Ein reines Gewissen
reingelassen?«, brüllte DCI Billy Giles. Er stand in der Küche, in der einen Hand eine Teetasse und in der anderen die noch verbliebene Hälfte eines Marsriegels.
»Wo ist meine Schwester?«
»Bei der Nachbarin nebenan«, erklärte Giles, den Mund voll mit Schokoriegel. Fox war weit genug in den Raum gekommen, um durchs hintere Fenster hinaussehen zu können. Im Garten waren Polizisten emsig mit Schaufeln und Spitzhacken am Werk. An manchen Stellen gruben sie, an anderen hoben sie die Bodenplatten an. Dreckspuren führten ins Haus, das Alison Pettifer erst kürzlich geputzt hatte. Jemand von der Spurensicherung fuhr mit einem Handscanner auf der Suche nach mikroskopisch kleinen Blutflecken die Wohnzimmerwände ab.
»Sind Sie immer noch hier?«, knurrte Giles und warf das leere Schokoriegelpapier auf den Boden.
»Was für ein Spiel spielen Sie da, Giles?«
»Ich spiele überhaupt nichts - ich tue meine Pflicht als Polizist.« Er sah Fox finster an. »Etwas, was Ihresgleichen nicht zu passen scheint. Ich glaube allmählich, dass es Eifersucht ist.«
»Ich weiß nicht, wonach das hier eher riecht: nach Einschüchterung oder Verzweiflung.«
»Wir haben einen Anruf von einem besorgten Nachbarn erhalten«, sagte Giles. Seine Stimme war rau, und sein Atem ging stoßweise, als er Fox angiftete. »Hatte Sonntagnacht Grabgeräusche im Garten gehört. Unkraut jäten um Mitternacht, ist das ein besonderer Brauch in Ihrer Familie?«
»Hat dieser Nachbar seinen Namen genannt?« Darauf sagte Giles nichts, und Fox lachte laut auf. »Schenken Sie wirklich jedem Irren, der Sie anruft, Gehör? Haben Sie versucht, den Anruf zurückzuverfolgen?« Fox hielt inne. »Ich gehe davon aus, dass Sie sich die Nummer notiert haben?«
»Pub in Corstorphine«, bemerkte Giles. Dann, nachdem er abrupt den Kopf zu einem Polizisten umgedreht hatte, der aus dem Garten hereinkam: »Was gefunden?«
»Ein paar Knochen ... uralt, Phil meint, von einer Katze oder vielleicht einem Hundewelpen.«
»Was glauben Sie denn, was Sie finden werden?«, fragte Fox in die Stille. »Sie wissen verdammt gut, dass es hier nicht um Katzen oder Welpen geht... Man hat Sie für nichts und wieder nichts hier rausgeschickt.«
Giles zeigte mit einem Wurstfinger auf ihn. »Dieser Mann kontaminiert meinen Tatort; ich will, dass er augenblicklich verschwindet!«
Eine Hand packte Fox von hinten am Arm. Er setzte dazu an, sie abzuschütteln, doch als er sich umdrehte, sah er, dass sie Jamie Breck gehörte.
»Sie da, auf jetzt«, sagte Breck in strengem Ton und führte Fox zur Haustür.
Draußen auf dem Fußweg senkten beide Männer ihre Stimmen. »Was für ein Schwachsinn«, zischte Fox.
»Kann sein, aber wir sind verpflichtet, jeder Spur nachzugehen. Das wissen Sie doch, Malcolm.«
»Giles will mir und meiner Familie an den Kragen, Jamie - darauf läuft alles hinaus. Sie müssen ihn an die kurze Leine nehmen.«
Brecks Augenbrauen hoben sich. »Ich?«
»Wer soll ihm denn sonst Paroli bieten?«
»Sie wirkten, als würden Sie Ihre Aufgabe ganz gut erledigen ...« Ein Klopfen war zu hören. Finger an einer Fensterscheibe des Hauses nebenan. »Ihr Typ wird verlangt«, sagte Breck nur. Fox drehte sich um und sah Alison Pettifer, die ihn zu sich her winkte. Zum Zeichen dafür, dass er kommen würde, hob Fox die Hand, wandte sich dann aber noch einmal Jamie Breck zu.
»Nehmen Sie ihn an die kurze Leine«, wiederholte er, bevor er auf die Tür des Nachbarhauses zusteuerte.
Er blieb fast eine Stunde, kippte zwei Tassen Tee hinunter, während die Frauen beide auf dem Sofa saßen und Pettifer hin und wieder Judes Hand nahm und sie tätschelte oder streichelte. Fox hatte die Nachbarin gefragt, ob er die Hintertür aufschließen und einen Blick über den Zaun werfen dürfe, und als er das tat, wurde gerade wieder eine Platte hochgehoben. Giles hatte ihn finster angeschaut, aber das war alles, was er hatte tun können.
»Kannst du nicht dafür sorgen, dass sie aufhören?«, hatte Jude ihren Bruder mehr als einmal gefragt. »Bestimmt kannst du das.«
»Ich weiß nicht«, hatte er abwehrend geantwortet, wohl wissend, wie schwach es ihn aussehen ließ. Er hätte sogar noch hinzufügen können, dass das Ganze seine Schuld war. Giles konnte ihm nicht direkt an den Kragen, also hielt er sich an seine Angehörigen. Fox wusste, dass er sich bei McEwan beschweren konnte, aber er wusste auch, dass er wie ein Idiot dastehen würde. Für Giles wäre es ein Leichtes, den Vorwurf
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