Ein Rest von Schuld - Rankin, I: Rest von Schuld - Exit Music
von der Rückseite durchschien. Er zog die Liste der Titel heraus und faltete sie auseinander. Und tatsächlich stand auf der Rückseite der Name des Tonstudios, in dem Gentry sein Demo aufgenommen hatte.
CR Studios.
25
Rebus saß vor seinem eigenen Monitor. Graeme MacLeod hatte ihm eine Ecke des Raums überlassen und die Videokassetten neben ihm aufgestapelt. Der Westteil des Zentrums von Edinburgh, der Abend, an dem Todorow ermordet worden war.
»Sie bringen mich noch in Teufels Küche«, hatte MacLeod gejammert, während er die Bänder aus ihrem abgeschlossenen Schrank holte.
Rebus saß seit einer Stunde in der Central Monitoring Facility und drückte manchmal auf »Suchlauf«, manchmal auf »Pause«. Es gab Kameras auf dem Sandwick Place, der Princes Street und der Lothian Road. Rebus suchte nach Aufnahmen von Sergei Andropow oder seinem Fahrer, vielleicht auch von Cafferty. Oder von sonst jemandem, der irgendwie mit dem Fall in Zusammenhang stand. Bislang war überhaupt nichts dabei herausgekommen. Bestimmt verfügte das Hotel über seine eigene Überwachungsanlage, aber er bezweifelte, dass der Manager ihm die Bänder widerstandslos aushändigen würde, und er glaubte nicht, dass sich Siobhan dazu überreden ließe, den Mann darum zu bitten.
Die entspannte voyeuristische Atmosphäre, die den Raum erfüllte, hatte etwas Beruhigendes an sich. Ein Fall von Vandalismus wurde gemeldet und ein erkannter Ladendieb dabei beobachtet, wie er die George Street entlangging. Die Leute, die die Kameras bedienten, wirkten ebenso passiv wie x-beliebige Fernsehzuschauer, und Rebus fragte sich, ob sich daraus nicht eine Realityshow machen ließe. Es gefiel ihm, wie jede einzelne Kamera per Joystick bewegt und wie alles Verdächtige blitzschnell herangezoomt werden konnte. Das Ganze wirkte kein bisschen wie der Polizeistaat, den die Medien ständig beschworen.Trotzdem, wenn er hier tagtäglich arbeitete, würde er sich auf der Straße schon schwer zusammenreißen, um ja nicht dabei beobachtet zu werden, wie er in der Nase bohrte oder sich am Hintern kratzte. Und in Geschäften und Restaurants ebenfalls.
Und wahrscheinlich hätte die Glotze zu Hause überhaupt keinen Reiz mehr.
MacLeod stand jetzt wieder hinter Rebus. »Na, was gefunden?«, fragte er.
»Ich weiß, dass Sie sich diese Bänder mehr als einmal angesehen haben, Graeme, aber es gibt ein paar Gesichter, die ich kenne und Sie nicht.«
»Hab ich was gesagt?«
»Wenn ich an Ihrer Stelle wäre, würd’s mir auch stinken.«
»Jammerschade, dass wir keine Kamera auf der King’s Stables Road haben.«
»Nachts geht da kaum jemand durch, das ist mir schon aufgefallen. Viele, die in die Castle Terrace einbiegen, aber so gut wie niemand in die King’s Stables.«
»Und keine Frau mit Kapuze?«
»Bislang nicht.«
MacLeod klopfte Rebus tröstend auf die Schulter und ging dann wieder an seine Arbeit. Die Sache ergab für Rebus keinen Sinn:Warum sollte eine Frau ausgerechnet dort herumstehen und sich zum Sex anbieten? Sie hatten schließlich nur die Aussage des einen Zeugen. Konnte es sein, dass das lediglich eine Phantasie war, ein Wunschtraum des Mannes? Rebus spürte, wie sich seine Wirbel knackend wieder einrenkten, als er seinen Rücken straffte. Er brauchte eine Pause, aber er wusste, dass es ihm nach einer Pause vielleicht schwerfallen würde, sich wieder an den Bildschirm zu setzen. Er konnte schließlich jederzeit nach Haus gehen – es war ja das, was sich alle wünschten. Doch dann klingelte sein Handy, und er riss es aus der Tasche. Anrufer-ID: Siobhan.
»Was gibt’?«, fragte er und hielt sich die Hand vor den Mund, so dass keiner mithören konnte.
»Megan Macfarlane hat gerade DCI Macrae angerufen. Sie ist nicht entzückt darüber, dass Sie Sergei Andropow belästigt haben.« Sie schwieg kurz. »Möchten Sie mir was dazu sagen?«
»Ist mir gestern Abend zufällig über den Weg gelaufen.«
»Wo?«
»Im Caledonian Hotel.«
»Ihre neue Stammtränke?«
»Sarkasmus ist hier gänzlich fehl am Platz, junge Dame.«
»Und Sie sind nicht auf die Idee gekommen, mir darüber was zu erzählen?«
»Er ist mir wirklich einfach so über den Weg gelaufen, Shiv. Das ist alles.«
»Meinen Sie vielleicht, aber Andropow sieht das ganz anders, und jetzt sieht Megan Macfarlane es genauso wie er.«
»Andropow ist Russe, wahrscheinlich daran gewöhnt, dass die Polizei nach der Pfeife der Politiker tanzt …«, dachte Rebus laut nach.
»Macrae will Sie
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