Ein Schöner Ort Zum Sterben
dagegen. Ein anderes Gesicht starrte von drinnen zurück. Meredith stieß einen erschrockenen Schrei aus und wäre fast von ihrem unsicheren Aussichtspunkt gefallen. Dann begriff sie, dass es die Steinbüste eines lang verstorbenen Familienmitglieds sein musste, das sie mit blicklosen Augen in einem strengen Gesicht anstarrte, gerahmt von einem breiten Backenbart. Sie sah eine ganze Anzahl von Büsten, aufgereiht in Nischen entlang der gegenüberliegenden Wand. Meredith kletterte wieder nach unten, klopfte ihre Kleidung ab und kehrte zum Wagen zurück. Das war kein Ort, an dem man länger als nötig blieb. Alles in allem hatte sie einen beunruhigenden Nachmittag hinter sich, und am beunruhigendsten von allem war das unangenehme Gefühl, dass Adeline Conway irgendwie in Gefahr schwebte. KAPITEL 15 Es war eigentlich wenig überraschend, dass der Besuch in Park House dazu führte, dass Meredith die Verabredung mit Barney Crouch völlig vergaß. Als es am Samstagabend an ihrer Haustür klingelte und Barney auf der Treppe stand, war sie im ersten Augenblick völlig verblüfft.
»Fertig zum Detektiv spielen?« Barney rieb sich aufgeregt die Hände.
»Ich habe eine Liste aller Pubs in der Umgebung angefertigt, und wenn wir damit durch sind, können wir unser Netz weiter auswerfen. Er hat wahrscheinlich einen Wagen. Ich hab keinen, aber Sie, oder? Als Nächstes könnten wir die umliegenden Dorfkneipen versuchen.«
»Barney …«, sagte Meredith, doch dann brach sie ab und sah ihn hilflos an. Ihr war überhaupt nicht danach zumute, in fremden Kneipen herumzusitzen und auf die entfernte Chance zu hoffen, dass sich Lynnes Männerbekanntschaft dort zeigte. Doch Barney wirkte begeistert und hatte sich offensichtlich große Mühe gegeben, um ein passendes Erscheinungsbild als Begleiter einer Lady abzugeben. Er hatte sich das Haar ordentlich gekämmt und den Bart gestutzt und sogar eine – wahrscheinlich antike – Krawatte umgebunden. Es war ganz unmöglich, ihn zu enttäuschen.
»Geben Sie mir zehn Minuten, um mich fertig zu machen«, sagte sie also.
»Ich war heute Nachmittag in Park House und bin ein wenig spät dran. Ich bin ziemlich müde und kann Ihnen heute Abend nicht mehr als vielleicht eine Stunde versprechen. Außerdem sollten Sie vielleicht lieber Sergeant Turner mitnehmen, nicht mich.« Barney legte einen knorrigen Finger an die Nase.
»Wir sollten es erst mal in der Familie lassen«, sagte er geheimnisvoll.
»Für den Fall, dass es nicht funktioniert.« Aus einer Stunde wurden fast drei. Barney war ein fröhlicher, unterhaltsamer Begleiter, und die Zeit verging wie im Flug. Doch der Gedanke daran, eine ganze Reihe von Abenden wie diesen zu verbringen, führte Meredith zu der Erkenntnis, dass ihr Angebot vielleicht ein wenig voreilig gewesen war. Barney war ohne Zweifel leidenschaftlich entschlossen, diesen Mann zu finden. Falls Mrs. Pride glaubte, es wäre nur eine Ausrede für eine ausgedehnte Zechtour, dann irrte sie sich. Nun ja, vielleicht nicht ganz. Sie begannen im Bunch of Grapes und gingen von dort ins White Heart und weiter ins Lord Nelson. Erst als dort die letzte Runde ausgerufen wurde, blickte Meredith auf ihre Uhr und stellte entsetzt fest, wie spät es geworden war. Sie hatte sich den ganzen Abend lang entschlossen an Tomatensaft gehalten, und nun war ihr ein wenig unwohl. Was die Dinge noch schlimmer machte: Sie hatten niemanden gesehen, der Barney auch nur entfernt an den Mann erinnerte, den sie suchten. Barney leerte sein Glas.
»Ein fruchtloser Abend, aber wir werden nicht aufgeben, meine Liebe! Morgen versuchen wir’s im Royal George und im Fisherman’s Arms.« Der Abend mochte fruchtlos im Hinblick auf den gesuchten Mann gewesen sein, doch da Meredith den größten Teil der Drinks bezahlt hatte, war er für Mr. Barney Crouch nicht ganz unprofitabel geblieben.
»Nein, Barney, ohne mich. Nicht morgen. Ich muss am Montag sehr früh am Bahnhof sein. Rufen Sie mich im Verlauf der Woche an.«
»Meinetwegen«, sagte Barney ein wenig enttäuscht.
»Dann mache ich eben solange alleine weiter. Ich hab nämlich so ein Gefühl, wissen Sie?«
»Ich auch«, murmelte Meredith und wünschte inständig, sie hätte die letzte Portion Nachos mit Peperoni ausgelassen.
Meredith kam nach Hause, ging zu Bett und schlief auf der Stelle ein. Am Sonntagmorgen wurde sie von der Türglocke geweckt. Sie drehte sich um, griff nach dem Wecker und stöhnte. Es war nach elf. Sie hoffte, dass es nicht schon wieder
Weitere Kostenlose Bücher