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Ein schöner Ort zu sterben

Ein schöner Ort zu sterben

Titel: Ein schöner Ort zu sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malla Nunn
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Emmanuel. Es musste sich doch irgendetwas finden lassen. Keiner baute sich heimlich eine Hütte, wenn er sie nur dazu benutzen wollte, seine haushälterischen Fertigkeiten auf Vordermann zu bringen.
    Emmanuel kehrte zurück zur Tür und blickte sich von dort im Raum um. Nichts Unnormales oder Ungewöhnliches war zu entdecken, aber das war, wenn es um den Captain ging, ja immer so gewesen. Alles schien normal zu sein, bis man nahe genug herankam und seine Nase gegen das schmutzige Fenster drückte. Die brutalen Schläge, die er Donny im Schutz der Nacht verpasst hatte. Die eiserne Überwachung der Stadt, die als tägliches Fitnessprogramm getarnt war. Der Bau einer Hütte, von der keiner in der Familie etwas wusste. Es musste doch einen Grund geben, dass dieses unscheinbare steinerne Rondavel geheimgehalten wurde.
    Emmanuel zog das Bett ab und befühlte das Kissen, die Matratze und die Laken aus einem besonders weichen Baumwoll-Stoff. Angenehm. Etwa für eine Frau? Oder hatte der Captain empfindliche Haut gehabt? Als Nächstes nahm Emmanuel sich die Kommode vor, dann den kleinen Küchenschrank mit Besteck und Geschirr. Jedes Einrichtungsstück untersuchte er von oben bis unten, doch als er schließlich wieder an der Tür angelangt war, hatte er nichts gefunden. Im Türrahmen kauerte er sich möglichst tief hin. Der Raum zeigte ihm sein geschrubbtes, unschuldiges Gesicht. Irgendetwas hatte er übersehen. Aber was? Er hatte doch alles durchsucht, alles außer der Decke und dem Boden.
    Emmanuel griff nach dem Rand des Kuhfells und zog es zu sich heran. Was hatte seine Einheit bei der Durchsuchung französischer und deutscher Dörfer nicht alles für unglaubliche Verstecke gefunden. Küchenschränke mit doppelten Rückwänden. Falltüren in der Decke. In einem Hohlraum unter einer Treppe hatte gar eine ganze Familie Platz gefunden. Der Captain mit seiner Vorliebe für Fassaden hatte die interessantesten Sachen bestimmt versteckt.
    Das kleine, quadratische, mit einem Holzdeckel verschlossene Loch war gut getarnt. Nur eine fingerlange geflochtene Seilschlinge wies darauf hin, dass man den Boden aus gestampfter Erde hier aufgebrochen hatte. Auf Knien rutschte Emmanuel vorwärts und zupfte an dem Seil. Die Falltür ging leicht auf, die Scharniere waren in weiser Voraussicht auf einen regelmäßigen Gebrauch gut geölt. In der Erwartung, einen Stapel pornographischer Hefte zu finden, griff Emmanuel hinein. Die Razzien der National Party hatten den Handel mit unsittlichen Magazinen zwar eingedämmt, aber nicht vollkommen unterbunden. Seine Hand ertastete weiches Leder, eine Art Riemen. Er zog ihn hoch und spürte das Gewicht am anderen Ende.
    »Mein Gott!«
    Es war Donny Rookes Fotoapparat. In das feste Lederetui war mit goldenen Buchstaben sein Name eingestanzt, selbst die Initiale / seines zweiten Vornamens hatte man nicht vergessen. Emmanuel schnippte die Druckknöpfe auf und musterte das wunderschöne Gerät. Was hatte Donny noch gesagt? Der Fotoapparat war teuer gewesen, und der Captain hatte ihn gestohlen. Und die Bilder der du-Toit-Mädchen gleich mit.
    »Selbst eine kaputte Uhr geht zweimal am Tag richtig«, murmelte Emmanuel und drückte das Etui wieder zu. Dann griff er erneut in das Loch und angelte einen dicken braunen Papierumschlag heraus. Wenn Donnys Geschichte stimmte, mussten sich darin die »künstlerischen« Bilder seiner beiden Ehefrauen befinden. Hatte der Captain am Ende eine Vorliebe für Frischfleisch gehabt? Gerade drehte Emmanuel den Umschlag um, da näherte sich von der Tür her ein Schatten.
    Emmanuel wand gerade noch rechtzeitig den Kopf, um die scharfen Umrisse eines Knobkierie auf sich zukommen zu sehen. Mit einem Lufthauch sauste der Zulu-Knüppel nach unten und traf ihn seitlich am Kopf.
    Der Knall explodierte in seinem Trommelfell wie eine Mörsergranate. Emmanuel fiel nach vorn, im Mund schmeckte er Blut und Erde. Wie ein Blitz schlug der grelle Schmerz hinter seinen Augen ein, als der Knüppel ein zweites Mal traf.
    Emmanuel hörte sein eigenes Röcheln und roch Ammoniak. Ein blauer Schatten flackerte auf, und dann hörte er nur noch ein mechanisches Rattern.

7
    »Du fauler Mistkerl! Wie lange willst du noch da herumliegen und die Erde rammeln?« Es war der Sergeant Major aus seiner Grundausbildung, die Stimme derb von der Kohle und dem Dreck des Edinburgher Elendsviertels, aus dem er hervorgekrochen war. Emmanuel spürte den Atem des Mannes in seinem Nacken.
    »Du willst ein Soldat sein?

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