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Ein schicksalhafter Sommer

Ein schicksalhafter Sommer

Titel: Ein schicksalhafter Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniela Frenken
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das jetzt nicht mehr macht, muss ja nichts mit seinem Gesundheitszustand zu tun haben. Wahrscheinlich wird die Luise ihm jetzt, wo es um den Hof so schlecht steht wie noch nie, verboten haben, weiterhin Geld in die Kneipe zu tragen. Er wird ja auch älter. Und die Luise wird auch immer kräftiger.“ Er hüstelte. „Mit der möchte ich auch keinen Streit haben.“ Theatralisch fuhr Arne fort. „Jaaa, und wenn der Hermann nicht lieb ist, dann wird die Luise ihn sich unter den Arm klemmen und ihm schon zeigen, wer das Sagen hat. Immerhin ist sie mittlerweile doppelt so breit wie er und überragen tut sie ihn auch noch. Wie ich zu Anfang gesagt habe, der Hermann, der hat nichts mehr zu melden.“
    Hermann reichte es. Er konnte kein Wort mehr ertragen. Bisher hatte er erstarrt zugehört, doch jetzt trat er um den Balken hervor. „Guten Abend, die Herren!“ Zitternd vor Wut sah er nacheinander Peter und Theo an. Arne würdigte er keines Blickes. „Wenn das nicht meine langjährigen, treuen Freunde sind. Pfui, sag ich.“
    „Hermann“, stieß Theo betroffen aus.
    „Ja, ich bin es.“ Hermann brachte vor Wut kaum ein Wort heraus. „Und jetzt weiß ich auch, was ihr von mir und den Meinen haltet.“ Ihm platzte der Kragen. „Wagt es bloß nicht, mich noch einmal zu grüßen, sollte ich das Pech haben, einem von euch auf der Straße zu begegnen“, schrie er. Nach einem angewiderten Blick in die Runde, die diesmal auch Arne einschloss, drehte er sich auf dem Absatz um. Unter den neugierigen Blicken der anderen Gäste verließ er strammen Schrittes die Kneipe. Die brennenden Augen schob er auf den ganzen Qualm, dem er ausgesetzt gewesen war, sie konnten aber auch von der Enttäuschung herrühren, dass Männer, die er seit etlichen Jahren seine Freunde nannte, so über ihn herzogen.
    Ziellos ging Hermann die Hauptstraße entlang. Wieder hörte er den beißenden Spott, mit dem sie über ihn und seine Familie hergezogen waren. So gedemütigt worden war er in seinem ganzen Leben noch nicht. Einen Nassauer hatten sie ihn genannt. Der auf Kosten seines Schwiegersohnes lebte. Hermann war vor hilfloser Wut den Tränen nahe. Er hatte in seinem Leben noch jede Rechnung bezahlt. Und er war auch kein seniler Greis, der nicht mehr mitbekam, was sich hinter seinem Rücken abspielte. Doch das erzählten die Leute sich über ihn! Dass er nichts mehr zu melden hatte auf seinem eigenen Hof. Und dass er zu nichts mehr nütze war. Das war Salz in seine Wunden. Hatte er selbst nicht schon das Gefühl gehabt, auf seinem Hof mit der Zeit das fünfte Rad am Wagen zu sein? Und jetzt hatte er die Gewissheit, dass die anderen Leute das auch so sahen. Oh, ja, er wusste schon, das Nigatz in seiner Gehässigkeit die Gerüchte vielleicht ein klein wenig übertrieben hatte. Aber sein Bruder Heinz kam viel rum in der Gegend, und er wird Arne diese Gerüchte ja zuerst zugetragen haben. Gerüchte, die ihm die anderen Leute in der Umgebung morgens beim Milchholen erzählt hatten. Und da Arne das größte Klatschmaul in der Umgebung war, werden auch die Leute, die bisher nicht über die Nessels nachgedacht haben, bald schon von Arne die nötigen Anregungen bekommen.
    Hermann zitterte. Ob vor Wut oder Scham, das wusste er nicht zu sagen. Mittlerweile wusste er auch gar nicht mehr so genau, auf wen er eigentlich mehr Wut hatte. Auf Arne Nigatz und seine Freunde, die ihn verhöhnt hatten, auf seine Familie, die ihn seiner Meinung nach blamierte und zum Trottel abstempelte oder auf sich selbst, dass er das alles mit sich hatte machen lassen. Wie oft hatte er schon mit sich gehadert, dass er nicht mehr so viel mit anpackte wie früher. Aber immer, wenn er etwas tun wollte, hatte Luise ihn ja davon abgehalten, mit ihrem Gejammer, er solle sich schonen und dass der verdammte Robert das ja machen könne. Und das hatte Hermann jetzt davon!
    Ja, er konnte sich schon vorstellen, wie die Gerüchte entstanden waren. Und Katrin! Mit ihrer ernsten Miene und ihrer unnahbaren Art. Eine Frau, die so gar nichts aus sich machte. Wehe, die würde sich jetzt nicht etwas ins Zeug legen, um etwas ansehnlicher zu werden.
    Ja, ab heute würde sich einiges ändern. Wie er es gehasst hatte, nicht mehr alles selbst machen zu können. Aber ab jetzt, da würde Hermann wieder die Zügel in die Hand nehmen auf dem Nessel-Hof. Ab Morgen wehte ein anderer Wind. Die Leute würden keinen Grund mehr haben, über die Nessels zu lachen.
    Hermann blieb an einer Bank am Rande des Marktplatzes

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