Ein Schlüssel für den Mörder
sah uns. Wir mußten ihr vollends alles ausziehen, was sie noch am Leibe
trug, denn die Kleider waren zerrissen, und zwar offensichtlich in einem Kampf.
Dann deutete Albert auf all die Einstichnarben an ihren Armen und Beinen und
hatte einen Einfall.
Wir sollten sie in ein warmes
Bad legen und ihr die Pulsadern aufschneiden, so daß das Ganze nach Selbstmord
aussah. Die Wärme des Wassers würde den natürlichen Prozeß genügend
verlangsamen, um die Zeitbestimmung durcheinanderzubringen — sofern überhaupt
jemand das nachprüfte. Wenn die Polizei sich danach erkundigte, weshalb ich ihr
gekündigt hätte, so sollte ich sagen, ich wäre dahintergekommen, daß sie rauschgiftsüchtig
sei und in meinem Club Heroin genommen habe .«
»Woher wußten Sie von ihrer
Freundin, Jeannie Kopek ?«
»Sie sagte zu Albert, während
sie sich gegen ihn wehrte, ihre Freundin wüßte, wo sie wäre und daß, wenn ihr,
Shirley, etwas zustieße, die Polizei wüßte, wo sie nachsehen müßte«, sagte er
finster. »Als wir dann wieder hier waren, wußte ich, was ich tun mußte, ich
rief Gene Meyer an und erzählte ihm die ganze Geschichte — es blieb mir nichts
anderes übrig — , und er versprach mir, sich um diese Freundin zu kümmern.«
»Sie und der Butler steckten
also unter einer Decke«, bohrte ich weiter. »Warum mußte er Sie umbringen ?«
»Er wußte über alles Bescheid, was weiter
vorfiel«, knurrte Stanton. »Er wußte, daß Pete Sebastian mich für den Tod
seiner Schwester verantwortlich machte und daß dieser Riesenbulle von einem
Trompeter mich zu Tode ängstigte. Meyer benutzte
das Kopek -Mädchen als Handelsobjekt, um mich zu
zwingen, ihm meinen Anteil am Club billig zu verkaufen. Albert begann zu
überlegen, was passieren würde, wenn ich je erzählte, wie
die Geschichte wirklich gewesen war.
Berichten Sie einmal einem
Geschworenengericht, daß sich ein Mann zusammen mit einem Mädchen, das er nie
zuvor gesehen hat, in ein Zimmer einschließt, ihr bei dem Versuch, sie zu
vergewaltigen, die Kleider vom Leib reißt und sie dann schließlich infolge der
Anstrengung bei der Abwehr an einem Herzanfall tot zusammenbricht. Und dann
erzählen Sie einmal vor Gericht als entscheidende Tatsache, wie die Leiche des
Mädchens in ihre Wohnung zurückgeschafft und alles so arrangiert wird, daß es
nach Selbstmord aussieht.
Albert überlegte, daß ihm, wenn
das je geschähe, nur eines blühen konnte — der elektrische Stuhl. Und ich war
der einzige Mensch, der ihn dorthin bringen konnte, wann immer ich Lust dazu
hatte oder unter dem Druck von Leuten wie Meyer und Sebastian zusammenbrechen
würde. Schließlich kam er zu dem Entschluß, sich nicht leisten zu können, ein
so eindeutiges Risiko wie mich auf sich zu nehmen.
Er begann mit den Drohbriefen.
Albert hatte mich völlig richtig eingeschätzt — sie brachten mich dazu, vor
meinem eigenen Schatten zurückzuzucken. Ich mußte mich also um Hilfe umtun. Zur
Polizei konnte ich aus einer ganzen Reihe guter Gründe nicht gehen, was
bedeutete, daß ich mich an jemanden wie Sie zu wenden hatte. Das paßte Albert
ausgezeichnet in den Kram, denn er war natürlich der letzte, den ich als meinen
möglichen zukünftigen Mörder bezeichnet hätte. Zwischen uns — wie das dann ja
auch der Fall war — wäre eine ganze Reihe dringend Verdächtiger gestanden, und
wen sonst hätte die Polizei hinterher als meinen Mörder gesucht, wenn nicht
einen aus dieser Gruppe von Verdächtigen?«
Stanton schielte mich aus einem
Augenwinkel an. » Wieviel von dem muß ich der Polizei
erzählen ?«
»Das ist Ihre Angelegenheit,
alter Freund«, sagte ich leichthin. »Erzählen Sie ihnen ruhig alles, wenn Sie
wollen. Solch widerwärtiger Zauber ist denen nicht fremd .«
»Lassen Sie mich jetzt nicht im
Stich, Holman«, sagte er verzweifelt. »Ich brauche Sie .«
»Was Sie brauchen, ist ein
guter Anwalt, alter Freund«, sagte ich ehrlich. »An Ihrer Stelle würde ich der
Polizei erzählen, Sie hätten Albert in Notwehr umgebracht, und dann den Mund
halten, bis Ihr Rechtsanwalt da ist .«
»Ich werde ihn gleich anrufen«,
sagte er schnell. »Nein, noch etwas. Ich muß mit Meyer sprechen. Würden Sie ihn
bitte heraufschicken, Holman? Wenn ich hinuntergehe, hängen sich hundert
betrunkene Quatschköpfe an meinen Hals, und ich komme nie mehr los .«
»Gut«, sagte ich.
Der Lärm hatte ein wenig
nachgelassen, als ich ins Wohnzimmer zurückkam. Schließlich war die Band doch
zu weicher, verführerischer
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