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 Ein reines Gewissen

Ein reines Gewissen

Titel: Ein reines Gewissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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ersten Tattoo, einer roten Rose auf ihrer linken Schulter, komplett mit dornigem Stiel. Fox fiel ein, dass auch Sandra Hendry ein Tattoo besaß, einen Skorpion am Knöchel. Und Vince Faulkners Arme waren vernarbt von den stümperhaften Nadel-und-Tinte-Methoden seiner Jugend.
    »Vince«, sagte Jude gedehnt, »war mit ein paar von seinen Freunden im West End was trinken. Es war Sonntagabend, und ich war mit Melissa unterwegs, diesem Mädchen aus dem Büro. Es war ihr Geburtstag, und, um ehrlich zu sein, hinter ihrem Rücken nannte man sie die Vogelscheuche. Sie hatte einige von uns eingeladen, an diesem Abend mit ihr auszugehen, und ich hatte zugesagt, bevor mir klar wurde, dass alle anderen sich irgendeine Entschuldigung ausdenken würden.« Jude seufzte. »So waren wir also nur zu zweit, und das hatte so seine Vorteile.«
    »Nämlich?«
    »Mit der Vogelscheuche auszugehen bedeutete, selbst im Mittelpunkt des Interesses zu stehen.« »Die Schöne und das Biest?«
    »Ganz so schlimm war sie nicht, Malcolm.« Die Abschwächung klang jedoch ziemlich halbherzig. »Jedenfalls landeten wir in einem Pub in der St. Martin's Lane oder so ... Du kennst London nicht, oder?« Sie sah Fox den Kopf schütteln. »Du würdest es hassen - zu groß, zu aufgeblasen ...« Sie schien etwas abzudriften, fing sich aber gleich wieder. »Vince war mit einer Gruppe von sechs Leuten da. Mittags hatte ein Fußballspiel stattgefunden, und es sah aus, als hätten sie seitdem gefeiert. Sie bestanden darauf, unsere Getränke zu zahlen ...«Wieder hielt sie gedankenverloren inne. »Vince war genauso wie sie, aber doch anders. Er schien nicht so viel geschluckt zu haben wie seine Kumpel. Er war stiller, fast schüchtern. Er hat mir seine Handynummer auf den Handrücken geschrieben und gesagt, jetzt sei ich dran.«
    »Du solltest also die Initiative ergreifen?«
    »Wie's aussah ...«
    »Und natürlich hast du ihn angerufen.«
    Doch Jude schüttelte den Kopf. »Am nächsten Morgen habe ich geduscht, und dann konnte man die Nummer nicht mehr richtig lesen. Für mich war er nur irgendein Typ auf Kneipentour gewesen. Melissa dagegen fing mit einem der Burschen was an. Eine Woche später tauchte er im Büro auf, um sie abzuholen ...«
    »Und Vince war bei ihm?«

Sie lächelte. »Wollte wissen, warum ich nicht angerufen hätte.«
    »Ihr vier seid zusammen ausgegangen?«
    »Sind wir«, bestätigte sie. »Ungefähr zwei Wochen später machte Melissa mit Gareth Schluss.« Ihre Augen glänzten vor Tränen, aber sie blinzelte sie weg. »Ich hätte nie gedacht, dass das zwischen Vince und mir halten würde.«
    Fox sah, dass seine Schwester sich die Augen an den Schultern ihres T-Shirts abwischte. Vorne drauf stand etwas geschrieben, neben einem Bildmotiv. Das Shirt stammte von einer Rock-Tournee, und Fox fiel wieder ein, dass Vince Faulkner Jude oft zu Konzerten mitgenommen hatte. Bestimmten Bands waren sie bis nach Paris und Amsterdam hinterhergereist.
    »Du hast ihn eigentlich nie richtig kennengelernt«, sagte Jude. »Hast dir nie die Mühe gemacht.«
    Darauf konnte Fox nur zustimmend nicken.
    »Er war aber auch kein Unschuldslamm, Jude.«
    »Weil er mit dem Gesetz in Konflikt geraten war?« Sie fixierte ihn mit dem Blick. »Das ist es aber gerade: Leute wie du können nicht daran vorbeisehen. Obwohl es schon so lange her war, ist dieser Giles darauf herumgeritten, und die Presse hat sich auch daran aufgehängt.«
    »Er hat es vor dir verborgen, Jude. Er wollte nicht, dass du es weißt.«
    »Weil er sich verändert hatte!« Ihre Stimme wurde lauter. »Und fang bloß nicht damit an, dass er mich geprügelt hat, ich will es nicht hören! Auch das haben die Zeitungsfritzen in Erfahrung gebracht, und wer hat ihnen diesen ganzen Scheiß erzählt, wenn nicht deine Leute?« »Das sind nicht meine Leute«, sagte Fox leise. »Nicht mehr.«
     
    Einen Großteil des Abends verbrachte er damit, Bücher von den Bücherregalen im Wohnzimmer zu nehmen und auf dem Couchtisch zu stapeln. Er hatte vor, sie alphabetisch zu ordnen, vielleicht mit einer Aufteilung in zwei Kategorien: gelesen und nicht gelesen. Doch dann fragte er sich, ob manche davon nicht auf einen Wohltätigkeitsbasar gehen könnten. Und sollte er bei denen, die ins Regal zurückwandern würden, nicht eine Unterteilung in Romane und Sachbücher vornehmen? Zum Abendessen hatte er sich Hühnercurry gemacht und dabei die Zutaten verwendet, die er im Asda gekauft hatte, als er dort war, um mit Sandra Hendry zu

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