Ein Ring aus Asche
hatte ihren Freund Claude und noch einen anderen Typen dabei.
»H ey!«, rief ich, glücklich, sie zu sehen. Sie, die so ganz normal war. Keine Hexe. Nicht unsterblich. Was für eine Erleichterung.
»T hais!« Mit besorgtem Gesichtsausdruck kam Sylvie zu uns herüber. »B ist du okay? Was ist passiert?«
»O h«, sagte ich und erinnerte mich an mein blaues Auge. »I ch bin gegen eine Tür gelaufen.«
Sylvie sah mich zweifelnd an. Dann warf sie Clio und Racey einen Blick zu.
»S ie ist wirklich gegen eine Tür gelaufen«, bekräftigte Clio.
»H m«, erwiderte Sylvie nur. »N a ja, wie auch immer… Habt ihr irgendwas Spezielles vor? Oder wollt ihr euch zu uns setzen?«
Auf einmal verspürte ich den brennenden Wunsch, mich tatsächlich einfach zu ihnen zu setzen und eine ganz normale Highschoolschülerin zu sein. Endlich damit aufzuhören, in jeder erdenklichen Person, die ich auf der Straße sah, eine potenzielle Bedrohung zu vermuten. Mir vorzustellen, dass jeder Schritt, den ich tat, mich zu einer neuen Gefahr führte. Ich warf Clio und Racey einen Blick zu. Clio nickte mir kaum merklich zu.
»G eh du mal«, sagte sie. »I ch rufe dich an, wenn ich zu Ouida gehe, in Ordnung? Aber Racey und mich kannst du hier allein lassen.«
»O kay, super«, sagte ich und griff nach meinem Getränk und meinem Käsekuchen.
»B is nachher«, sagte Clio.
Ich besetzte einen neuen Tisch am Fenster, während Sylvie, Claude und der andere Typ bestellen gingen. Eine Minute später kamen sie mit ihren Kaffees zurück.
»O h, Thais, das ist übrigens Kevin«, sagte Sylvie. »K evin LaTour. Er geht auch auf die École.«
Ich lächelte und nickte. »J a, ich glaube, ich hab dich da schon mal gesehen.«
»I ch weiß ganz sicher, dass ich dich dort schon mal gesehen habe«, sagte Kevin, ebenfalls lächelnd. Ich blinzelte, als mir klar wurde, was er da gerade gesagt hatte. Gleichzeitig fiel mir auf, dass er ziemlich gut aussah. Er hatte ein tolles, warmes Lächeln, das sich strahlend gegen seine dunkle Haut abhob. Seine Augen waren von einem klaren Olivgrün und er hatte sein schwarzes Haar auf dem ganzen Kopf zu kleinen Stacheln gezwirbelt.
»I ch fand es super, heute freizuhaben«, sagte Sylvie. »D ie Schule wäre so viel erträglicher, wenn wir immer dreitägige Wochenenden hätten.«
»H ört, hört«, sagte Claude und kippte den Inhalt eines Zuckerpäckchens in seinen Kaffee.
In diesem Moment traten Racey und Clio an unseren Tisch. »W ir gehen«, sagte Clio. »I ch ruf dich später an, okay?«
»J a, ist gut. Und sag deiner Mom danke«, erwiderte ich an Racey gewandt. Sie nickte. Die beiden verließen das Café.
»R aceys Mom hat mein Auge versorgt«, erklärte ich. »E s ist bei ihr zu Hause passiert.«
»T ut’s noch weh?«, fragte Sylvie.
»N icht besonders. Es sieht einfach nur doof aus.«
»S o doof auch wieder nicht«, sagte Kevin. »W ie gefällt dir die Schule hier? Du kommst aus dem Norden, stimmt’s?«
»A us Connecticut«, antwortete ich. »Ä hm, ich finde die Schule ganz okay. Na ja, Schule halt.«
Sylvie nickte. »W enigstens sind es nur noch acht Monate. Juchu.«
»U nd dann machen wir vier Jahre lang noch mal das Gleiche«, sagte Kevin.
Ich zog eine Grimasse und lachte. Er lachte ebenfalls. Genau genommen war er richtig, richtig süß. Natürlich kam süß nicht mal annähernd an Lucs Anziehungskraft heran, aber trotzdem. Dass ich Kevin überhaupt so wahrnehmen konnte, kam mir fast schon irgendwie gesund vor. Wie schön für mich.
»H ey, wir hatten überlegt, in eine Kino-Frühvorstellung zu gehen und danach bei Camellia Grill einen Hamburger zu essen«, sagte Sylvie. »W illst du mitkommen?«
Ich überlegte gerade mal eine Sekunde. Axelle sagte mir fast nie, wo sie hinging und wann sie zurück sein würde, und auch ich sagte ihr inzwischen kaum mehr Bescheid. Die Vorstellung, völlig frei zu sein, kommen und gehen zu können, wann ich wollte, und so etwas wie heute einfach nur zu tun, ohne jemanden darüber zu informieren, schien wunderbar.
»I n der Frühvorstellung ist die Klimaanlage eingeschaltet«, beschwatzte mich Kevin.
»D u hast mich überzeugt«, erwiderte ich, und er grinste.
In diesem Augenblick war ich unfassbar glücklich darüber, einfach nur hier zu sitzen, vollkommen normal und ganz unhexenmäßig, wie früher.
Doch natürlich machte ich mir etwas vor.
Kapitel 8
Éternité
»Die Wohnung ist ganz in Ordnung, oder?«, fragte Sophie. Sie stand am Spülbecken und wusch
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