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Ein schöner Ort zu sterben

Ein schöner Ort zu sterben

Titel: Ein schöner Ort zu sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malla Nunn
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sollte.
    »Brautpreis?« Mrs. Ellis legte das nasse Handtuch auf den Tisch. »Was soll das heißen?«
    »Der Sergeant versucht nur, uns gegeneinander auszuspielen«, erklärte King.
    Winston schnaubte verächtlich, und Emmanuel sah, wie die Haushälterin einen halben Schritt zurück machte und den lädierten Engländer anfunkelte.
    »Du hast gewusst, was los ist«, entfuhr es ihr.
    »Nein.« King gab sich gelassen, trommelte dabei aber mit dem Finger gegen sein Bein. »Pretorius war nur ein Geschäftspartner, mehr nicht.«
    »Du hast immer gesagt, dass du die Afrikaander nicht leiden kannst, und trotzdem hast du mit dem stundenlang darüber schwadroniert, wie sehr ihr beide Afrika liebt. Warum hast du dich so lange mit ihm abgegeben?«
    »Es ging ums Geschäft«, erklärte King noch einmal. »Es zahlt sich aus, wenn man bei Leuten, mit denen man Geschäfte macht, auf gleiche Interessen stößt. Falls irgendetwas zwischen Davida und diesem Holländer vorgefallen sein sollte, war das ihre eigene Entscheidung. Mit mir hatte das nichts zu tun.«
    Der Schlag kam wie aus dem Nichts. In hohem Bogen spritzte Blut aus Kings verletzter Nase auf Mrs. Ellis gestärkte Uniform und die handbemalten Kacheln. Emmanuel sprang vor und packte die Haushälterin am Arm, bevor sie ein zweites Mal zuschlagen konnte.
    »Du Lügner!«, schrie Mrs. Ellis in blindem Zorn. »Du hast gesagt, Davida gehört mir, aber du hast die Versprechen gebrochen. Du hast sie mir gestohlen und sie verkauft.«
    »Lolly …« Blutbläschen sprühten aus Kings Nase, als er versuchte, gleichzeitig die Blutung zu stillen und zu reden. »Hör auf! Nicht vor anderen Leuten, Herrgott.«
    Die jahrelange harte Arbeit hatte sie gestählt, und Emmanuel hatte alle Hände voll zu tun, sie von King fernzuhalten, der gegen einen Stuhl taumelte. Wenn er sie losließ, würde sie dem Mann die Augen auskratzen.
    »Wie konntest du ihr das antun? Sie sollte studieren und Lehrerin werden … vielleicht sogar Ärztin …«
    »Meine Güte, Lolly. Was glaubst du denn, wie lange ein farbiges Mädchen arbeiten müsste, um auch nur einen Bruchteil von dem zu verdienen, was uns dieser Landkauf eingebracht hat? Fünfzehn, zwanzig Jahre, wenn sie Glück hat. Pretorius war bereit, mir viel mehr für sie zu geben, als sie wert war …«
    Emmanuel ließ Mrs. Ellis los. Elliot King wusste einfach nicht, wann man besser den Mund hielt.
    »Lolly …« King versuchte in Deckung zu gehen, aber die Haushälterin schlug immer wieder auf ihn ein und grub ihre Fingernägel in sein sonnengebräuntes Gesicht und den Hals. Der Stuhl kippte um, und King schlug mit einem dumpfen Geräusch auf den Boden.
    Mrs. Ellis sprang auf ihn und fing an, ihn an den Haaren zu zerren. Emmanuel ließ sie noch einen Augenblick gewähren, aber da sie offensichtlich von allein nicht nachlassen würde, zog er sie schließlich weg.
    »Das reicht …«Er zog die nach Vergeltung dürstende Frau hoch und packte ihre beiden Arme, bis sie schließlich nachgab und sich atemlos an ihm abstützte. »Es ist genug«, sagte er.
    Winston trat auf seine Mutter zu, und Emmanuel merkte, dass sie auch ihm an die Gurgel wollte. Er hielt sie fest.
    »Du hast es gewusst«, beschimpfte sie Winston. »Ihr habt es alle beide gewusst.«
    »Nein.« Winston wurde rot. »Ich habe doch im letzten halben Jahr die Feriensiedlung auf Saint Lucia beaufsichtigt. Von dem Landkauf habe ich erst erfahren, als er schon unter Dach und Fach war. Ich hätte nie zugelassen, dass dieser Holländer sie anrührt.«
    »Du lügst!«
    »Diesen Kuhhandel lasse ich mir nicht in die Schuhe schieben«, erklärte Winston.
    »Hört auf!« Davida sprang von ihrem Stuhl hoch. »Hört sofort auf!«
    King rappelte sich auf und stützte sich auf die Stuhllehne. Sein Haarschopf sah aus wie ein verlassenes Vogelnest. Mrs. Ellis fing leise an zu weinen. Emmanuel entließ sie in Davidas Arme.
    Der Name Saint Lucia kam ihm irgendwie bekannt vor. Als er in seiner Erinnerung grub, sah er plötzlich ein Bild vor sich: ein unauffälliges Schild am Anlegesteg von Lorenzo Marques und ein wunderschönes hölzernes Segelboot, das an dem dahinterliegenden Ankerplatz vertäut war.
    »Was ist Santa Lucia?«, fragte er.
    »Eine Insel.« King war heilfroh, dass er nicht mehr über den Landkauf sprechen musste. »Wir haben da Anfang des Jahres eine Ferienanlage aufgemacht.«
    »Ich leite die Anlage«, fügte Winston hinzu.
    Emmanuel nickte und dachte über diese neue Information nach. Der

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