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Ein Ring von Tiffany - Roman

Ein Ring von Tiffany - Roman

Titel: Ein Ring von Tiffany - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Weisberger Regina Rawlinson Martina Tichy
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zeigte. Die Hauptstraße war bezaubernd. Wunderhübsche Boutiquen, anheimelnde Restaurants und ein malerischer Bauernmarkt, dazu die eine oder andere Kunstgalerie und Weinhandlung. Eltern verluden Kinder und Gemüse in rote Karren. Fußgänger hatten Vorfahrt. Alle Einwohner lächelten ohne ersichtlichen Grund und hatten einen Hund.
    Sie hielten auf die Bucht zu, die ein filmreifer Yachthafen säumte, überquerten eine Brücke und rasten mit Karacho durch die kurvigen Alleen. Das Glitzerlicht, das durch die Bäume drang, verlieh der langen, ungeteerten Zufahrt zu Jesses Anwesen eine überirdische Aura. Im Näherkommen gewahrte Leigh seitwärts etwas, das wie ein Gästehaus aussah: eine weiß getünchte Kate mit blauen Fensterläden und einer entzückenden kleinen Veranda für entspannte Lesestunden im Schaukelstuhl.
Gute hundertfünfzig Meter weiter erspähte sie einen nagelneuen, mit allen Schikanen ausgerüsteten Abenteuerspielplatz für Kinder. Kein knallbuntes Fisher-Price-Plastik-Modell, sondern fast wie handgefertigt, aus massivem Mahagoni, mit Kletterwand, Baumhaus, Zeltkuppel, Sandkasten, Kinderpicknicktisch und zwei Rutschen. Das verschlug Leigh für einen Augenblick den Atem. Sie wusste, dass Jesse verheiratet war (hatte ihn aber so verstanden, dass seine Frau nicht anwesend sein würde), doch niemals hatte sie ihn auch nur entfernt als Vater gesehen. Was natürlich Blödsinn war - warum sollte er es nicht sein? -, aber den Beweis dafür so offensichtlich vor Augen zu haben, stimmte sie leicht gereizt und auch ein wenig enttäuscht.
    Als sie bei dem eigentlichen Haus ankamen, schlug ihr Herz merklich schneller, und ihr Atem ging stoßweise - die unzweifelhaften Anzeichen einer Angstattacke. Jesse stieg vor ihr aus seinem Jeep und kam auf sie zu. Ihr stand der Schweiß auf der Stirn; wäre sie doch bloß zu Hause auf ihrer Couch, läse ein Manuskript oder schwatzte mit Russell über sein bevorstehendes Interview mit Tony Romo. Und selbst wenn er mit ihr schlafen und SportsCenter schauen und die Frau in der Wohnung über ihr eine Tanzparty mit lauter Beinschienen tragenden Gästen schmeißen wollte - alles besser als das hier und jetzt.
    Jesse hielt Leigh die Wagentür auf und geleitete sie über einen Pfad zur vorderen, offenen Veranda, deren weite Fläche nur eine Hängematte und eine Hollywoodschaukel zierten. Neben der Schaukel standen eine leere Chiantiflasche und ein benutztes Weinglas.
    »Sind Ihre Kinder auch hier? Ich würde sie zu gern kennenlernen«, schwindelte Leigh.
    Jesse sah sich auf der Veranda um, wirkte kurz verwirrt und lächelte dann wissend, als könnte er ihre Gedanken lesen. »Ach, Sie meinen, wegen dem Spielplatz? Der ist für meine Neffen - nicht für eigene Kinder.«
    Etwas an der Art, wie er das sagte, wirkte endgültig. Obwohl
sie sich einredete, dass es ihr so oder so egal sein konnte - und es ihr durchaus bewusst war, wie unhöflich und aufdringlich sie sich benahm -, setzte sie nach. »Heißt das, Sie haben nur zufällig keine Kinder, oder wollen Sie definitiv nie welche haben?«
    Er lachte und öffnete kopfschüttelnd die Haustür. »Meine Güte, Sie tragen wahrhaftig das Herz auf der Zunge, oder?«
    Wer A sagt, muss auch B sagen. »Also?«, fragte sie.
    »Nein, ich will keine Kinder. Weder jetzt noch sonst irgendwann.«
    Leigh hob abwehrend die Hände. »Sieht aus, als hätte ich einen wunden Punkt getroffen.«
    Jesse versuchte, ein Lächeln zu unterdrücken, aber Leigh ertappte ihn dennoch dabei. »Möchten Sie sonst noch etwas wissen? Wie ich esse, wie ich schlafe?«
    »Tja, also das Thema Kinder hätten wir abgehandelt. Nun denn... wie essen und schlafen Sie?« Sie grinste und spürte, dass ihre Angst sich langsam verflüchtigte. Sie hatte vergessen, wie viel Spaß es machte, mit ihm herumzuwitzeln.
    Seine Augen waren gerötet, sein Gesicht unrasiert und bleich. Selbst seine Haare wirkten ein wenig stumpf - nicht direkt ungewaschen oder fettig, einfach nur glanzlos. Er stellte sich übertrieben in Positur - die Hüfte herausgereckt, die Lippen geschürzt - und antwortete: »Sagen Sie’s mir. Was meinen Sie, wie ich esse und schlafe?«
    »Miserabel«, antwortete Leigh ohne zu zögern.
    Jesse lachte und stieß die Tür auf. »Willkommen in meiner bescheidenen Hütte.«
    Leigh sah sich um. Sie registrierte die knarrenden Dielen, den riesigen, von vielen Gebrauchsspuren gezeichneten Bauernhaustisch, die nachlässig über das Sofa geworfene gehäkelte Tagesdecke, und obwohl

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