Ein schicksalhafter Sommer
Das ist ja schön, dass du dich auch mal hier sehen lässt“, rief Sofia erfreut.
Hermann zückte seine Geldbörse. „Ich bin gekommen, um meine Rechnung zu begleichen.“ Er biss die Zähne zusammen, als er meinte, im Gesicht seines Schwiegersohnes für einen kurzen Moment Unglauben gelesen zu haben. Er trommelte mit den Fingern auf den Tresen, während Georg langsam mehrere Zettel heraussuchte. Schließlich schob er, nach einem Blickwechsel zwischen ihm und seiner Frau, einen Zettel zu Hermann herüber. Verdutzt las Hermann den Rechnungsbetrag. „Das kann doch niemals die gesamte Summe sein.“
„Doch, das stimmt schon, Hermann“, sagte Georg leise.
„Aber nein. Das seh ich doch auf den ersten Blick, dass da etliche Waren nicht aufgelistet sind.“ Verständnislos kontrollierte Hermann noch einmal die Rechnung. Als er anschließend in das huldvolle Lächeln seines Gegenübers sah, dämmerte es ihm. Mit rotem Kopf wandte er sich an seine Tochter. „Sofia-.“
„Papa“, Sofia fasste ihn am Arm und sah ihn liebevoll an, „wir wissen doch, dass ihr es im Moment nicht so dicke habt. Da dachte der Georg-.“
„Ihr könnt mir Almosen anbieten“, beendete ihr Vater zornig den Satz und riss sich los.
„Hermann, bitte. So ist es doch nicht. Ihr habt nun einmal zur Zeit einen finanziellen Engpass und wir sind auf das Geld ja nicht angewiesen.“
„Jetzt halt aber mal die Luft an!“ Empört streckte sich Hermann auf seine Größe von ein Meter zweiundsechzig und funkelte seinen Wohltäter an. „Du eingebildeter Fatzke. Ich hab in meinem Leben noch jede Rechnung bezahlt. Ist das klar?“
„Aber Papa. Wir sind doch eine Familie. Da können wir uns doch helfen.“
„Ich will jetzt sofort die gesamte Rechnung haben, habt ihr mich verstanden?“, schrie Hermann.
„Hermann, bitte. Es besteht kein Grund, sich so zu ereifern. Deine Tochter hat es doch nur gut gemeint.“ Peinlich berührt vergewisserte Georg sich mit einem hastigen Blick aus dem Fenster, dass auch keiner dieses Palaver mitbekam.
„Die ist schon genauso überheblich wie du, hält sich für was Besseres“, keifte Hermann.
Georg bemerkte, dass seiner Frau die Tränen in die Augen traten und zornig atmete er tief durch. „Selbstverständlich sollst du deine Rechnung ordnungsgemäß erhalten, Hermann“, sagte er nun kalt, während er seinem Schwiegervater noch weitere Zettel überreichte. „Auf dem obersten Zettel steht der Betrag der gesamten Rechnungen.“ Georg legte seiner Frau tröstend den Arm um die Schultern. „Um ganz korrekt zu sein“, fügte er noch an seinen Schwiegervater gerichtet hinzu, „musst du auf die addierte Summe noch einmal zehn Prozent aufschlagen. Das entspricht dem verminderten Betrag, den wir als Sonderpreis berechnet hatten und den du sicherlich ebenfalls nicht für dich in Anspruch nehmen willst.“
Hermann knallte das Geld auf den Verkaufstresen und verließ zornig das Geschäft. An der Türe fiel ihm noch etwas ein. „Ich wette, da hat deine Mutter ihre Finger im Spiel. Die kann sich auf was gefasst machen.“
Sofia zuckte zusammen, als die Türe scheppernd ins Schloss fiel. „Meine Güte, da hab ich ja was Schönes angerichtet.“
„Du hast was Schönes angerichtet?“ Georg sah sie entgeistert an. „Wie dein Vater sich aufgeführt hat, spottet jeder Beschreibung. Skandalös nenne ich sein Verhalten. Skandalös.“ Georg rieb sich über die Stirn. „Hoffentlich hat das Gezeter keiner mitbekommen. Aber das ist wohl sehr unwahrscheinlich. So wie dein Vater hier im Dreieck gesprungen ist, haben sie das noch drei Straßen weiter gehört. Mir bleibt aber auch nichts erspart. Da werden die Leute wieder was zu tratschen haben, über deine und unglücklicherweise nun auch meine Verwandtschaft.“ Georg nahm den Arm von Sofias Schultern und sah sie prüfend an. „Und, geht’s wieder?“
Sofia rang sich ein Lächeln ab. „Ja, natürlich. Ich war nur so erschrocken, als er anfing, sich so aufzuregen. Ich dachte, er würde sich freuen.“
„Und dann beleidigt er dich auch noch.“ Er ging zurück zur Theke und sammelte das Geld ein, welches Hermann dort hingeschmissen hatte. „Das hat man davon, wenn man mal etwas Gutes tun möchte.“ Und wenn man in solch eine Sippschaft einheiratete, dachte er verbittert.
„Ich muss sofort zum Hof.“ Sofia ging zur hinteren Verbindungstür, die in die privaten Räume des Hauses führte.
Georgs Kopf ruckte hinter der Kasse hoch. „Was musst du? Ich hab
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