsteht.«
»Ich hatte Faulkner seit vor Weihnachten nicht mehr gesehen.«
»Wussten Sie es da schon?«
»Ob ich was wusste?«
»Dass er einer war, der seine Frau schlägt.« »Jude war nicht seine Frau.«
»Trotzdem, wussten Sie es?« Giles'
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