Ein Schöner Ort Zum Sterben
haben! Sie kann nicht tot sein! Das macht doch überhaupt keinen Sinn! Warum sollte sie denn tot sein?« Mit diesen Worten machte er kehrt und stapfte in die Dämmerung davon. Markby blieb allein zurück und überlegte, ob die letzten Worte des Schweinehirten die dümmliche Bemerkung eines Schwachsinnigen waren oder das genaue Gegenteil: eine verschlagene, direkte Frage. Es war möglich, ein Motiv für die Ermordung der junge Lynne Wills zu sehen. Aber Katie Conway? Hinter ihm wurde die Haustür geöffnet, und Matthew Conway kam in seinem Wintermantel die Treppe herab.
»Ich bin bereit. Gehen wir. Ich möchte die Sache schnell hinter mich bringen.« Während sie über den Kiesweg in Richtung Tor fuhren, spürte Markby deutlich, wie aufgewühlt der Mann neben ihm auf dem Beifahrersitz war. Er wusste nicht, wie Conway reagieren würde, wenn er Katie sah. Er wusste nur, dass in ihm selbst, der außerdem bereits Lynne Wills’ Leichnam gesehen hatte, nichts als Wut aufsteigen würde. Ein Vater oder eine Mutter mögen sich in Tränen auflösen, doch in einem Polizisten regt sich dumpfe Wut, der er keinen freien Lauf lassen darf. Unvermittelt ergriff Conway das Wort und gab das wieder, was Markby dachte:
»Wer hat das getan? Zwei junge Mädchen! Was für ein Monster ist das?«
»Wer ist dieser Kerl?«, wollte Superintendent Norris wissen.
»Und wieso haben wir noch nicht die geringste Spur von ihm?«
»Wir haben eine Spur, wenn auch nur eine vage. Lynne Wills wurde gesehen, wie sie das Silver Bells in Begleitung eines Mannes verlassen hat. Wir suchen selbstverständlich nach diesem Mann, doch die Beschreibungen der Zeugen sind so ungenau, dass wir fast nichts damit anfangen können. Es könnte so gut wie jeder sein, insbesondere, wenn er inzwischen seinen Schnurrbart abrasiert hat. Ich habe die wenigen Details, die wir besitzen, an die Presse gegeben. Selbstverständlich hoffe ich, dass wir ihn irgendwann finden und dann eine DNS-Probe nehmen können, wodurch wir eine Verbindung zu der toten Lynne erhalten. Doch sie wird, falls sie positiv ausfällt, lediglich beweisen, dass er Geschlechtsverkehr mit ihr hatte. Wir brauchen mehr, wenn wir eine hieb- und stichfeste Mordanklage erwirken wollen. Beweise, dass er den Leichnam durch die Gegend gefahren hat, beispielsweise.
Was Katie Conway angeht, so tappen wir bisher im Dunkeln, wie ich gestehen muss, und wir wissen nicht einmal …«, Markbys Stimme wurde lauter, und er hielt Norris’ hartem Blick stand,
»… wir wissen nicht einmal, ob wir nach dem gleichen Mann Ausschau halten. Die beiden Todesfälle stehen möglicherweise nicht miteinander in Verbindung.«
»Hören Sie auf!«, fauchte Norris.
»Es ist doch wohl höchst unwahrscheinlich, dass wir es hier mit mehr als einem Mörder zu tun haben? In einer ländlichen Gegend wie dieser hier? Wie viel mörderische Irre sollen sich denn in den Büschen rings um Bamford herumtreiben?«
»Wir wissen auch nicht, ob es ein Psychopath ist«, verbesserte Markby seinen Vorgesetzten.
»Je länger ich darüber nachdenke, desto überzeugter bin ich, dass es tatsächlich zwei verschiedene Mörder gibt. Lynne Wills’ Tod war, wie es aussieht, Folge einer … geschäftlichen Auseinandersetzung, wenn man es so nennen will. Das kann man von Katie Conway nicht sagen. Sie ging auf eine andere Schule als Lynne und hatte andere Freundinnen. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass Katie Conway sich in Pubs herumgetrieben hat.«
»Der Autopsiebericht!«, sagte Norris mit boshaftem Glitzern in den Augen.
»Ja, ich weiß. Aber es war nicht unmittelbar vor ihrem Tod. Es gibt keinerlei Hinweise auf sexuelle Aktivitäten vor dem tödlichen Angriff.« Nichtsdestotrotz hatte Fullers Untersuchung von Katie Conways Leichnam eine Überraschung zutage gefördert:
»Sie war übrigens keine Jungfrau mehr«, hatte Fuller beiläufig erwähnt.
»Ich konnte keine Hinweise auf kürzliche sexuelle Aktivitäten finden. Ganz sicher nichts, das mit dem tödlichen Angriff in Verbindung steht. Vermutlich ist es heutzutage nichts Besonderes mehr, wenn sie schon in jungem Alter anfangen, mit Sex zu experimentieren. Ich bin selbst Vater, und es bereitet mir Sorgen. Unsere Kinder unterliegen so starkem Gruppenzwang und so vielen schädlichen Einflüssen. Aber dieses Mädchen, haben Sie gesagt, ging auf eine Privatschule und stammt aus einer sehr guten Familie. Ich muss sagen, ich bin überrascht.« Auch Markby war überrascht gewesen. Doch
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