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Ein schöner Ort zu sterben

Ein schöner Ort zu sterben

Titel: Ein schöner Ort zu sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malla Nunn
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lassen.«
    Vom Adrenalin wurden ihm die Halsmuskeln steif, und sein Herz hämmerte wie ein Maschinengewehr. Wer außer King hatte noch gewusst, dass er hier war? Einer von diesen scheinheiligen Farmern mit der Bibel unter dem Arm? Oder am Ende die Wachhunde von der Security Branch?
    Emmanuel schlug mit der Faust auf den Holzdeckel. Nie mit dem Rücken zur Tür! Die Grundregel aller Selbstverteidigung. Sogar Hansie hätte das gewusst. Aus einem Riss auf seinen Fingerknöcheln quoll Blut. Das Bumm, Bumm, Bumm hämmerte in seinem Kopf wie Artilleriefeuer. Dann kippte die Welt zur Seite.
    »Setzen Sie sich hin!« Zwei Hände zogen ihn hoch und lehnten ihn an einen Stuhl. »Ich besorge Ihnen etwas. Bleiben Sie sitzen! Nicht bewegen!«
    Er hörte, wie geräuschvoll Schubladen aufgezogen und Schränke durchwühlt wurden, dann war Davida wieder an seinem Stuhl.
    »Machen Sie den Mund auf!«
    Er gehorchte und spürte, wie ein feines, nach Bitter Lemon undSalz schmeckendes Pulver sich auf seine Zunge legte.
    »Und jetzt runterschlucken!« Er roch den Whisky, dann füllte auch schon der brennende Geschmack seine Kehle, und das Pulver wurde in seinen Magen gespült.
    »Bleiben Sie hier, Detective! Ich bin gleich wieder da.«
    »Warten Sie!« Fester als beabsichtigt packte er die junge Frau am Handgelenk und fühlte unter seinen Fingern ihre zerbrechlichen Knochen.
    »Sie zittern ja«, sagte er.
    »Ich … ich …«
    »Was?«
    »Ich bin es nicht gewohnt, von jemandem …«, sie spähte zur offenen Tür hin, »von jemandem Ihrer Art angefasst zu werden.«
    »Meiner Art?« Er wiederholte die Worte mit leicht süffisantem Unterton. Was sollte das heißen?
    Sie hob ihre Hand hoch und hielt sie ihm vor die Augen. Über der braunen Haut ihres Handgelenks sahen seine Finger so weiß aus wie Pfirsichfleisch. Er ließ los. Offenbar waren die National Party und ihre Burenanhänger nicht die einzigen, die fanden, dass Südafrika aus verschiedenen »Arten« bestand, jede für sich und jede unveränderlich.
    »Wo wollen Sie hin?« Emmanuel knetete seine Hand. Es war ein Fehler gewesen, die Frau anzufassen. Alles, was er von jetzt an tat, lieferte der Geheimpolizei möglicherweise Munition. Körperkontakt über die Hautfarben hinweg war tabu.
    »Ich hole nur ein bisschen Wasser vom Fluss.«
    Emmanuel sah ihr nach, wie sie am Eingang noch einmal stehenblieb und sich einen Eimer nahm. Sie zitterte immer noch. Als sie rasch zu dem Loch in der Umzäunung lief, tanzte der Eimer an ihrem Bein hin und her.
    Sie hat Angst vor mir, dachte er. Angst vor dem verrückten Weißen, der sie zu Boden gerissen und ihr dann beinahe den Arm gebrochen hat, ohne ein Wort der Entschuldigung. Emmanuel schloss die Augen und ignorierte das Ziehen in seiner Brust. Man hatte ihn bewusstlos geschlagen. Und was hatte er vorzuweisen? Weder einen Verdächtigen, noch eine heiße Spur, und die Beweise waren ihm abhanden gekommen, bevor er sie hatte überprüfen können. Die Jungs von der Geheimpolizei würden sich die Hände reiben, wenn sie von dem gestohlenen Beweismaterial erfuhren. Das war genau der Vorwand, den sie brauchten, um ihn von den Ermittlungen auszuschließen.
    Das über den Eimerrand schwappende Wasser verriet ihm, dass sie wieder da war. Er machte die Augen auf und musterte sie.
    »Kein Wunder, dass ich Sie für einen Jungen gehalten habe«, sagte er, als sie den Eimer vor ihm abstellte. Sie hatte weit geschnittene Männersachen an, ein verschossenes blaues Hemd und eine lange Hose, die ihre weiblichen Rundungen verbargen. Ihr rotbraunes Haar war ganz kurz geschoren und glitzerte feucht, offenbar hatte sie sich im Fluss kurz abgewaschen.
    Sie griff in ihre nassen Löckchen. »Mir gefallen sie besser so.«
    »Warum verstecken Sie sie dann?« Der einfache Baumwollschal, den sie normalerweise als Kopfbedeckung trug, lag auf dem Erdboden, wohin er bei der Rangelei gefallen war.
    »Weil die Leute mich sonst anstarren.«
    »So wie ich?«, fragte Emmanuel. Ihre Augen besaßen einen höchst ungewöhnlichen Grauton. Sie hatte den Mund ihrer Mutter, voll und weich.
    »Sie sollten sich das Gesicht waschen, Detective«, erwiderte Davida und stellte sich hinter den Stuhl, wo er sie nicht mehr sehen konnte. Auf manche Fragen gab es einfach keine richtige Antwort, besonders, wenn Weiße sie stellten.
    Emmanuel wusch sich den Schmutz und das Blut aus dem Gesicht und hörte hinter sich ihren flachen Atem, der in der Stille des Raumes umso deutlicher zu hören war. Er warf

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