Ein Schöner Ort Zum Sterben
nur der walisische Schrank fehlte noch. Damit war ihre Renovierungsarbeit aber noch nicht erledigt. Am Samstagmorgen, nach dem Frühstück, schob sie Leiter, Eimer und Pinsel in den kleinen Flur und musterte die Wände düster, während sie sich wünschte, irgendetwas würde geschehen und verhindern, dass sie mit der neuen Arbeit anfing.
Ihre Apathie rührte aus der Tatsache, dass noch am vorangegangenen Wochenende Katie Conway da gewesen war und begeistert mitgeholfen hatte, die Küche zu streichen. Jetzt brachten ihr der Geruch der frischen Farbe und der Anblick der Leiter, Lappen, Eimer und Pinsel Katie so lebendig in Erinnerung, dass Meredith fast meinte, die kleine tapfere Gestalt in dem zu weiten Pullover vor sich zu sehen, mit der gelben Farbe auf der Nase und der Stirn.
Die Klingel ging. Meredith wandte den Kopf und sah durch das Milchglas hindurch eine große dunkle Gestalt.
»Hallo, Meredith«, sagte Vater Holland, als sie geöffnet hatte.
»Komme ich ungelegen?«
»Nein, nur herein mit Ihnen!« Sie bemerkte die Erleichterung in ihrer eigenen Stimme und spürte das Bedürfnis, sich Holland zu erklären.
»Ja, Katie …« Holland seufzte.
»Ehrlich gesagt, ich bin nicht gekommen, um Sie von Katie abzulenken, Meredith. Im Gegenteil, ich wollte mit Ihnen über sie reden. Ich wollte Sie um Hilfe bitten.« Sie gingen in Merediths winziges Wohnzimmer, wo Vater Holland auf das Sofa sank und es dabei mehr oder weniger ausfüllte. Er schlug die Hände auf die Knie und sagte:
»Diese Geschichte war ein schrecklicher Schock. Der Jugendclub leidet sehr darunter. Alle Eltern sind verängstigt und lassen ihre Kinder abends nicht mehr auf die Straße. Es sieht ganz danach aus, als würde ein Psychopath Bamford unsicher machen! Das heißt natürlich, falls es nur ein Mann ist …«
»Ich schätze, dem jungen Josh geht es überhaupt nicht gut.« Meredith erinnerte sich an Katies ernsten Freund.
»Überhaupt nicht, ja. Was die Sache noch schlimmer macht, ist die Tatsache, dass die Obduktion eine sehr unangenehme Erkenntnis zutage gefördert hat, wie mir zu Ohren gekommen ist. Eine Erkenntnis, die für die Familie schwer zu verdauen ist und mich doch sehr überrascht hat, wie ich gestehe. Es scheint, dass sie, äh … keine virgo intacta mehr war. Natürlich möchte die Familie nun wissen, wer …«
»Und sie glauben, Josh sei Katies Liebhaber gewesen? Nun, beide waren sehr jung. Sie mögen vielleicht etwas Dummes angestellt haben, aber das ist doch nicht das Ende der Welt!«, sagte Meredith entrüstet.
»Matthew Conway«, sagte Vater Holland,
»sieht das ein wenig anders! Aber ich bin eigentlich wegen Mrs. Conway gekommen. Verstehen Sie, die Kirche hat eine Selbsthilfegruppe, um Trauernden beizustehen. Wir haben eine kleine Zahl von Laien-Seelsorgern, die die Hinterbliebenen zu Hause besuchen. Es hilft den Menschen, haben wir festgestellt, wenn sie wissen, dass jemand da ist und sich um sie sorgt. Ein Trauerfall führt sehr häufig dazu, dass man sich sehr einsam fühlt, selbst inmitten der Freunde und Familie. Unser Problem ist, dass zwei Mitglieder der Gruppe mit Grippe im Bett liegen, zwei weitere in Urlaub sind und nur eine ältere Dame übrig ist …« Vater Holland blickte Meredith flehentlich an und sagte – vielleicht ein wenig missverständlich:
»Sehen Sie, ich brauche eine Frau.«
»Und Sie fragen mich?«, ächzte Meredith.
»Ich soll die Conways besuchen?«
»Besonders Mrs. Conway. Ich weiß selbst, dass Sie keine Laien-Seelsorgerin sind! Aber Sie waren doch früher mal Konsulin, im Ausland? Sie müssen sich doch auskennen mit Menschen in Not, Unfallopfern und dergleichen?«
»Ja«, stimmte sie widerwillig zu.
»Auch mit den Verwandten von Menschen, die während der Ferien gestorben sind. Aber ich denke nicht, dass mich das zur geeigneten Person macht, um Park House zu besuchen.«
»Ich denke, es macht Sie zu einer sehr geeigneten Person, Meredith. Sie besitzen berufliche Erfahrung, sie kannten Katie, und ich weiß, dass Sie ein mitfühlender Mensch sind.«
»Die meisten Leute halten mich für zu offenherzig. Ich kann manchmal ziemlich hart sein.«
»Das sind empfindsame Menschen häufig. Es ist ein Verteidigungsmechanismus«, entgegnete er glatt.
»Hören Sie, ich weiß ja selbst, dass es anmaßend von mir ist, Sie darum zu bitten. Es ist eine schwierige Aufgabe, und der mentale Zustand von Mrs. Conway macht die Sache nicht gerade einfacher.« Er öffnete die gefalteten Hände, als würde
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